~ Ʋσɗкα υηɗ ƤєƖмєηι ~

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Auch an jenem Abend suchte ich mir meine Kleidung zur Missgunst der Produktion selbst aus. Wie vor Milo, wollte ich mich auch vor Akim als 'absolutely me' präsentieren. Wer weiß, vielleicht wurde ich dem ein oder anderen dann auch schon zu hässlich. Wie er meistens, trug auch ich diesmal einen Jogger. Nur das meiner von Chanel war. Kombiniert mit hohen Sandaletten hatte es wieder was schickes. Immerhin lernte ich gleich seine Familie kennen.
Vor Akim war ich von meinem Charakter her sogar noch mehr ich, als bei Milo oder sonst wem.
Plötzlich war mir auch klar, wieso besagter bei seinem Date meinte, dass er es an mir lieben würde, dass ich nie jemanden verurteilen könnte.
Genau das selbe dachte ich von Akim und es war für mich das wichtigste an ihm. Allein diese Eigenschaft machte ihn für mich unersetzlich. Er würde mich niemals für irgendwas verurteilen.
Die Gegend wo Akim letztendlich wohnte, war wirklich nicht schön. Beinahe schon Plattenbau.
Vor einem Mehrfamilienhaus blieb ich stehen und suchte unter den 16 Klingeln nach dem Namen Makarow.
Als hätte jemand vor der Tür gewartet, ertönte sofort das unangenehme Klingeln.
Natürlich kam ich auch bei diesem Date nicht um den Sport.
Vier Stockwerke nach oben und das ohne Aufzug. Ich war bereits anderes gewohnt, stellte ich mit bedauern fest.
Akim stand bereits im Flur, um mich in Empfang zu nehmen, doch er war nicht alleine.
"Er hat gar nicht gesagt, wie hübsch du bist. Wladimir",
drückte er mir einen feuchten Kuss auf die Hand. Ihhh... Doch ich lächelte. Wladimir war kleiner als Akim, etwas kräftiger, hatte ganz kurze dunkelblonde Haare und blaue Augen. Dazu hatte er einen viel stärkeren Akzent.
Ein Blick zu Akim verriet, wie dieser ein klein wenig rot anlief.
"Ja, das ist mein behinderter Bruder."
Ich sah Wladimir kurz an und was für eine Behinderung? Es war unhöflich so zu starren, vor allem nach irgend etwas besonderem zu suchen.
"Du hast mir nie gesagt, dass du einen Bruder hast."
   - "Der ist nicht echt mein Bruder. Bester Freund, Geschäftspartner und so."
"Freut mich, Wladimir",
wandte ich mich wieder an ihn.
"Was steht ihr hier draußen. Schnell rein mit euch."
Eine Frau im mittleren Alter winkte uns in die Wohnung.
Sie hat kinnlange, dunkelbraune Haare. Das musste seine Mutter sein. Die Ähnlichkeit war unverkennbar. Die Haarfarbe, die braunen Augen, das alles hatte er von ihr.
"Hallo, Swetlana",
reichte sie mir ihre Hand.
Auch ich stellte mich vor und übergab ihr den Blumenstrauß, welchen ich mitbrachte.
Aus einem Schrank holte sie sogleich Schlappen und bestand darauf, dass ich sie auch trug. Swetlana war wohl eine sehr fürsorgliche Frau.
Auch die Wohnung von Akim, wenn er denn hier wohnte, strahlte Wärme und Gemütlichkeit aus.
Rötlich schimmerndes Mahagoni zierte den Boden und alle Möbel.
Akims Mutter war wohl ein ziemlicher Fan von Pflanzen.
Das Wohnzimmer, welches in einem Raum neben dem Esszimmer lag, ähnelte mehr einem botanischen Garten.
"Wow...",
entflloh es mir, bevor mich eine Sprachlosigkeit überkam. Auf dem Esstisch war ein verdammtes Buffet hergerichtet worden und Swetlana war dabei immer mehr Dinge aus der Küche zu holen.
"Das wäre doch nicht nötig gewesen",
eilte ich zu ihr, um ihr die Gläser abzunehmen, welche sie sich knapp unter den Arm geklemmt hatte.
"Na klar. Akim redet schon die ganze Woche, dass du heute kommst."
Awww... Wieder wurde er rot.
Wenn wir heute allein sind, dann muss ich mal in seine Wangen kneifen, dachte ich mir.
Als wir am Tisch saßen, wurden die Gläser sofort mit hochprozentigem gefüllt. Okay, es war Freitagabend. Das geht doch voll klar.
Ich bediente mich beim Essen, lernte Pelmeni, Manti und Olivier kennen.
Bei dem Essen, was seine Mama kochen konnte, musste er doch vergeben sein.
"Ich hätte niemals gedacht, dass der so weit kommt",
blickte Wladi, welcher mit Akims Mutter uns gegenüber saß, zwischen uns hin und her.
"Wieso?",
lachte ich. Das war ja jetzt nicht wirklich ein Kompliment.
"Er furzt, flucht und kratzt sich ständig an den Eiern."
Ob man es glaubte, oder nicht, aber genau das liebte ich an ihm.
Solche kleinen, hässliche Gewohnheiten konnte man nur vor jemandem zeigen, den man jahrelang kannte. Und so war es, als würden uns Jahre verbinden.
" Wenn man's kann ",
zuckte ich mit den Schultern.
"Einmal hat er eine Frau mitten auf der Autobahn ausgesetzt, weil sie gefragt hat, ob sie mal ans Steuer kann."
Wladi erzählte so viele Geschichten über Akim, während dieser ihn bereits mit Blicken tötete.
Ich fühlte mich wohl. Sie gaben mir alle das Gefühl dazu zu gehören.
"Auf euch, ihr lieben Kinder ",
erhob seine Mutter das Gläschen.
"Maelle, du musst danach in eine Pomidore reinbeißen. Ich habe selbst gepflanzt."
    - "Bljaaaaad... Halt endlich die Fresse, jetzt."
Akim endete so langsam die Geduld.
Sie waren doch, wie echte Brüder, musste ich schmunzeln.
Doch, dass ließ Wladi sich nicht sagen. Vielleicht provozierte er ihn auch absichtlich.
"Weißt du noch, Akim, wo du Popel bei Ali in den Shisha-Schlauch..."
Weiter kam er nicht, denn mein Sitznachbar sprang auf und stürzte sich auf seinen besten Freund.
Mitten im Wohnzimmer begann eine Rangelei, welche Swetlana und ich nur belustigt beobachteten.
" Magst du meinen Sohn wirklich? ",
erklang ihre Stimme aufeinmal hinter mir.
"Sehr sogar",
floss es mir über die Lippen, ohne dass ich darüber nachdenken musste.
"Er war der erste im Haus, welchen ich gleich ins Herz schloss. Zwar tut er immer so, als würde er nichts ernst nehmen, aber wenn wir uns für zwei Sekunden anschweigen, spüre ich wie tiefgründig er eigentlich ist."
Seine Mutter lächelte. Wahrscheinlich wusste sie genau von was ich da sprach.

#15 RosesWhere stories live. Discover now