~ Eɾρɾҽʂʂυɳɠ ~

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Wie vor ein paar Stunden noch wurde ich in ein dunkles Zimmer gerissen. Diesmal war es allerdings meins. Mein Schrei schalte deutlich wieder, kam aber bestimmt nicht gegen den Bass des unteren Stockwerks an. Die Ex-Freundinnen hassten vielleicht ihre Verflossenen, aber nicht die Villa.
Zumindest waren die meisten noch da, als ich die Treppen hinauf stieg. Was musste ich auch meine dumme Tasche vergessen.
"Sancho, das ist langsam nicht mehr witzig",
orientierte ich mich in der Dunkelheit an der Wand entlang, bis meine Finger schließlich den Lichtschalter ertasteten.
Ich suchte sofort den Raum nach dem Übeltäter ab, was nicht zu schwer war, denn dort saß jemand mitten auf meinem Bett.
'Mein Bett', welches ich noch nie benutzt hatte.
"Cody?"
Er grinste mich einfach nur an, seine Hände gemütlich auf der Bettkante gestützt.
"Guten Abend, meine Liebe."
- "Hey."
Mein Gefühl sagte mir bereits nichts gutes.
"Hast wohl jemand anderen erwartet, aber keine Sorge über genau ihn will ich mit dir reden."
- "Wie?",
fragte ich etwas genauer nach.
"Na Sunshine. Du magst ihn doch."
Die Frage war keine neue, ich stellte sie mir oft genug selbst. Die Antwort darauf war bis jetzt immer nur Verdrängung.
"Er ist nett... Sowie viele andere hier."
Es schien als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen. Ohne zu zwinkern, schien er jede auch nur kleinste Bewegung zu realisieren.
Das war mehr als creepy.
"Hmm... Das erklärt nicht, wieso ihr euch den ganzen Tag heimlich beobachtet. Ich meine selbst, wenn ihr mit anderen redet, suchen sich eure Blicke."
So dumm, wie ich war, wollte ich sogar lächeln. Genau weil ich mich an jene Situationen erinnerte und es schön fand, dass es mir jemand bestätigte und ich mir diese Blicke nicht nur einbildete.
"Du interpretierst da zu viel rein. Was willst du jetzt eigentlich von mir?"
Verdammt, ich weiß nicht, ob er aus guten oder schlechten Gründen hier war, aber ich fühlte mich, wie bei einem beschissenen Verhör.
"Das, was alle Typen hier wollen, Liebes."
- "Cody, sprich Klartext.",
fauchte ich ihn nun deutlich lauter an.
Er erhob sich und kam geradewegs auf mich zu, seine blauen Augen stachen hervor, wie erhobene Schwerter. Glänzend schön, aber gefährlich.
"Ich werde mindestens Dritter",
baute er sich wie ein breiter Stamm vor mir auf.
Zwar schaffte er es mich einzuschüchtern, doch das hieß noch lange nicht, dass ich es ihm auch zeigen musste.
"Wenn du nicht sofort verschwindest, dann bist du bestenfalls der nächste, der fliegt."
Ich versuchte ihn ruhig und gelassen zu warnen, immerhin kam das doch in Filmen immer am bedrohlichsten rüber, oder nicht.
"Und jetzt kommen wir zu dem lieben Sunshine. Was macht eigentlich sein Drogenhandel?"
- "Cody...",
hörte ich mich kaum selbst und auch er überhörte mich, ganz bestimmt mit voller Absicht.
"Er könnte ja ein super organisierter Krimineller sein, aber ob ihm die Flucht gelingt, wenn ich seinen Namen vor laufenden Kameras erwähne?..."
- "Es ist okay! Du wirst Dritter!",
unterbrach ich ihn schreiend.
Seine Stimme, welche ich ab jenem Moment verabscheute, verstummte und ein dreckiges Grinsen umspielte seine Lippen.
In meinen Gedanken, riss ich ihm die Haare vom Kopf, zog ihm den Stuhl direkt über das Gesicht.
Doch in Wirklichkeit stand ich wenige Sekunden später alleine in dem Schlafzimmer und drückte mir meine eigenen Nägel in die Handinnenflächen.
Wie ich keinen Bock mehr auf die ganze Scheiße hatte...
Meine Gefühle waren nicht mehr zu kontrollieren und ich hatte das Schicksal von so vielen Leuten in der Hand, dass es mich fertig machte.
Dabei wollte ich mich nur um mich kümmern.
Selbst ein Hauch Glück war wohl nicht jedem vergönnt.
Ich stand kurz davor in Tränen auszubrechen, doch ich biss mir in die Unterlippe, solange bis sie nicht mehr schmerzte, sondern wie betäubt schien.
Es war definitiv Zeit zu gehen und die freien Tage zu genießen.
Achja mit dir und dir? Mobbte mich jetzt sogar noch mein Hirn.
Nein, ich hatte irgendwie keine Freunde. Seit ich in Amerika lebte, strebte ich nicht nach Beziehungen zu anderen Menschen. Der längste Kontakt hielt maximal 5 Tage und dann schrieb ich jedesmal alles und jeden ab.
Um mich abzulenken suchte ich meine Tasche, welche ich schließlich auf dem Stuhl vor dem Kosmetiktisch fand. Nichts, wie weg hier. Ich war auf einmal schneller unterwegs, als meine Beine mich tragen wollten.
"Mae, hast du bitte eine Sekunde Zeit?"
Eigentlich war er einer der Menschen, welche ich den ganzen Abend suchte und nun musste ich doch überlegen, ob ich mich noch einmal umdrehe.
Meine Augen schlossen sich für wenige Sekunden und tatsächlich die gewünschte Ruhe trat für kurze Zeit ein.
Sie bestärkte mich in meiner Entscheidung und ich drehte mich tatsächlich noch einmal um.
"Frey... Was gibt's?",
lächelte ich taff, denn ich wollte mir nichts anmerken lassen.
Er stand im Flur, die dunkelblonden Haare verwuschelt, nur in einem weißen T-Shirt und Boxershorts. Insgesamt wirkte er so, als wäre er gerade erst aufgewacht und das sah unglaublich niedlich aus.
"Können wir reden?",
und dabei deutete er auf den Raum gegenüber seines Zimmers, welches das Badezimmer war. Dank Leo wusste ich, dass jener der einzige war, welcher frei von Kameras und Mikros war.
Frey hat das wohl auch heraus gefunden.
Mich überkam die Angst, immerhin war ich gerade schon unfreiwillig mit einem Mann in einem Zimmer gewesen, sollte ich mir das wirklich noch mal antun? Außerdem hatte ich heute schon einige Male den Punkt erreicht, an welchem mir alles zu viel wurde.
"Ich weiß nicht so recht...",
drückte ich meine Unsicherheit völlig unversteckt aus.
"Komm schon, ich bin nur der eifersüchtige Freak, nicht der Mörder.",
lachte er vor sich hin.
"Das ist nicht witzig, Frey!",
herrschte ich ihn total übertrieben an. Was mal wieder bewies, dass ich Ruhe brauchte.
"Ich weiß... Wer, wenn nicht ich."
Er zog einen Schmollmund und ich wusste, was er vorhatte
und zwar mein schlechtes Gewissen zu aktivieren.
Ich schüttelte genervt den Kopf und lief schnellen Schrittes auf ihn zu.
"Lass es!",
blieb ich für kurze Zeit vor ihm stehen und drückte mit meinem Finger seine hervorstehende Unterlippe wieder an ihre ursprüngliche Position.
Dann verschwand ich im Bad und beobachtete Frey, wie er die Tür abschloss und sich dann in den Blickfang des Raumes, die Badewanne begab.
Er saß da, in der leeren Wanne und schaute mich auffordernd an.
"Eh...Nein?",
schüttelte ich den Kopf.
"Wieso nicht?"
Fragte er das gerade allen ernstes?
"Ich steige nicht mit dir in eine Badewanne",
antwortete ich ihm und machte es mir auf dem Klodeckel gemütlich, während er weiterhin in der trockenen Badewanne saß und so tat als wäre es das gemütlichste überhaupt.
"Du wolltest reden."
Er schaute kurz hinab, bevor er mir in die Augen blickte.
"Ja, ich wollte dir schon lange mitteilen, dass die Wand, welche unsere Zimmer trennt, nicht besonders dick ist. Mit etwas Glück würde ich dich sogar atmen hören."
Im ersten Augenblick war mir nicht bewusst, was er sagen wollte, immerhin benutzte ich mein Zimmer doch gar nicht, aber dann fiel es mir ein.
"Du hast alles gehört? Das zwischen Cody und mir?"
- "Ich wollte nicht lauschen, aber es war nicht zu überhören. Dein Schrei hat mich geweckt, doch unten läuft eine Party, also habe ich mir dabei nichts gedacht, aber dann habe ich gehört, wie ihr streitet..."
"Und, willst du jetzt auch auf den zweiten Platz vielleicht?",
unterbrach ich ihn harsch.
"Was? Nein",
schüttelte er schnell den Kopf.
"Eigentlich dachte ich eher, du brauchst einen Superman, der dir hilft oder einfach jemanden zum reden."
Mir blieb der Mund kurz offen stehen, doch dann musste ich einfach lachen.
Diese Situation war einfach...skurril.
Da bezeichnete sich der Mann in Unterwäsche, welcher in einer Badewanne saß als Superman.
Und als ob das nicht reichte wollte dieser ganz spezielle Superman jetzt auch noch Therapeut spielen.
Na gut, dachte ich mir, ich spiele mit. Und so mit erhob ich mich und kletterte ihm gegenüber in die Badewanne.
Wir saßen uns eine Weile gegenüber und lächelten nur belustigt.
"Machst du sowas öfter?"
- "Was? Eine Frau in der Badewanne beglücken? Ab und zu, wenn es sich mal ergibt."
Ich trat ihm gegen sein Bein, während meine Gesichtszüge sich wohl angewidert verzogen.
"Spaß... Aber ja, ich sitze gerne in der trockenen Badewanne und denke über alles mögliche nach. Ist das so merkwürdig? Ich meine viele Menschen verkriechen sich doch aufs Klo, wenn sie Zeit für sich brauchen."
Ja, da hatte er recht. Auch ich verzog mich gerne ins Bad, nur eher auf den Klodeckel, als in die Badewanne.
"Es stimmt übrigens was Cody gesagt hat. Zwischen dir und Sancho, da ist was... Oder?"
Der Satz fing so sicher an, doch dieses 'oder' bettelte quasi nach Bestätigung.
"Ich mag ihn."
Ein Satz, der zu jener Frage, keine wirkliche Antwort war. Er gab keine Auskunft darüber , wie tief meine Gefühle waren. Aber er beantwortete etwas anderes.
"Also werde ich nicht zulassen, dass ihm oder jemand anderen, den ich mag etwas passiert."
Frey nickte wissend, aber blickte sich dabei auf die Beine.
"Wenn du ihn magst, solltest du ihn warnen und es nicht mit dir alleine rum schleppen",
sah er mich wieder mit Entschlossenheit an und ich war mir sogar sicher, dass seine Idee eine gute war.
"Okay",
lächelte ich ihn an.
"Aber alleine bin ich doch gar nicht."
Ich stand auf und reichte ihm meine Hand, welche er ergriff und sich hoch helfen ließ.
Wir standen uns gegenüber und ich fühlte mich so wohl, wie selten.
Auf Zehenspitzen erreichte mein Kopf seinen und meine Lippen seine Wange. Der perfekt in Form gebrachte 3-Tage-Bart stachelte etwas, doch es war okay. Wie alles an dieser Situation.
"Danke",
flüsterte ich ihm ins Ohr, bevor ich verschwand.
Und nach allem, schaffte ich es doch mit einem Lächeln hinaus zu gehen, zum Hotel zu fahren und mit dem selben Gesichtsausdruck einzuschlafen.

#15 RosesOnde histórias criam vida. Descubra agora