~ Dιҽ GαႦҽ ԃҽʂ VҽɾɠҽႦҽɳʂ ~

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Wie schnell konnte man vom Stimmungshoch ins Stimmungstief kommen?
Wenn es darum ging, dann kann man wohl menschliche Emotionen mit einer physikalischen Formel berechnen. v=g×t. Die Fallgeschwindigkeit im freien Fall. Wie ich Physik doch hasste.
Ich stand im Badezimmer und betrachtete mich im Spiegel. Ein zu großes, einfaches weißes T-Shirt hing schlapp meinen Körper hinunter.
Im Hintergrund sah ich die Badewanne. Es war schön mit einem Lächeln einzuschlafen. Frey schaffte es, die Stimme meines Vater, welche immer wieder durch meine Gedanken schrie, auf ein Minimum an Lautstärke zu reduzieren.
Doch jetzt, ich tastete nach meiner verschwitzten Stirn, jetzt schrie er wieder.
Er konnte es nicht direkt aussprechen, oder nein, er konnte es nicht ertragen, seine einzige Tochter, wie eine Schlampe im Fernsehen zu sehen. Mon pere, lass das 'wie' weg, dann kommen wir der Sache auch schon näher.
Ich sah im Spiegel ein Mädchen, welches ich durch und durch hasste.
Ich hasste jede Stelle, die sie berührt haben. Meine Nägel krallten sich in das Fleisch meiner Arme und Schmerz war des öfteren das schönste Empfinden.
Was hatte ich diesem einst so jungen Mädchen nur angetan?
Aus Mitleid mir selbst gegenüber ließ ich los.
Rote Streifen zierten meine Oberarme.
Das Mädchen im Spiegel weinte und ich erhob meine Hand sachte.
Ich versuchte ihr eine Träne von der Wange zu wischen, doch mein Finger tastete nur die Oberfläche des kalten Spiegels.

***
Mehr als beim letzten Date, war ich abwesend. Milo unterhielt sich abwechselnd mit meinen Eltern, Agon und Jeanne. Bei mir setzte vermutlich der Selbstschutz ein. Das Essen rührte ich ebenfalls nicht an. Seit meine Eltern da waren bekam ich nicht wirklich was rein. Ich sah einfach meine Hände an, welche zusammengelegt auf meinem Schoß lagen. In der kleinen schwarzen Tasche, welche ich mitnahm, vibrierte es.
Ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden, nahm ich es hinaus und sah unter dem Tisch auf den immer wieder aufleuchtenden Bildschirm.

Unbekannt: Gleiches gesinnt sich immer zu gleichem.

Ich: Klär mich auf?

Unbekannt: Blondi und du.

Sancho. Sancho. Sancho.
Wie verzweifelt musste ich gewesen sein, dass ich mir jedes einzelne seiner vergangenen Worte gemerkt habe. Aus den kaum vorhandenen Atemzügen, wurden plötzlich sehr viele.

Ich: Keine intensiven Gespräche mehr mit Blondi.

Unbekannt: Klär mich auf?

Vielleicht war es nur ein Zufall. Wieso musste ich immer gleich an ihn denken? Wie viele Menschen würden 'Blondi' zu einer Blonden Person sagen? Bestimmt nicht nur Sancho.
Am Ende war es doch die ganze Zeit Jaro, welcher sich über meine Verwirrung lustig machte.

Ich: Wer auch immer du bist, wieso lässt du mich nicht einfach in Ruhe?

Unbekannt: Gleiches gesinnt sich zu gleichem. 🌹

Wie aus dem Nichts wurde ich von meinem Stuhl gerissen und sah an meinem Arm entlang, rüber zu Milos Hand, welche mich festhielt.

"Meine Damen, meine Herren, es tut mir wirklich Leid, aber ein Engelchen hat mir zugeflüstert, ich müsse das Lächeln dieser Frau wieder finden."

Ich verstand irgendwie gerade die Welt nicht mehr und ein Blick in alle Gesichter, welche am gedeckten Tisch noch übrig waren, verriet mir, dass auch sie überfordert waren.
Milo ließ uns, oder besser gesagt mir keine Zeit und zog mich weiter.
Er verließ die Villa, während ich ihn einfach hilflos anstarrte.
Nicht weit, es waren vielleicht 500 Meter von der Villa, befand sich eine Bushaltestelle. Auf diese steuerten wir ohne Pause zu.
Milo rannte einem Bus hinterher, ohne zu wissen, wo dieser überhaupt hinfuhr.
Tatsächlich stiegen wir ein und überließen die Rechnung der Show.
Wir setzten uns in die Nähe der
Klapptüren und erst jetzt kam ich wieder zur Besinnung.
"Milo... Ehhm, wo fahren wir hin?"
Da war wieder sein freches Lächeln, plus ein völlig sorgloses zucken mit den Schultern.
"Wir steigen da aus, wo es uns gefällt, gut?",
zog er eine Augenbraue hoch.
Bei ihm verlor ich jegliche Unsicherheit. Ich nickte wild, indessen er sich zufrieden abwandte.
Er war beschäftigt damit, 'I was made for loving you' von Kiss mit seinen Lippen zu synchronisieren.
Der Busfahrer musste ein wahrer Rocker sein, denn als nächstes kam 'Highway to hell'
Jesus neben mir eskalierte völlig. Mehrmals stieß er mich an, ich solle mitmachen, doch ich lachte nur.
"Lass uns ein Spiel spielen und wenn du mich gern hast, dann sagst du jetzt einfach ja, ohne zu fragen, welches."
War das jetzt wieder so eine 'vertrau mir einfach'-Sache. Ergeben nickte ich. Normalerweise liebte ich ja auch so kleine Gesellschaftsspiele.
"Also, wenn ich du wäre, dann würde ich jetzt, zu der grimmigen Geschäftsfrau in der vorletzten Reihe gehen, ja genau, die die so erschlagen vom Tag aussieht und ihr als L'Oréal-Vertreterin die beste Anti-aging Creme andrehen. "
Ich sah zu der, von ihm gut beschriebenen Dame, welche etwa knapp über vierzig war. Argh... Empfindliches Alter...
"Wirklich jetzt, Milo?",
verschränkte ich meine Arme vor der Brust.
"Versprochen ist versprochen.",
hielt er seine Hände abwehrend vor sich.
Ich atmete einmal tief ein und tat es, stand auf und ließ mich neben ihr, nieder.
"Guten Abend",
streckte ich ihr meine Hand entgegen.
Sie zuckte zusammen, gab mir aber zaghaft ihre Hand.
"Maelle, Kosmetik-Vertreterin, heute mobil unterwegs und auf der Suche nach Gesichtern, welche eine Verschönerung dringend nötig haben."

#15 RosesWhere stories live. Discover now