~ Ɛιη υηgєρƖαηтєѕ Ɗαтє ~

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Ich liebte diese Tage, an denen kein großer Aufwand um mein äußeres stattfand. Die helle Highwaist-Jeans und das weiße, enge langarm Shirt behielt ich auch noch nach dem Dreh an. Lediglich meine glatten Haare sehnten sich nach der Bürste, bevor ich vor der Villa, fernab von den Kameras auf Leo wartete.
Er ließ nicht lange auf sich warten.
Vom weiten erkannte ich das weiß, rot und schwarz gestreifte T-Shirt, die enge dunkle Jeans und vor allem die Art, wie er seine Locken nach hinten streicht. Die schwarze Lederjacke hing ihm lässig über die Schulter und eine Zigarette, klemmte zwischen seinen Zähnen.
"Seit wann rauchst du?",
kam es mir sofort in den Sinn.
"Ehhm... Seit ich 16 bin."
Es wunderte mich, denn soweit ich denken konnte, habe ich ihn zuvor noch nie mit einer Zigarette gesehen.
"Schlimm?"
Er riss mich aus den Gedanken und ich schüttelte nur schnell den Kopf.
Wir liefen gemeinsam zu seinem Auto.
"Rauchst du?"
- "Nur, wenn Alkohol im Spiel ist."
Etwas abseits der Villa, auf einer weiten Schotter-Fläche standen nur noch vereinzelt Autos.
Dies war anders, wenn der Dreh im vollen Gange war. Dann war die freie Fläche fast komplett besetzt.
"Lass mich raten... Der Dodge ist deiner?"
Eigentlich suchte ich einen Jeep mit dem er sonst immer hier war, aber der war nirgends zu sehen.
"Bin ich so durchschaubar?"
- "Ein bisschen."
Er betrachtete seinen grau-matten Wagen und schüttelte nur lächelnd den Kopf.
Nachdem er seine Jacke auf dem Rücksitz abgelegt hatte, war er schon dabei sich hinters Lenkrad zu setzen.
Als ich jedoch meine Hand auf den Griff der Beifahrer-Tür legte, spürte ich plötzlich seine unter meiner, die hastig an dem Griff zog.
Süß und zugleich tollpatschig wie er war, öffnete er mir ganz Gentleman-like die Tür und ich ließ mich nur noch in den tiefen Ledersitze plumpsen.
So viele wohlwollende Gedanken hatte sich schon lange keiner um mich gemacht.
Das schlechte Gewissen machte sich, wie ein Lauffeuer in meinem Kopf breit.
Wir sprachen nicht und ich schaute konsequent aus dem Fenster.
Jegliche Gedanken der Rechtfertigung versuchte ich zu unterdrücken.
Denn wenn man sich vor jemandem rechtfertigte, dann war er zumindest schon eine Rechtfertigung wert.
Leo hatte mich damals belogen, also halb so schlimm, wenn ich dies nun auch tue. Im Kampf gegen das Böse, also seine Mutter waren niveaulose Mittel angebracht.
Vielleicht wäre ich auch einen anderen Weg gegangen, aber verdammt, ich kannte seine Mutter nicht und das einzige, was ich wusste war, dass sie ihren Sohn über alles liebt.
Das war mir schon bewusst, als ich das erste Mal in ihrem Büro saß und all die Bilder von Leo sah.
Es schien ganz so, als wäre sie nicht immer die herzlose Produzentin gewesen, sondern einfach eine Mutter, die jeden kleinsten Lebensschritt ihres Kindes gespannt verfolgte und dokumentierte.
Meine Eltern machten es auch so, doch die Entwicklung von mir endete für sie wohl mit meinem Schulabschluss.
"Mae?"
- "Hmm?"
Erst jetzt bemerkte ich die wunderschöne Kulisse aus dem Fenster.
Wie das Wasser, die Strahlen der Sonne auffing. Der Sand in kleinen Hügeln, wie eine dicke Decke über dem Boden lag und die letzten Menschen ihren Abend dort entspannt ausklingen ließen.
"Wo warst du denn?"
Leo zu meiner anderen Seite schmunzelte, ohne seine Augen von der Straße zu nehmen.
"Mit meinen Füßen bereits am Ufer entlang spazierend."
Es ruckte einmal sehr stark und ich wurde beinahe aus dem Sitz gerissen, als Leo wie ein Irrer am Lenkrad drehte.
"Wenn das so ist...",
grinste er, während er sich durch den Rückspiegel versicherte, dass außer mir alle noch heil geblieben sind.
Meine Hände blieben verunsichert auf dem Cockpit liegen, was den Herren nur noch mehr amüsierte.
Er kam kurz darauf zum Stehen.
"Du wolltest eine Wiedergutmachung und ich habe etwas in deinem Instagram-Profil herum gestöbert."
Ich wollte gerade fragen, was er mir jetzt genau damit sagen wollte, da nahm er sein Handy aus der Hosentasche und wählte kurz eine Nummer.
"Guten Abend, ich würde gerne etwas bestellen. Einmal die Nummer 9, die 12, 15 und 18....Zum South Pointe Pierre, ich warte am Beginn des Stegs."
Auch wenn er nur Zahlen nannte, wusste ich, was es gleich geben würde. Wer liebte nicht eingerollten rohen Fisch und Reis? Welche Unmenschen hassten Sushi?
Wir überquerten gemeinsam den Park, um beim ewig langen Steg anzukommen.
Dort warteten wir tatsächlich auf unser Essen.
Als er die weiße Tüte in seinen Händen hielt, konnte ich nur lachen.
"Du bist verrückt."
- "wieso?"
"Wer bestellt sich Essen an den Strand?"
- "Wie bitte? Jeder, der das nicht tut ist verrückt. Egal welches Essen, es schmeckt hier am besten."
Ich schüttelte nur den Kopf und wir gingen lachend den Steg entlang.
Auf einer überdachten Bank nahmen wir Platz. Wie Kinder saßen wir uns im Schneidersitz gegenüber.
Jahrelang übte ich das Essen mit den Stäbchen und beherrschte es mittlerweile, wie jeder Asiate.
Anders Leo, der wie ein Neandertaler mit den Händen zugriff.
"Schäm dich",
beobachtete ich ihn.
"Was denn?",
antwortete er mit vollen Backen.
"Sushi ist eine Kunst und man sollte es auch genau so verspeisen."
Er sah sich seinen Behälter nochmals an, der nebenbei bemerkt, mehr als missbraucht aussah.
"Ich sehe da nur Essen und mein Hunger sagt, rein damit."
Und damit schob er sich ein weiteres Röllchen rein.
Irgendwann nahm ich seine Hand in meine und quetschte die Stäbchen richtig zwischen seine Finger.
"So und jetzt probier mal. Kein Sushi schmeckt besser, als wenn man es so ist",
brachte ich genau so Klugscheißer mäßig raus, wie er vorhin.
Vorsichtig und voller Konzentration klemmt er eine größere Rolle zwischen die Stäbchen und ich drückte ihm imaginär die Daumen.
Es lief so gut, bis auf dem halben Weg die Rolle in gefühlt tausend Teile auseinander auf seine Hose bröselte.
Als sein Blick von seiner Kleidung hoch zu mir wanderte und ich die Wut sah, war es vorbei. Ich lachte, wie schon lange nicht mehr, indessen er die Reste von sich schlug.
"Der Reis hängt mir sogar in der Hose."
- "Sei froh, dann hast du später auch noch was."
Darauf kassierte ich nur weitere böse Blicke.
Seinen letztes Röllchen nahm ich zwischen meine Stäbchen.
"Mund auf."
Er gehorchte und öffnete den Mund.
Wir schauten uns an und auch auf seinen Wangen befanden sich wieder süße Grübchen.
"Du hast Recht, so schmecken sie am besten."
Meine Mundwinkel wanderten noch einmal nach oben, mein Blick fast schon schüchtern nach unten.
Nach dem Essen liefen wir gemeinsam bis zum Ende des Stegs.
Das Meer wirkte unendlich und ich fragte mich, wo ich ankommen würde, wenn ich von hier einfach gerade aus schwimmen würde, oder besser gesagt mit einem Schiff.
Leos Hand war immer so nah an meiner, manchmal berührten sie sich sogar, doch anstatt sie zu nehmen, zuckte ich jedes Mal nur zusammen.
Ich stützte nun meine Hände am Gelände und sah der Sonne dabei zu, wie sie die letzten Zentimeter überwand.
Warm und schützend drückte sich Leos Oberkörper an meinen Rücken. Seine Hände erschienen neben meinen am Geländer.
"Leo, ich fliege."
Den Atem, den er leise beim Lachen ausstieß streifte leicht meine Halsbeuge.
"Bitte nicht."
In seinen Armen wandte ich mich vom Horizont ab und ihm zu.
Eine Weile sahen wir uns einfach nur an und ich muss zugeben, ich vergaß alles. Nicht nur die Umgebung, sondern wer wir waren und warum wir hier waren.
"Kannst du mir jetzt die schreckliche Idee für das Date verzeihen?"
Als ob ich nachdenken musste, verdrehte ich die Augen, bis ich schließlich einfach mit den Schultern zuckte.
Wieder sahen wir uns gegenseitig an, bis das Lächeln beiderseits verschwand, genauso, wie jegliche Distanz.
Seine Augen wanderten von meinen Augen, über meine Nase, bishin zu den halb geöffneten Lippen.
Ich tat es ihm gleich und beobachtete, wie seine Unterlippe kurz verschwand, um wenige Sekunden später angefeuchtet wieder hervor zu kommen.
Erst spürte ich seinen leicht zittrigen Atem auf meiner Oberlippe, dann wie seine Hände sich sanft um meine Hüften legten, bevor er auch noch den kleinsten Abstand überbrückte.
Seine Lippen auf meinen fühlten sich so gut an, wie sie auch aussahen.
Wir bewegten uns im Einklang und obwohl er unglaublich zärtlich war, fühlte es sich fordernd an, angenehm fordernd, absolut Leo eben. Im Gefühl fordernd, in der Tat zärtlich.

#15 RosesWhere stories live. Discover now