Ich komm wieder

1.2K 91 6
                                    


*Sicht Manuel*

„Guten Morgen", raunte Patrick mir ins Ohr, als ich meine Augen öffnete. „Morgen", nuschelte ich ins Kissen hinein und vergrub meinen Kopf da drin. „Gut geschlafen?", fragte er und kuschelte sich an mich ran. Seinen Arm schlang er dabei um mich rum und zog mich auch noch ein Stück näher an sich. „Wie ein Stein. Und du?", antwortete ich. „Du hast die Nacht ganz schöne Akrobatik Übungen gemacht. Hast du schlecht geräumt?", wollte er wissen. Ich runzelte die Stirn. Tatsächlich habe ich von meiner Vergangenheit geträumt. Eher gesagt von meiner Kindheit. Es war grausam gewesen, die Bilder wieder im Kopf zu haben. Die Bilder, wie mein Erzeuger meine Mutter schlug, bis sie aus der Nase blutete. Wie Mama blaue flecken am ganzen Körper hatte. Ich kniff meine Augen zu. Diese Bilder waren so lange aus meinem Unterbewusstsein verschwunden und nur weil Stephan, dieses verdammte Arschloch, gestern mit diesem abartigen Menschen ankam, waren sie wieder da. „Ich weiß nicht, was ich die Nacht geträumt habe. Kann mich an nichts erinnern." Ich redete mit niemanden über meine Kindheit. Oder über meinen, ach so tollen Vater. „Achso. Du Manu, ich wollt nochmal mit dir reden", fing Patrick an. Seine Stimme klang so nervös. Ich drehte mich um, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Worüber?", fragte ich sanft, damit er sich nicht so eingeschüchtert fühlte. Warum auch immer. „Naja, wegen gestern. Wieso warst du gestern so fertig, als Andra gegangen war?" Ich schaute ihm tief in die Augen, als er die Frage stellte. Ich war froh, dass er mich nicht auf meinen Erzeuger ansprach. Ich kuschelte mich näher an ihn. „Naja, irgendwie vermisse ich meine Familie. Ich will sie wirklich öfter Besuchen. Meine Mutter ist schon so alt und du weißt wie das ist. Es kann jede Sekunde vorbei sein." Es war ja auch die Wahrheit. Palle streichelte mein Haar und schaute mich verträumt an. „Wir können hier öfter herkommen. Das ist doch kein Problem", sagte er schließlich. Ich küsste ihn zärtlich, was er direkt erwiderte. „Kann ich dich noch was fragen?" Ich nickte. „Wollen wir nochmal nach Köln, bevor wir wieder Heim fahren? Die anderen besuchen. Wir können ja im UFO übernachten", schlug er vor. Ich atmete tief ein.

Ich hatte die anderen zwar schon häufig gesehen, jedoch war ich nie wirklich scharf darauf Zeit mit ihnen zu verbringen. Den einzigen Menschen, mit dem ich gerne Persönlich Zeit verbrach, war Patrick. Und natürlich meine Familie. Aber ich konnte ihm ja nicht den Wunsch abschlagen, seine Freunde zu sehen. „Meinet wegen", antwortete ich also. Patrick grinste und küsste meine Stirn.

Die Tage bei Mama vergingen schnell. Jeden Tag der gleiche Rhythmus. Aufstehen, Frühstücken, reden, essen, reden, essen, vielleicht noch zwischen drin ein Film sehen oder Spazieren gehen. Und jetzt war der Tag, an dem wir wieder wegfuhren. Weg aus Essen und weg von meiner Familie. Mama verabschiedete sich zuerst von Palle, und er ging mit unserem Gepäck schonmal vor, zu unserem Auto. Ich blieb im Flur stehen und schaute meine Mutter an. Ich wusste nicht, wann ich das nächste Mal herkommen würde. Es könnte das letzte Mal sein, dass ich sie sehe. Mein Herz machte einen spürbaren Satz. Ich ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Mach's gut", seufzte sie. Ich schloss meine Augen und drückte sie. „Ich komm bald wieder, versprochen", sagte ich und löste mich von ihr. Sie lächelte mich an. „Kommt gut heim und melde dich, wenn du angekommen bist." Typisch Mütter. „Wir fahren noch nach Köln. Paar Freunde treffen. Aber ich melde mich, wenn ich wieder in Hamburg bin. Mach dir keine Sorgen", lächelte ich zurück. Dann sagten wir uns nochmal Tschüss und ich verließ das Haus. Es fiel mir schwer, von ihr weg zu gehen. Seit wann war ich so?

Ich ging zum Auto, wo Patrick schon auf mich wartete und stieg ein. „Lass uns", sagte ich und schnallte mich an. Palle startete den Motor und wir fuhren los, richtung Köln.

Der Vater hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt