[Kapitel 21/Teil 3]

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*Noan POV*

-Mitte des 19. Jahrhunderts-

Elara wehrte sich nicht gegen die Umarmung, doch schien sie sie auch nicht erwidern zu wollen. Trotzdem entfernte sie sich nicht von mir. Ich wollte es nicht riskieren sie noch einmal zu verlieren. Vor gerade einmal etwas mehr als vierundzwanzig Stunden hatte ich sie fast für immer verloren. Ihr Herz hatte schon aufgehört zu schlagen. Meine Worte schienen sie, so leblos wie sie in meinen Armen lag, nicht zu erreichen. Erst als ich ihr meine Lippen fest auf ihre drückte, schnappte sie wie eine Ertrinkende nach Luft.

Es war ganz sicher nicht gut Elara, ohne ihr Einverständnis, einen Kuss zu stehlen, doch ließ ich mich in dem Moment von meinen Gefühlen leiten um mich wenigstens zu verabschieden. Als sie plötzlich wieder atmete legte ich sie wieder zurück in ihr Bett während ich ihr immer und immer wieder versicherte, dass meine Seele nun ihr gehörte, bevor ich mich auf den Weg machte um den Arzt zu rufen. Dieser hatte mich sofort aus dem Gästezimmer geschickt als er bemerkte wie sehr ich mich an sie klammerte. Er konnte sie durch mich wahrscheinlich nicht wirklich untersuchen.

Ich redete mir ein ich hätte ihr durch meinen Kuss wieder etwas Leben eingehaucht. Seelengefährten waren dafür bekannt welch große Wunder sie zusammen erbringen konnten.

Ich war so erleichtert, dass es ihr gut ging. Sie lebte. Doch sie schien sich unserer neunen Situation nicht ganz geheuer zu sein. Ich konnte ihre Zurückhaltung durchaus nachvollziehen, denn auch ich wäre einer vergebenen Frau niemals zu nahe getreten, auch wenn es sich dabei um meine Gefährtin handelte.

Elara wehrte sich trotz unseren Versprechen strickt gegen unsere Verbindung, als würde sie hoffen, dass sie es ungeschehen machen könnte. Vorher sah sie mich wenigstens noch an als ich mit ihr in dem selben Zimmer stand, doch als unsere Seelen plötzlich verbunden waren schien es sie deutlich zu überfordern.

Da wusste ich ja auch noch nicht, dass auch sie eine Beziehung führte. Sie stand sicherlich zwischen zwei Stühlen. Ich konnte es mir gar nicht vorstellen wie schwer es für sie sein musste sich ungewollt für einen anderen Mann entscheiden zu müssen als für den, den sie liebte. Ich selbst hatte schon bei einer Scheinbeziehung meine Probleme.

"Es tut mir leid." versuchte ich die Stille zwischen uns zu brechen. Und hoffte einfach nur auf eine Reaktion ihrerseits.

"An dem Tag der Versammlung hatte ich schon lange vor dem Tunnel der durch die Berge führte diese Melodie gespürt." sprach Elara wie in einer Trance. "Sie fühlte sich an wie zu Hause. Noch konnte ich nicht ganz verstehen, was das bedeutete, doch ließ ich mich von ihr leiten. In dem Moment als ich dich sah hatte ich gehofft, dass das nicht noch eine Lektion des Lebens war. Nicht noch eine unmögliche Aufgabe Solaris'. Ich habe gehofft, dass meine Einsamkeit durch dich endlich ein Ende finden würde." Sie drückte mich ein Stückweit von sich um freier sprechen zu können, jedoch war der Abstand klein genug um ihren Atem auf meiner Brust spüren zu können die sich ihr durch die wenigen offenen Knöpfe meines weißen Hemdes offenbarte. Ich legte meine Hände auf ihre Oberarme um sie davor zu hindern noch mehr abstand zwischen uns zu schaffen. "Kurz darauf erkannte ich, dass du schon vergeben warst. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie schwer Worte wiegen können, wenn sie einem im Hals stecken bleiben.. noch schwerer wenn man sie zur Liebe einer Freundin nicht aussprechen kann."

Ich schwieg nun genau so wie sie es getan hatte und ließ sie aussprechen. Sie verdiente es endlich all ihren Leid in Worte zu fassen. "Ich brauchte nur einen Moment. Einen kurzen Moment in dem ich die Maske einer starken selbstbewussten Frau absetzen konnte um einmal tief durchatmen zu können. Die Maske schien mich fast schon zu erdrücken. Da kam Ansu in den Thronsaal. Das war für mich die Chance meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Für euch war ich nur eine erleichterte Freundin die ihren langersehnten Freund wieder hatte. Für mich war es ein Moment der Freiheit."

Vorsichtig hob Elara ihre Hände und platzierte sie über ihre Brust gekreuzt auf meine. "Ich weiß nicht wann und wie ich über die Geschehnisse der letzten Jahrhunderte hinweg kommen werde. Dazu kommt auch das Leid aus den letzten Wochen. Ich weiß auch nicht wie ich dir verzeihen könnte, wenn nicht auch ich dir eine Scheinbeziehung vorgegaukelt hätte."

Sie war nicht die Freundin des Verräters.

Schon wieder überkamen mich die Gefühle und plötzlich drückte ich sie wieder fest gegen meine Brust.
Dieses Mal löste Elara sich sofort aus meinem Griff und ging sogar einen kleinen Schritt auf abstand. "Das heißt nicht, dass wir plötzlich ein glückliches Paar sein werden. Das heißt nur, dass die Hoffnung nicht komplett verloren ist." Elara wirkte in dem Moment so selbstbewusst und auch so sehr von ihren Worten überzeugt, dass sich meine Brust mit so viel Stolz füllte. Meine Gefährtin war so viel stärker, als sie es glaubte.

"Das genügt mir." nickte ich ihr eifrig zu und wollte sie noch einmal in den Arm nehmen, doch sie hielt mich davon ab indem sie mir ihre Hand auf die Brust legte und mich weiterhin auf abstand hielt. "Jetzt brauche ich aber wirklich die Zeit um die ich euch gebeten hatte. Ich werde auch mit Ansu sprechen müssen nur nicht heute Nacht."

Wie stellte sie sich vor für die ganze Nacht Ansu aus dem Weg gehen zu können, wenn dieser sich in ihrem Zimmer einquartiert hatte? Elara bemerkte wohl meinen besorgten Blick, denn sie lächelte mich knapp an bevor sie mir ihren Plan offenbarte. "Ich werde die heutige Nacht bei Vega verbringen, denn ich muss sicher gehen, dass es ihr gut geht. Du kannst also beruhigt sein." Ihr lächeln erreichte zwar nicht ihre Augen, jedoch genügte es mir dank ihren Worten für eine Aussicht auf eine ruhige Nacht.

Wenn ich nur gewusst hätte was noch auf mich zukommen würde..

MythosWhere stories live. Discover now