»Was wäre so schlimm an der Antwort?«, fragt er prompt. Ich sage nichts, sondern sehe ihn nur an. Er seufzt ergeben. »Ich will es trotzdem wissen. Also, kennst du sie von irgendwoher?«

»Ja, wir haben gestern im Club Zeit miteinander verbracht. Zufrieden?«, antworte ich und räume meine Unterlagen seufzend in meinen Rucksack. Josh hätte sowieso keine Ruhe gegeben.

»Und da bleibst du so teilnahmslos?«

»Ja? Ist mir doch schnuppe, ob sie jetzt hier an die NYU geht oder nicht.«

»Ja, aber hast du sie dir mal angesehen?«

Ich stöhne genervt auf. »Nein, Josh. Ich saß ja nur mit ihr in der gleichen Vorlesung, natürlich habe ich sie nicht gesehen, wo denkst du hin?«

Eine Weile schweigen wir uns an und ich sehe Josh beim Essen zu. Er kaut nachdenklich auf seinen Chips herum. »Willst du sie knallen?«, fragt er dann wie aus dem nichts. Kurz bin ich perplex. »Was?«

»Du hast mich schon verstanden. Knallen, nageln, vögeln, rammeln, koitieren, Liebe machen ... Such dir etwas aus.«

Ich hebe abwehrend die Hände. »Reicht auch wieder mit deinen Synonymen.«

Er grinst nur schalkhaft. »Besteigen, poppen ...«

»Mein Gott, Josh!«, rufe ich und verziehe wehleidig das Gesicht.

»Sag es noch ein bisschen erregter und ich bekomme Flashbacks von gestern Nacht.«

Ich vergrabe das Gesicht in den Händen. Josh sieht wohl schon ganz gut aus. Braunes, gelocktes Haar und schokoladenfarbene Augen. Er ist groß und trainiert, hat immer ein freches Grinsen auf den Lippen und auch eigentlich immer gut gelaunt. Tja, und das gute Aussehen nutzt er aus, um es sich gutgehen zu lassen.

»So, Meister des Ausweichens. Du hast mir aber immer noch nicht beantwortet, ob du die knallen möchtest.«

Meine Antwort kommt sofort: »Nein.«

»Ich kenne nicht einmal ihren Namen«, setze ich hinterher.

Leider die Wahrheit. Dabei habe ich während der Vorlesung selber oft festgestellt, wie sie wohl heißen mag. Sie sieht aus wie eine Emelia. Irgendwie.

»Und warum nicht?«

»Muss ich dafür einen Grund haben?«

Er zuckt mit den Schultern. »Weiß nicht, schadet doch eigentlich nie.«

»Und dich soll mal jemand verstehen. Ich habe mich noch nicht einmal richtig mit ihr unterhalten, Kumpel.«

»Wozu auch? Braucht man für Sex eh nicht, es sei denn, sie steht auf Dirty Talk.« Ich rolle wieder mit den Augen. Irgendwas hatte Josh an sich, dass ich ständig mit den Augen rollte.

»Du hast einen an der Klatsche, das weißt du, oder?«

Stolz zeichnet sich auf seinem Mundwinkel ab, genauso wie im diabolischen Blinzeln seiner Augen. »Ich finde es wirklich gut, dass du das nach mehreren Jahren Freundschaft auch endlich bemerkst. Ich bin stolz auf dich«, er tätschelt mir den Arm. Ich wende den Blick ab und hefte ihn an den Eingang der Mensa. Im selben Moment sehe ich die Fremde von gestern eintreten.

»Guck mal, sie ist auch hier«, stellt Josh unnötigerweise fest und starrt sie unbeirrt an.

»Wie so ziemlich jeder andere Student an dieser Uni das macht. Es ist Mittagszeit.«

»Aber sie ist alleine.«

»Dann geh doch zu ihr und frag sie, ob sie bei uns sitzen möchte«, sage ich möglichst gelassen. Dabei lasse ich ihn nicht aus den Augen.

I LIE TO YOUWhere stories live. Discover now