~ Sυρҽɾɱαɳ ~

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'Verzeih. Sowas wirst du nicht mehr zu lesen bekommen.🌹'

Diese Nachricht. Ich las sie mir wahrscheinlich hundert mal in Gedanken vor. Sie war wieder so anders, als die zuvor.
Jaro hatte niemals um Vergebung gebeten. Ganz im Gegenteil.
'Bei einer Hure werde ich mich nie entschuldigen, also so weit kommts noch' Das waren seine Worte.
Etwa hundert Meter vor mir wurde ein schöner Tisch auf dem Rasen hergerichtet. In der Nacht erzeugte das gedemmte Scheinwerferlicht, gepaart mit den Kerzen eine herzliche Atmosphäre. Meine Eltern hingegen, welche bereits an jenem Tisch saßen, nahmen dem ganzen die Wärme.
Sie waren wütend und ich überfüllt mit Angst.
Es gab keine Entschuldigung die groß genug war für mein Verschwinden und eine Erklärung hatte ich ebenfalls nicht.
Ich wollte zurück kommen und ihnen sagen können 'Es musste sein. Nur so konnte ich meinen Traum erfüllen. Schaut, ich habe es geschafft.'
Ewig konnte ich mich aber auch nicht im Zimmer einsperren und diese Show sollte ein Ende finden, wenn möglich kein hinaus gezögertes.
Was ist, wenn ich einfach gar nichts sage?!
Dann ist es doch quasi so, als hätten sie mich gar nicht gesehen.
Angela hätte sie einfach rausschmeißen können, aber nein.
Wieso verließ ich mich auch auf die Hexe?!
Demonstrativ trat ich vor einen Kerzenständer, welcher von einer Überwachungskamera erfasst wurde, um mir einen Zettel aus dem BH zu fischen und ihn einfach in den Flammen aufgehen zu lassen.
Jetzt wirst du wohl wirklich nie wieder was von deinem Ex hören, liebe Angy.
"Kleiner Xhuxh, was machst du da?"
Das selbstgefällige Lächeln fiel mir beinahe aus dem Gesicht, als die raue und vor allem laute Stimme Agons erklang. Es gab noch eine nennenswerte Eigenschaft an ihm. Er war der wortwörtliche Elefant im Porzellanladen.
"Mentale Vorbereitung",
sagte ich.
"Etwas von meinem Training ist hängen geblieben",
klopfte er mit seinem Zeigefinger auf meiner Stirn herum.
"Du hast mir nie was von deinen Eltern erzählt."
Jeanne musterte bereits das Ambiente, sowie meine Eltern, welche mittendrin saßen.
"Da gab es auch nichts zu erzählen",
flüsterte ich mehr für mich.
"Hallo, meine Schöne."
Von hinten legte sich ein Arm um meine Taille und kaum realisierte ich das, schon klebten zwei geschmeidige Lippen an meiner Wange.
"Frey!",
trat ich einen Schritt zur Seite, um ihn einmal von Kopf bis Fuß bestaunen zu können.
Meine Augen sahen keine Markenbekleidung, wo sie sonst übermäßig protzte.
Ja, sogar der Armreif von Cartier und die dicke Rolex, welche er sonst immer trug, blieben verschollen.
Einfach war es trotzdem nicht, denn er wirkte immer noch wie aus einem Modemagazin.
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Er versuchte tatsächlich meine Kritik umzusetzen.
Na toll... Und ich selbst trug einen Blazer von Chanel. Es kommt echt blöd, aber die Produktion hat mich da rein gesteckt.
"Kann ich mich so deinen Eltern vorstellen?",
bemerkte letztendlich auch Frey mein Starren.
"Aber sowas von."
Auch er lächelte, widmete sich nun aber meinen Freunden zu. Bei beiden stellte er sich vor, bevor er doch noch mal auf mich zukam.
Er streckte seine Hände unter den Blazer und legte sie, meiner Haut so nah, auf meiner Hüfte ab.
In seinen Eis-grauen Augen begab ich mich in Sicherheit. Alles drum herum verschwand.
"Bist du bereit?",
flüsterte er mir ins Ohr.
Langsam schüttelte ich den Kopf.
"Ich bin bei dir.",
schob er seinen Zeigefinger unter mein Kinn und zwang mich so, ihm wieder direkt ins Gesicht zu schauen.
"egal, was passiert",
fügte er noch bei.

Schweren Herzens setzte ich mich meinen Eltern am runden Tisch gegenüber. Ich würdigte sie keines Blickes. Die schwierigste Herausforderung würde es sein, den Mund zu halten. Wie sollte das eigentlich funktionieren, wenn sie mich direkt ansprachen?
Mein Blick war auf einen wirklich ziemlich kleinen Fleck auf der sonst rein-weißen Tischdecke fixiert.
Irgendwie hatte ich mir das immer mehr, wie in diesen Filmen vorgestellt. Nach sieben Jahren sollte man sich doch weinend in den Armen liegen. Doch die Stimmung war genau so, wie bevor ich verschwunden war, distanziert und kalt.
Langsam löffelte jeder in seiner Suppe und ich versuchte dabei so leise und unauffällig zu sein, dass ich den Rand des Tellers nicht einmal mit meinem Löffel berührte.
"Frey, nicht wahr?"
- "Ja, Sir."
"Ich glaube unsere Tochter möchte nicht mit uns reden. Dann musst du wohl herhalten. Mein Name ist Matheo und das ist meine bezaubernde Frau Louise."
"Freut mich sie kennenzulernen. Maelle ist nur sehr überrascht sie nach sieben Jahren wieder zu sehen. Ist doch klar, wenn man da ein bisschen sprachlos ist."
Als wäre ich blind, taub und stumm schwieg ich, starrte meinen halbvollen Teller an, aber verfolgte jedes Detail mit den Ohren.
"Das ist der Punkt. Wie findest du es, dass sie einfach für sieben Jahren gegangen ist, sich nie gemeldet hat und ihre Mutter, sowie ihren Bruder zuhause durchdrehen lassen hat?!"
Auch, wenn ich nicht hinsah, hörte ich genau, wie Vaters Kopf sich während er sich so in Rage redete, in meine Richtung wandte.
"Sie haben sie nicht akzeptiert und ihre Tochter ist in die große weite Welt gezogen, um zu etwas zu werden, was sie und auch sie selbst akzeptieren kann."
- "Ach ist das jetzt unsere Schuld? Und was hat sie tolles in der Welt erreicht? Ich will den Fernseher nicht mehr einschalten und kann keine Zeitung mehr lesen."
Mein Vater schlug mit beiden Händen flach auf den Tisch auf. Der Löffel zwischen meinen Fingern landete mit einem Knall im Teller.
Es tat weh, es tat höllisch weh. Ich musste mich darauf konzentrieren, meinen Atem konstant und regelmäßig zu halten. Es tat so verdammt weh.
Ich sah meinem Vater, den Blick verschleiert durch Tränen in die Augen, sah, wie meine Mutter ihn versuchte zurück zu halten.
"Ja, verdammt, es ist ihre Schuld, wenn sie als Eltern nicht in der Lage sind, die wahre Persönlichkeit ihres Mädchens zu unterstützen. Sie waren nur bereit ihr zu helfen, wenn sie genau das tut, was sie sich vorstellen. In ihrem eigenen Zuhause, hat sie sich verloren gefühlt, wie eine Fremde unter Fremden. Außerdem tut sie das, wovon viele Mädchen träumen. Fucking L'Oréal vertritt sie. Da muss man erstmal hinkommen, also tun sie mir den Gefallen und besitzen sie mal ein bisschen Respekt vor dieser atemberaubenden Frau, welche vor ihnen sitzt."
Ein Klatschen ertönte und ich erwachte aus meiner Starre, welche Freys Worte verursachten.
Argon... Der sympathischste Elefant im Porzellanladen.
Jeanne schien sichtlich gerührt, in ihren feuchten Augen spiegelte sich der Glanz aller Kerzen wieder.
"Ich denke, es wurde alles gesagt",
waren meine ersten und letzten Worte dieses Abends. Zwar waren sie an meine Eltern gerichtet, doch ich konnte nicht aufhören, Frey anzusehen.
Er war so wütend, wie nie. Seine Atmung war ein unkontrolliertes auf und ab. Jetzt fixierte er die Tischdecke an, als wäre sie das einzige, was ihn davon abhalten konnte, meinem Vater an die Gurgel zu gehen.
Ich beschrieb ihm damals lediglich was vorgefallen war und er, ohne es zu wissen, wie ich mich dabei fühlte. Zuhause... Wie eine Fremde unter Fremden...
Jetzt war es an mir, ihm zu helfen und ich wusste schon genau, wie.
"Danke, dass ihr alle da wart. Wir sehen uns übermorgen."
Dann schnappte ich Frey am Arm und ging mit ihm davon.
"Was hast du vor?",
wollte er wissen, doch ich zog ihn einfach am Arm durch die ganze Villa.
Ich rannte ins Bad, ließ ihn los und stolperte in die Wanne.
Stolz deutete ich auf den Platz gegenüber.
Er begriff und lachte, indessen er auf mich zukam.
"Du hast es dir gemerkt",
setzte er sich nun auch hin.
"Alles, Frey... Aber ich muss schon sagen, als du mich damals ins Badezimmer geschoben hast, hatte ich erst Angst, dass du sonst was machst, aber als du dich dann in die Badewanne gesetzt hast, wusste ich, dass du einfach nur einen Schaden hast."

"Na danke... Was denkst du jetzt?"

- "Dass du mein Clark Kent bist."
Er lachte.

"Was war vorhin los. Du warst so wütend, als würde dein Vater vor dir sitzen."

- "Ich schätze so habe ich mich auch gefühlt. Nur, dass ich mich niemals trauen würde, meinem Vater die Meinung so zu sagen. Bei deinem gings, sorry."

"Du fühlst dich also wie ein Fremder Zuhause?",
schloss ich schnell aus seiner Aussage.

"Ja",
war seine schlichte Antwort.
Nun waren seine Augen einfach nur leblos grau.

"Hast du auch überlegt abzuhauen?"

- "Klar... Aber ich war nicht so mutig, wie du."

Mit jedem Wort, was er sagte, überkam mich das Gefühl, er hätte eine höhere Meinung von mir, als von sich. Obwohl er, er war, die Perfektion und meine Geschichte kannte.

"Ich bin nicht mutig",
schüttelte ich den Kopf, während ich auf allen vieren zu ihm rüber krabbelte. Ich setzte mich rittlinks auf seinen Schoß und wir zuckten beide zusammen. Hätte er mich nicht reflexartig festgehalten, wäre ich wohl auf dem harten Metall gelandet. Sorry, ich korrigiere, auf dem nassen, harten Metall.
Ups, da hatte ich wohl aus Versehen den Wasserhahn hinter ihm aufgedreht.
Bei seinem verspannten Blick brach ich in schallendes Gelächter aus. Es musste sich gut anfühlen, wenn die gesamte Jeans unter kaltem Wasser stand.
Mit zusammen gekniffenen Augen musterte er mich, während ich versuchte mich zu beruhigen.
Wie aus dem Nichts griff er zur Seite und hielt plötzlich den Duschkopf in der Hand. Ich ahnte nichts gutes.
Und tatsächlich, im nächsten Moment traf mich ebenfalls ein Strahl des kalten Wassers.
Laut, schrie ich auf, spürend wie ich von Kopf bis Fuß nass wurde.
Mit einer Hand schützend vor meinem Gesicht, suchte ich mit der anderen den Abfluss, um den Stöpsel runterzudrücken.
Der Wasserpegel stieg und auch wenn ich Frey hier nicht ertränken konnte, so musste ich es schaffen, dass nicht nur sein Arsch und die Rückseite seiner Beine nass wurden.
Ich spritzte ihm das mittlerweile warme Wasser, welches sich in der Wanne sammelte ins Gesicht.
Wir lachten, ich schrie und auf jeden Fall hatten wir ziemlich viel Spaß, bis Frey plötzlich nach meinen Händen griff.
Unsere unteren Hälften waren mittlerweile unter der Wasseroberfläche verschwunden.
Er zog mir den viel zu schweren Blazer von den Schultern und warf ihn davon.
Selbes tat er mit seiner Jeansjacke.
Ich musterte sein weißes Shirt, welches die tätowierten Muskeln durchschimmern ließ, bevor ich mich an ihn drückte.
Seine Hand wanderte zu meiner Wange und strich langsam eine tropfende Haarsträhne hinter mein Ohr.
Auch seine nassen Haare hingen ihm strähnenweise auf der Stirn, doch es stand ihm und ich wollte dieses Bild keineswegs zerstören.
Sein Atem traf kühl auf meiner feuchten Haut auf.
"Frey, küss mich",
flüsterte ich vor seine Lippen.
Noch einmal abschätzend, sah er mir in beide Augen.
Dann legte er mir beide Hände in den Nacken, zog mich näher zu sich und setzte seine Lippen auf meine.
So rau, wie sein Bart, so zart und weich waren seine Lippen.
Ich schmeckte noch den Hugo heraus, welchen es zum Essen gab.
Die Süße hatte sich auf seinen Lippen festgesetzt.
Wir küssten uns so lange, bis die Badewanne drohte überzulaufen.
Danach sahen wir uns eine Weile einfach lächelnd an, bevor er mich in mein Zimmer begleitete, um dann in seinem zu verschwinden.
Da ich Angst hatte, das Set zu verlassen, blieb ich in der Villa.
Ich zog mich um und ließ mich flach auf das Bett fallen. All dass, ohne mein Lächeln zu verlieren. So wie damals, als ich Superman in der Badewanne traf.

#15 RosesWhere stories live. Discover now