04

4.7K 268 298
                                    

vor dir war ich
zum Tode verurteilt
und für eine Auferstehung
viel zu müde

Paige

Nervös wippe ich mit meinem Fuß auf und ab. Ich warte darauf, dass der Fahrstuhl oben ankommt und ich endlich in mein heißersehntes Bett komme. Ich will schlafen und nie wieder aufwachen.

New York zerrt an meinen Knochen. Das Leben zerrt an meiner Kraft. Die Universität zerrt an meinen Nerven.

Leise Musik trudelt aus dem Lautsprecher und ich wippe meinen Fuß rhythmisch im Takt. Der Boden ist mit dunklen Marmorsteinen gefliest und die Knöpfe, die in die verschiedenen Etagen führen, sind vergoldet.

Kurz schaue ich auf mein Handy. 11:52 PM.

Braxton wird mich umbringen. Aber dann komme ich in die Hölle, durchaus verlockend. Ist ja quasi eine sehr heiße Sauna. Wenige Sekunden später öffnet sich der Fahrstuhl mit einem leisen Pling. Ich trete hinaus und sehe mich suchend im Appartement um.

Die Wohnung liegt im Dunkeln, deswegen erkenne ich nicht viel, aber ich schalte kein Licht an, um bloß keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Hoffentlich stolpere ich jetzt nicht.

Schemenhaft kann ich die zwei hochherrschaftlichen Treppen ausmachen, die sich in der Mitte des Raumes treffen und zu einer Art Galerie im Oberen, offen gestalteten Geschoss werden. In diesem oberen Teil hat Braxton seinen eigenen Bereich, während mein Zimmer im unteren Teil des Appartements unten liegt.

Vielleicht ist er ja in seinem Arbeitszimmer und erledigt noch einige Sachen für die Uni? Oder macht irgendwas anderes, was Leibwächter so zu erledigen haben.

Vielleicht schläft er auch schon Vermutlich nicht, er wird warten, bis ich wieder da bin. Ist schließlich sein Job. Ach verdammt!

Ich betrachte das Gold schimmernde Geländer der Galerie, aber nein, auch die zweite Etage ist leer. Ich betrete die Mitte des Zimmers und versuche, meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen.

Plötzlich geht das Licht an und ich fahre erschrocken herum. Mein Herz setzt für einen kurzen Zeitraum aus. Braxton steht vor dem Lichtschalter, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrt ich mit zusammengekniffenen Augen an.

Seine Augen schicken Blitze auf meinem Körper, die sich vibrierend durch mich arbeiten und erzittern lassen. »Wo. Zum. Teufel. Warst. Du?!« Seine Stimme bebt vor Wut.

»Spaß haben. Geht mit dir nicht so gut.« Mein bemüht lässiger Tonfall scheint ihn nur noch mehr aufzuregen. Ist wohl doch nicht die beste Idee gewesen, möglichst entspannt zu wirken. Aber das ist mir gleichgültig. Dann lässt er vielleicht früher von mir ab, weil er keinen Sinn in einem Gespräch sieht.

»Auf einer verdammten Party, auf der du niemanden kennst? Hast du mal auf die Uhr geschaut?!«

»Das ist ja das Lustige daran.«

»Mit wildfremden Leuten auf einer Party feiern? Das nennst du Spaß?! Du kennst weder die Gegend, noch irgendwelche Leute und bist dir keiner Gefahr bewusst! Muss es etwa wieder so enden, wie beim letzten Mal?! Oder soll dieses Mal noch jemand sterben?!«, schreit er völlig außer sich. Seine Wut ist ein Feuer. Stets glimmt es ruhig vor sich hin. Aber ich bin der Zündstoff, der das Inferno entfacht.

Wortwörtlich.

»Ich war auf einer verdammten Party, was zum Teufel soll da passieren? Außerdem weiß niemand, dass ich hier bin.«

»Es ist aber nur eine Frage der Zeit, wenn du weiter so unvorsichtig bist! Gestern habe ich ja noch Verständnis gezeigt, aber heute? Werde verdammt nochmal erwachsen.«

I LIE TO YOUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt