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Ace

Ich reiße entsetzt die Augen auf. Paige kippt nach vorne und ich stürze auf sie zu, um ihren Sturz abzufangen. Dabei schiebe ich sogar die Wut und die Enttäuschung für einen Moment beiseite, die noch immer in mir tobt. Sie knallt auf mich rauf und ich falle ebenfalls auf den Boden, unter sie. Ihr spitzer Ellenbogen drückt sich in meinen Rücken und ich stöhne schmerzerfüllt auf. Sie rappelt sich hoch und versucht aufzustehen, ihre Hände umklammern das Treppengeländer ganz fest, sodass ihre Knöchel weiß hervortreten.

»Alles gut?«, frage ich. Sie hustet und keucht ihre nächsten Worte nahezu: »Wir müssen hier raus«, dabei scheitert sie im Versuch, sich hochzuziehen. Ich huste ebenfalls. Das Feuer ist zwar noch nicht bei uns, dafür qualmt es aber schon ordentlich.

»Bist du eigentlich total bescheuert?! Was zum Teufel tust du hier?! Willst du hier ersticken, oder was?!« Wütend schaue ich zu ihr, sie zuckt bei der Heftigkeit meiner Worte zusammen.

Allein schon der Gedanke daran, dass hier sonst was mit ihr hätte passieren können, jagt mir eine Heidenangst ein.

»Ich habe mich versteckt« Wieder versucht sie, sich hochzuziehen. Ich koche förmlich. »Und deswegen rennst du nach oben?! Du kannst doch nicht mehr bei allen Sinnen sein, du hättest da oben alles andere als Schutz bekommen! Du wärst da oben gestorben!«

Sie wirft mir einen Blick zu, eine Mischung aus Wut und Überraschung.

»Was interessiert es dich überhaupt noch?«

»Was es mich interessiert?! Glaubst du allen Ernstes, ich würde es gut finden, wenn du hier drauf gehst?!«

Ich atme tief ein und stoße die Luft geräuschvoll aus. »Dein toller Professor ist ja zu beschäftigt um dir zu helfen.«

Entsetzt schnappt sie nach Luft. Wieder versucht sie sich aufzurappeln, wieder scheitert sie. Sie zittert wie Espenlaub.

»Es kann dir trotzdem egal sein.« Ihre Stimme klingt leise und kraftlos. Und sie hat verdammt nochmal Recht. Es kann mir egal sein, was mit mir ist, ob sie draufgeht oder nicht. Ich wünsche, ich kann sie wirklich so hassen, wie ich es tun wollen würde. So einfach funktioniert's nur dummerweise nicht.

»Ist es aber nicht! Weil du mir nicht egal bist. Und deswegen müssen wir jetzt hier raus.«

Paige macht keinerlei Anstalten, sich zu bewegen. Also versuche ich, sie hochzuheben. Sie schüttelt meine Hände ab. »Ich kann alleine aufstehen.«

»Kannst du nicht.« Wieder versuche ich, die hochzuheben. Dieses Mal unternimmt sie nichts dagegen.

»Du musst mich nicht ständig durch die Gegend tragen.«

Ich nicke nur und verdränge die aufkeimenden Erinnerungen. »Stimmt, ich könnte dich auch hier verbrennen lassen, aber eventuell reißt mir dein toller Liebhaber, auch bekannt als Professor an einer öffentlichen Universität in New York, noch den Kopf aus. Und ob du es mir glaubst oder nicht, meinen Kopf möchte ich noch ein Weilchen behalten.«

»Er ist nicht mein Liebhaber«, keift Paige eingeschnappt. Ich werfe ihr einen finsteren Blick zu. So gerne möchte ich ihr glauben. »Wie auch immer.«

Ich gehe zügig in Richtung Ausgang, das Öffnen der Tür gestaltet sich allerdings ein wenig schwierig.

»Du kannst mich runterlassen.«

»Bestimmt nicht. Hast du dir vielleicht den Knöchel gestaucht oder so? Wenn ja, müssen wir Bescheid geben.«

Sie zuckt nur mit den Achseln. Ich öffne die Tür, nach ungefähr zehn Anläufen, und keiner der Feiglinge kommt uns zur Hilfe, obwohl uns die Hälfte aus einer sicheren Entfernung neugierig beobachtet. Meine Hände sind gerade nicht frei, aber wenn sie es wären, hätte ich ihnen meinen schönsten Finger gezeigt. Vom Weiten höre ich Sirenen, vermutlich die Feuerwehr und ein Krankenwagen. Eine ältere Frau, dem Alter zu Folge eine Professorin, kommt auf uns zugestürmt.

I LIE TO YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt