38. Kapitel

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Zoes Sicht:

Den ganzen Heimweg lang dachte ich über unser Gespräch bei Saphira nach. Ich konnte spüren, wie sich etwas verändert hatte. Es lag eine merkwürdige Spannung in der Luft, die nicht nur da war, wenn wir vier zusammen waren. Sie war auch jetzt hier, und knisterte unangenehm. Ich wusste, dass die anderen genauso fühlten wie ich, und es war unheimlich und doch irgendwie beruhigend.

Ich schob mein Fahrrad den schmalen Schotterweg entlang, da es einerseits schwer war über Kies zu fahren, und andererseits konnte ich es einfach nicht. Mit meinem Talent würde ich sicherlich gleich umkippen und mir alle Knochen brechen, solange diese Spannung um mich herrschte.

Als ich fast zu Hause war, klingelte mein Handy in der Hosentasche. Ich erschrak mich fast zu Tode, sodass ich ruckartig stehen blieb und es schnell heraus fischte.

"Ja?", meldete ich mich zu Wort.

"Hey Zoe...", erklang eine leicht nervöse Stimme. Doch ich erkannte die Stimme meines Freundes einfach überall!

"Hey Schatz! Wie gehts?", fragte ich und ein Lächeln zierte mein Gesicht.

"Zoe hör zu, wir müssen reden", sagte Liam in ernstem Ton.

Das Lächeln wich und ich schob mein Fahrrad weiter.

"Was ist los?", wollte ich wissen. Meine Gefühle spielten verrückt und ich mahlte mir die schlimmsten Sachen aus.

"Ich... ich weiß nicht wie ich es erklären soll...", druckste Liam herum.

"Liam Redfort! Ich hasse es wenn du mich warten lässt und nicht antwortest, während ich vor Angst fast umkomme..." Es herrschte eine kurze Pause, bevor Liam wieder begann zu sprechen.

"Okay, okay. Ich wollte dir sagen, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob das noch so weiter gehen sollte."

Ich hatte eine dunkle Vorahnung, worauf dieses Gespräch hinaus lief. Doch ich wollte nicht, dass es soweit kam, also stellte ich mich dumm. "Was meinst du, Liebling?" Ich nannte ihn normalerweise nie Liebling, doch es schien mir in diesem Augenblick ganz angemessen zu sein.

"Ich denke... wir sollten Abstand voneinander haben, Zoe." Liam klang todernst, nicht irgendwie traurig oder verzweifelt. Und genau das jagte mir am meisten Angst ein.

"Abstand?", wiederholte ich ungläubig. "Inwiefern?"

"Ich denke wir sollten Schluss machen." Das wars. Das waren die Worte, die mich anhalten ließen und meine Augen mit Tränen füllten. Ich ließ das Rad gegen unsere Hauswand fallen und setzte mich erschöpft auf die Treppenstufen vor der Tür fallen.

"Ist das dein Ernst?", hauchte ich nur, den Tränen nahe. Liam antwortete nicht, er wollte mir wohl etwas Zeit geben seinen Satz erst mal sacken zu lassen. Doch das konnte er vergessen!

"Du machst mit mir Schluss?! Und dann auch noch am Telefon? Was bist du nur für ein Schisser!" Heiße Tränen rannen mir in Strömen über die Wangen.

"Zoe...", versuchte Liam mich zu besänftigen. "Es tut mir leid aber..."

"Aber was?!", schrie ich.

"Aber ich glaube ich hab mich in jemand anderen verliebt." Liam klang jetzt hoffend, hoffend auf Verständnis von mir. Na der traute sich was.

"Wer ist es?" Meine Stimme bebte und es war kaum zu überhören, dass ich vor Wut und Trauer gleich platzen würde.

"Naja..."

"Es ist Nelly oder?!", fiel ich ihm ins Wort. Leise schluchzte ich, doch laut genug, damit er es hören konnte.

Erst sagte er nichts, dann flüsterte er leise ein "Ja", vor sich hin.

Ich hatte es gewusst! Wütend legte ich auf und steckte das Handy schnell wieder weg. Verzweifelt und weinend vergrub ich meine Hände in meinen Haaren. Ich schluchzte laut auf, und weinte, als gäbe es nichts schlimmeres auf Erden.

Als jemand mit seinem Pferd über den Hof lief, sprang ich auf und suchte schnell meinen Schlüssel. Ich hatte keine Lust auf verwirrte Blicke und nervige Fragen.

Als ich die Haustür aufschloss kam mir Sky entgegen und wedelte erfreut mit dem Schwanz. Wortlos und Tränenüberströmt ging ich an ihm vorbei, direkt in mein Zimmer und aufs Bett.

"Zoe!", rief meine Mutter aus dem Wohnzimmer. Ich schloss die Augen, wobei mir weitere Tränen über die Wangen rollten. Ich bewegte mich jedoch nicht vom Fleck.
Ich hörte Bonnie leise quitschen und glucksen. Doch nicht mal meine Schwester konnte mir jetzt ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Eine unendliche Leere breitete sich in mir aus, was mich unglaublich deprimierte.

"Zoe?", meine Mutter hatte den Kopf zur Tür herein gesteckt und sah mich besorgt an.
"Was ist...", murmelte ich in mein Kissen, das mittlerweile nasse Flecken hatte.

"Ist alles in Ordnung? Hast du Schulstress? Oder Probleme mit Freunden?" Ich wusste, dass sie mich nicht nerven wollte, doch solche Fragen waren das Schlimmste, wenn man Liebeskummer hatte.

Ich antwortete nicht, sondern drehte meinen Kopf weiter in mein Kissen hinein. Ich spürte eine warme Hand, die sich auf meinen Kopf legte. Meine Mutter strich mir rhythmisch über meine Haare und verließ kurz darauf wieder das Zimmer. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte meine Decke an. Was für ein Arsch! Hätte er nicht wenigstens persönlich mit mir sprechen können? Wieso liebte er mich nicht mehr? Was hatte Nelly, was ich nicht hatte? Wusste er denn nicht, wie viel er mir bedeutete?

Diese Fragen quälten mich langsam und schmerzhaft einen beruhigenden Schlaf.

Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf und sah mich in meinem dunklen Zimmer um. Ich knipste meine Nachttischlampe an und rieb mir erschöpft meine Augen. Sie waren wahrscheinlich rot geschwollenen und hatten sich mittlerweile an die Helligkeit gewöhnt, sodass ich leise aufstand und ins Schlafzimmer meiner Eltern tapste. Mein Vater hatte sich zur Zeit ins Wohnzimmer zurück gezogen, da er von Bonnies Geschrei kaum ein Auge zubekam.

Ein gedämmtes Nachtlicht tauchte das Zimmer in eine gemütliche Atmosphäre. Es roch nach warmer Milch und frisch gewaschenen Sachen. Meine Mutter saß aufrecht im Bett und stillte meine kleine Schwester. Bonnie schluckte zufrieden und spielte mit den Haaren meiner Mutter. Eine kleine Rassel rollte auf dem Boden, als ich mit dem Fuß dagegen stieß. Mum drehte sich zur mir und lächelte mich an.

"Kannst du auch nicht schlafen?", fragte sie in sanftem Ton.

Kopfschüttelnd setzte ich mich an die Bettkante. Ich spürte die aufsteigende Müdigkeit in mir und gähnte ausgiebig. Erinnerungen des vergangenen Tages kamen zurück und fraßen mich weiter von innen auf. Die Leere wurde größer, und ich kleiner. Es tat mehr weh, als jeder andere Schmerz. Nur die, die so etwas bereits erlebt hatten, konnten darüber sprechen. Sonst hatte keiner das Recht, sein Maul aufzureißen und irgendeine Scheiße über Liebeskummer zu labern. Nachdem Bonnie fertig war, wurde sie zurück in ihre kleine Wiege gelegt, wo sie sich schnaufend in das Reich der Träume begab. Meine Mutter machte neben sich Platz und ich legte mich dankbar neben sie. Sie deckte mich mit einer dicken und warmen Decke zu und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn.

Von der Müdigkeit überwältigt schlief ich wie eine fünf-jährige neben meiner Mutter ein, und war ich in diesem Moment sehr dankbar, für die Wärme und Geborgenheit, die sie gab und ich so sehr brauchte, da ich nicht wusste, wie ich über Liam hinweg kommen sollte.

Das Geheimnis der grünen InselDonde viven las historias. Descúbrelo ahora