16. Kapitel

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Nellys Sicht:

Saphiras Anzeichen von schwarzem Blut in ihr bereitete mir wirklich große Sorgen. Ich hatte das Gefühl, als wüsste sie nicht recht, was das bedeutete. Und Aby nahm das irgendwie nicht ernst. Zoe hatte keine Ahnung davon, und das musste sich ändern. Ich war zwar diejenige, die das am wenigsten wollte, aber Zoe musste das wissen. Sie gehörte eben dazu. Also musste ich mich mit ihr zusammen setzen, nur wir zwei.

Nachdem wir Schulschluss hatten, entschied ich mich dafür, Zoe doch nur schnell abzupassen.

Schnell verstaute ich meine Sachen in meiner Tasche und fiel Aby um den Hals.

"Bis morgen!"

Verwirrt blickte sie mir nach, doch drückte ich ihr nur schnell einen Kuss auf die Wange und verließ das Klassenzimmer und anschließend das Schulgebäude.

Es regnete leicht, als ich die verlassene Straße entlang lief. Normalerweise ging Zoe hier auch immer zur Schule oder nach Hause. Doch diesmal war sie nicht hier.

"Vielleicht sollte ich sie doch in Ruhe lassen", überlegte ich laut. Kaum hatte ich diesen Gedanken ausgesprochen, hörte ich hinter mir ein vertrautes Lachen.

Ich wirbelte herum und erkannte Liam und Zoe von weitem. Liam, was tat er denn hier?

Nervös strich ich meine Haare hinters Ohr, steckte meine Hande in die Jackentaschen und tat so, als würde ich die beiden nicht sehen.

Als mich Liam und Zoe erreichten, begrüßte Liam mich freundlich.

"Hi", murmelte ich. Wieso war ich nur so nervös?!

Zoe sagte nichts und zog Liam weiter, doch ich hielt sie an ihrer Hand zurück. Überraschung blitzte in ihren strahlend blauen Augen auf. Sie würde nie aufhören zu strahlen. Sie konnte noch so zickig sein, diese Ausstrahlung hatte nur sie, und das ließ sie sich nicht nehmen.

Doch ich strahlte auch... vor Wut.

Sie entzog sich meinem Griff und gab Liam einen Kuss, auf den Mund. Miststück! Ich senkte den Kopf, während sich mir der Magen umdrehte.

Nelly! Gott, was ist denn los? Das kann dir doch egal sein.

"Geh schon mal vor", hauchte sie zuckersüß, "ich komm dann nach, und wenn nicht, sehen wir uns morgen, und telefonieren heute noch, und schreiben, und..."

Genervt packte ich Zoe wieder am Arm und zog sie weg. "Schönen Tag noch, Liam!", rief ich Zoes Freund hinter her. Wut mischte sich mit schlechtem Gewissen. Hätte ich Zoe nicht so aus ihren Gedanken gerissen, wäre sie bestimmt nicht so reizbar.

"Du bist das Nervigste, was ich in meinem Leben kennen gelernt habe, Nelly! Ich kenn dich jetzt schon so lange und wir haben uns nie gestritten!" Zoe war auf 180, und wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht wirklich warum.

"Das liegt vielleicht daran, dass wir nie Freunde waren!" Ich ließ sie keine Sekunde aus den Augen, damit mir keine ihrer Reaktionen entging.

Plötzlich vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen und brach in Tränen aus.

"Man Zoe! Hör auf..." Ich konnte es jetzt gar nicht gebrauchen, dass sie weinte.

Sie sank zu Boden und achtete gar nicht mehr auf mich. Da mich diese Situation irgendwie überforderte, tat ich das, was ich in diesem Moment für richtig hielt. Vorsichtig setzte ich mich neben sie auf den Bordstein, der eiskalt war und noch dazu klitschnass. Da ich keine Ahnung hatte, wie sie reagieren würde, wenn ich sie umarmen würde, strich ihr erst die Haare aus dem Gesicht, und kurz darauf stürzte sie sich selbst in meine Arme.

Überrascht aber auch erleichtert, schloss ich auch meine Arme um sie und vergrub mein Gesicht in ihrem Schal, der so typisch nach Zoe roch. Ein wenig nach Heu und Pferd und nach Parfum. Und es tat gut, Zoe grad so nah zu sein.

Sie beruhigte sich nach einer Weile wieder, und löste sich schluchzend von mir.

"Tut mir leid", murmelte sie und wischte sich die Tränen von den Wangen.

"Mir auch." Ich reichte ihr ein Taschentuch, dass sie dankend entgegen nahm. Der Regen prasselte auf unsere Jacken, und durchnässte uns bis auf die Knochen.

"Ich war so eine Idiotin. Ich hab alles um mich herum ausgeblendet und mich wie ein Kleinkind verhalten." Beschämt sah Zoe auf ihre Schuhe.

Ihr war anzusehen, dass sie es ernst meinte, und das erleichterte mich.

"Zoe, es gibt da ein paar Vorfälle, die du wissen solltest..." Ich erzählte Zoe bis ins kleinste Detail von Saphiras Kälteempfinden und dem schwarzen Blut in ihr.

Zoe hörte mir aufmerksam zu, ohne Unterbrechungen. Als ich geendet hatte, nickte Zoe und wirkte wieder stark. Ihre Augen glänzten leicht vor Abenteuerlust und ein kleines Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.

"Wir müssen noch mal dort hin", stellte sie fest. "Ich rufe später Saphira an, und du kannst Aby informieren. Wie sieht es Samstag Nachmittag aus?"

Ich ging meine Termine im Kopf durch und nickte schließlich. "Das sollte klappen."

"Sehr gut, ich werde Liam auch nichts mehr erzählen, versprochen." Allein der Gedanke an ihn ließ mein Herz schneller schlagen.

Nelly, er hat dich verascht, und er würde es wieder tun. Und außerdem ist er mit Zoe zusammen.

Ich stand auf und wischte mir die Regentropfen vom Gesicht. Auch Zoe stand auf und umarmte mich noch mal kurz.

"Danke!", flüsterte sie noch.

Dann drehte sie sich um und lief nach Hause.

Das Geheimnis der grünen InselWhere stories live. Discover now