29. Kapitel

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Saphiras Sicht:

"Salvan!" Meine Stimme hallte durch den Saal. Ich tat ein paar Schritte in Richtung Saalmitte, und schon stand der große Dämon neben mir, erschrocken wich ich zurück. "Kannst du das...", fing ich an, doch ich hatte Angst vor Salvans Reaktion.

"Kann ich was?", fragte er forsch, und ich konnte das fiese Grinsen in seinem unheimlichen Gesicht fast hören. "Nichts, schon gut." Mein Herz klopfte schneller als es sollte, doch ich versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren.

"Was willst du?" Salvans Stimme wurde lauter, je näher er mir kam, und ich hasste sowas, ich fühlte mich eigeengt und hatte Angst. Meine Hände zitterten, als er langsam um mich herum lief.

"Ich wollte... ich will, dass du... dass du aufhörst mich zu kontrollieren!" Ich drehte meinen Kopf nach links, um dem Dämon nicht in die pechschwarzen Augen sehen zu müssen.

"Sie mich an", hauchte er mit seiner tiefen Stimme. Mein Puls raste mittlerweile, und ich tat, wie mir befohlen.

Seine Augen waren wie zwei Löcher, deren Gründe man besser nicht erkunden sollte. Nachdem er mit seinen viel zu langen Fingernägeln meine Wange entlang gestrichen ist, wanderten sie hinunter zu meinem Hals, wo er meine Haare über meine Schulter legte, damit er freie Sicht auf meine schwarzen Adern hatte. Sie zuckten wahrscheinlich fast hoch zu meinem Gesicht. Widerlich diese Vorstellung, so abwärtiges Blut in einem zu haben!

"Es ist wunderschön", raunte Salvan, sein eiskalter Atem legte sich auf mein Gesicht. Ich schloss betend die Augen, und spürte, wie Salvan seinen Fingernagel in meinen Hals bohrte. Erst ganz langsam, dann wurde er immer dominanter und drückte sehr fest zu, sodass mir ein kleiner Schrei entwich.

Ich fiel zur Seite und wäre fast umgeknickt, hätte Salvan mich nicht blitzschnell aufgefangen und seine haarigen Arme um mich geschlungen. Doch zu fallen wäre mir lieber gewesen, als in seiner Macht zu stehen. "Hat das wehgetan?", fragte er in einem abfälligen und belustigten Ton.

Ich zitterte nur noch stärker und mir liefen sogar einige Tränen die Wange hinunter. "Das heißt dann wohl ja." Salvan ließ mich los und stand mir direkt gegenüber.

"Du bist her gekommen. Und ich sage dir eins, du bist schwach. Schwach. Und deshalb habe ich dich ausgesucht, fühle dich geehrt. Deine kleinen Freunde würden ohne dich nie meinen Befehlen folgen. Also brauchen sie jemanden wie mich, der sie führt, und jemanden wie dich, der sie dazu bringt. Du führst dich und die anderen in die Hölle!" Salvan lachte hämisch.

Ich konnte diesem Druck nicht mehr standhalten und brach zu Boden. Panisch versuchte ich wieder aufzustehen, doch ich stolperte über meine eigenen Füße und kam unsanft auf dem Boden auf. "Sieh dich an! Du bist nichts, das einzige..."

Seine Stimme ging unter, als die Eisentür aufgebrochen wurde. Salvans Kopf schnellte zur Tür, genau wie meiner. Nelly stand breitbeinig vor der Tür und betrachtete für ein paar Sekunden die Situation. Als sie mich am Boden sah rannte sie zu mir und zog mich auf die Beine. "Was ist passiert?", fragte sie mich hysterisch und beachtete Salvan gar nicht.

"Was machst du hier?", antwortete ich ihr mit einer Gegenfrage und suchte Schutz hinter Nelly.

"Rotschopf!" Salvan schien erfreut über Nellys Anwesenheit zu sein.

"Was hast du mit ihr gemacht! Sie benimmt sich so komisch! Das gar nicht ihre Art, du hast was damit zu tun!" Nellys laute Stimme überraschte den Dämon etwas, doch er grinste nur weiterhin. "Ich bin nicht taub, Kleines. Ich habe deiner Freundin nur ein paar Tipps gegeben, wie ihr den Anhänger finden könnt. Ich kann euch leider nicht begleiten, ihr wisst wieso. Ich wünschte ich wäre die ganze Zeit bei euch..." Sein Blick galt einzig und allein mir was mich auf den Boden sehen ließ. Eine unangenehme Stille breitete sich über uns aus.

"Das bist du doch schon!" Nellys Stimme holte mich zurück. "Du bist in ihr drin!" Das sagte sie recht leise aber immer noch sehr wütend.

"Ihr solltet jetzt gehen." Salvans Stimme war plötzlich eiskalt und duldete keinerlei Widerrede. "Denk ich auch, komm Nelly!" Ich zog sie hinter mir her, auch wenn ich wusste, dass sie liebend gern geblieben wäre.

"Saphira!", zischte sie, als ich sie schon hinaus geschliffen hatte. Wütend riss sie sich von mir los und verschränkte die Arme. Sie kochte innerlich vor Wut. Hatte sie denn gar keine Angst?

"Er macht dich kaputt!" Sie war total aufgebracht. Wir entfernten uns langsam aber sicher von der Burg.

"Nelly, hör zu. Auch wenn ein Teil von ihm, ein Teil von mir ist, weiß ich was ich tue." Das hoffte ich zumindest. Ich wusste selbst ganz genau, dass Salvan mich manipulierte. Aber was konnte ich schon machen?

"Saphira ich mach mir einfach Sorgen um dich!" Nelly war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Behutsam nahm ich sie in die Arme und strich ihr übers Haar. "Das musst du nicht, ich... schaffe das schon irgendwie." Ich klang zuversichtlicher als ich mich fühlte. Doch ich hoffte Nelly würde sich beruhigen. Grob löste sie sich von mir und sah mich aus ihren grünen Augen trotzig an.

"Was ist?", fragte ich leise. Nelly schüttelte nur den Kopf und stand auf.

"Wir sehen uns morgen in der Schule", meinte sie mit einem letzten durchdringendem Blick, bevor sie durch das hohe Gras stapfte und den Hügel hinunter lief.

Seufzend raffte ich mich auf und lief ihr langsam mit großem Abstand hinterher. Nachdem ich mich ebenfalls durch das Gestrüpp gekämpft hatte, stand ich auf dem Hügel, und hatte freie Sicht über Meilen. Ich konnte sogar Abys Haus sehen. Dahinter, weiter rechts, lag das große kalte Meer, dass sachte gegen die Klippen schwappte. Von hier aus sah der Ozean gar nicht wild aus, eher ruhig und seelenenspannt. Ich wusste allerdings, dass da unten die Post abging, doch diese Sichtweise mochte ich viel lieber. Der Wind wehte durch meine Haare und zerzauste diese. Ich strich mir Strähnen aus dem Gesicht und musste blinzeln, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ich ließ meinen Blick weiter über diese unbeschreiblich schöne Landschaft schweifen. Ich erkannte Nelly, wie sie in Richtung Abys Haus radelte. Ihr Fahrrad hatte sie vorhin wieder mitgenommen. Zu meiner Überraschung war ein weiteres Mädches draußen, dei auf Nelly zukam. Ich war mir ziemlich sicher, dass es Aby war. Ich konnte nicht viel erkennen, und ich wollte die beiden auch nicht ausspionieren, aber mein Interesse war geweckt.

Ich schloss die Augen und als ich den Hügel hinunter rannte strömte die kühle Luft durch meine Lungen.

Weiter unten verlangsamte ich mein Tempo und versuchte meinen Puls wieder zu normalisieren. Etwas außer Atem ging ich weiter auf meine Freundinnen zu, jedoch mit gewissem Abstand.

Sie standen außerhalb des Gartens und unterhielten sich. Wahrscheinlich über die Ereignisse die sich soeben abgespielt hatten. Nellys Fahhrad ist achtlos und ins Gras geschmissen worden.

Nach ein paar Minuten umarmte Aby ihre Freundin, und zwar nicht so kurz und herzlos wie sonst, sondern länger und sie vergrub ihr Gesicht in Nellys Haaren. Die beiden waren so süß, sie waren tolle Freundinnen. Ich bewunderte beide für diese Ausdauer mit dem jeweilig anderen, denn sie hatten beide recht verschiedene Charaktere. Doch vielleicht war es genau das, was sie brauchten, und nur nicht wussten.

Auf einmal löste sich Nelly langsam und sank zu Boden, ihre Hände aufs Gesicht gelegt. Sie sah ziemlich fertig aus. Schuldgefühle machten sich in mir breit, denn ich wusste, dass ich der Grund dafür war.

Gerade als ich wieder gehen wollte und Aby mit Nelly allein lassen wollte, wehte mir ein süßlicher Duft entgegen. Ich wandte den Kopf in alle Richtungen, und sah sie plötzlich, wie eine helle Silhouette. Ein Mädchen, meines Alters. Hellblondes, fast weißes Haar, seitlich über die Schulter gelegt, stahlblaue Augen, rosige Wangen und glänzende Lippen. Sie sah sehr zierlich aus, und schwebte ein paar Zentimeter über dem Boden. Sie war wie ein Engel, nur viel schöner. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich anders, einfach sicher, entschlossen und total von meiner Meinung überzeugt.

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, was das Mädchen nur erwiderte. "Anaballe!", hauchte ich freudig.
"Saphira, möchtest du nicht endlich finden was du suchst? Du und deine Freundinnen?" Ihre Stimme war mit purer Liebe gefüllt, und klang unheimlich warm und einladend.

"Sie glauben mir nicht." Beschämt senkte ich den Kopf.

"Schau nicht so traurig. Du bist klüger als du denkst, und stärker als du aussiehst! Du wirst die anderen noch überzeugen. Ich weiß, dass ist es doch was ihr wollt. Den Anhänger..."

Das Geheimnis der grünen InselWhere stories live. Discover now