Kapitel 1 - Old Habits

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Wenn man im Büro des Direktors saß, kam man sich auf einmal ganz klein vor. Wie ein Winzling, ein Zwerg. Es war nicht das erste Mal, dass ich es mir tief in einem dieser Stühle gemütlich gemacht hatte. In jenen, in denen man förmlich versank oder vielmehr versinken wollte. Jeden Augenblick würden meine Eltern mit einem besorgten Blick durch diese Tür schreiten und den Direktor davon überzeugen würden, dass ich ein anständiges Mädchen wäre und so etwas nie tun würde, was auch immer mir die Schule vorwerfen mochte. War es denn nicht genau das, was Eltern immer taten und Direktoren oder Lehrer genauso immer zu hören bekamen? Eine Endlosschleife, die für beide Seiten genauso ermüdend wie langweilig war? Aber auch für mich fühlte es sich wie eine Wiederholung an, jedoch keine sonderlich schöne. So als hätte jemand Zuhause auf Replay gedrückt und ließ mich diesen Alptraum nochmals durchleben. Nur leider war das hier die harte Realität und dem Gesichtsausdruck des Rektors nach zu deuten, saß ich in ernsthaften Schwierigkeiten.

Nervös kaute ich meine Unterlippe wund, blickte im stetigen Takt auf die Wanduhr, die über einigen eingerahmten Urkunden der Schule hing. 15:46 Uhr. Weshalb brauchten sie so lange?

Der Blick des Direktors lag schwer wie ein Stein auf mir und das Prasseln seiner Fingerspitzen auf seinem teuren Mahagonischreibtisch vermischte sich mit dem Ticken der Uhr. Ob er mich damit noch nervöser machen wollte? Bestimmt. Doch ich wagte es trotzdem nicht, ihn anzusehen. Nicht, weil ich Angst vor ihm hatte, sondern vielmehr davor, dass mir ein weiteres Mal nicht geglaubt werden würde. So wie vergangenes Jahr, als ich von meiner alten Schule geworfen worden war. Angeblich hatte ich die Cafeteria in Brand gesetzt. Ihr fragt, was vorgefallen war? Naja, wie sollte man etwas am besten beschreiben, wenn es dafür ganz klar keine logische Erklärung gab? Beginnen wir also mit meiner Version der Geschichte: Ein simpler Griff zu meiner Serviette, ein leises Zischen, gefolgt von einem lichterloh brennenden Tisch. So als wären kleine Funken aus meiner Hand entsprungen und hätten alles in Brand gesetzt. Das Feuer hatte sich rasend schnell ausgebreitet und den Tisch lichterloh brennen lassen. Schneller als es für jedes normale Feuer üblich gewesen wäre. Und dann hatte es Besitz von den Sitzbänken und den nächsten und daraufhin dem übernächsten Tisch ergriffen... und so weiter und so fort. Alles war so schnell gegangen. Zum Glück war ich wie üblich allein am Tisch gesessen, hatte mich in Sicherheit bringen können, noch bevor mich das Feuer erreichte und mir meine Augenbrauen versengen konnte. Verletzt wurde glücklicherweise niemand, doch der Schaden war immens gewesen. Ungewöhnlich, dass aufgrund eines brennenden Tisches so plötzlich auch alles Umliegende so rasch zu brennen begann, nicht wahr? Wie gesagt: Es gab dafür nun mal keine einleuchtende Erklärung und noch weniger einleuchtende Beweise. Als sie mich später durchsuchten, hatten sie nichts gefunden. Kein Feuerzeug, keine Brandhölzer, gar nichts. Zumindest nichts, was ein Feuer verursachen könnte. Doch es war mein Tisch gewesen, der auf unerklärliche Weise zu brennen begonnen und damit beinahe die ganze Cafeteria in Brand gesetzt hatte. Selbst dann, als sie an mir nichts gefunden hatten, waren alle stark davon überzeugt gewesen, dass ich das brandverursachende Objekt vor der Durchsuchung losgeworden und dafür verantwortlich wäre. Zumindest hatte es vermeintliche Zeugen gegeben, die irgendein sonderbares Objekt an mir gesehen hatten. Zigaretten oder sowas. Es war zu einer Anzeige und im Anschluss darauf auch zu einem Prozess gekommen. Mangels eindeutiger Beweise und wegen meiner Minderjährigkeit war ich jedoch freigesprochen worden, was die Schule allerdings nicht an einem Schulrauswurf gehindert hatte. Meine Eltern hatten sich über diesen Vorfall nie geäußert, doch man hatte ihnen ansehen können, dass sie nicht wussten, was sie glauben sollten. Das war das Schmerzlichste daran gewesen. Im Anschluss war ich auf diese Privatschule hier geschickt worden. Keine billige, versteht sich, was man hier in diesem Büro allein schon an den vielen Auszeichnungen unweigerlich erkennen konnte, oder den vielen kunstvollen Gemälden an den Wänden, die den Raum irgendwie überfüllt wirken ließen – und natürlich an diesem dämlichen Mahagonischreibtisch, auf dem der Direktor weiterhin mit seinen Fingerspitzen prasselte.

Till the End (Harry Potter FanFiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt