[Kapitel 16/Teil 1]

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*Elara POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Schon wieder war Vega früh am Morgen zu mir ins Zimmer gekommen und hatte auch das Buch mitgebracht. Sie war neben Astra die einzige die mich noch besuchte. Noan war schon länger nicht mehr bei mir gewesen. Wahrscheinlich war das auch der beste Weg für ihn und seine Beziehung mit Vega, denn so würden wir der Versuchung entgehen können einander zu nahe zu kommen. Es war sicherlich keine Lösung für unsere Probleme, doch schien es ihm keine weiteren Sorgen zu bereiten den abstand zu wahren.

Für mich bedeutete der Abstand außer einem Fieber und dem schmerz in meiner Brust auch keine Probleme. Sicherlich würde ich sobald ich wieder zu Hause war und etwas mehr abstand zwischen uns brachte schnell wieder gesund werden.

Auf dem Tablett was mir Astra jeden Morgen hinstellte, war neben einem üppigen Frühstück auch immer eine Tasse Kamillentee. Astra war sich sicher, dass der Tee einige meiner Sorgen in Luft auflösen würde, weshalb sie ihn mir jeden Morgen brachte. Sie brachte ihn mir, obwohl ich ihr schon oft genug gesagt hatte, dass ich ihn nicht mochte.

Statt mir also den Tee jeden Tag reinzuwürgen gab ich ihn Vega, denn es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass sie all ihre Tage mit einer Tasse Kamillentee startete. Auch heute hatte sie sich die dampfende Tasse von meinem Frühstückstablett stibitzt und saß mir nun gegenüber auf dem Bett während ich im Zimmer umherstreifte. Es war wie immer nicht einfach meinen fiebrigen Körper in Bewegung zu halten, jedoch schien ich fast keinen anderen Ausweg zu haben. Seit ich mich erinnern kann, konnte ich mich am besten konzentrieren wenn ich mich bewegte und da wir schon seit Tagen an ein und der selben Seite arbeiteten musste ich da durch. Sobald wir mit der ersten Seite fertig waren, würden die nächsten viel einfacher zu entziffern sein. Das redeten wir uns jedenfalls ein.

"Du solltest dich schonen." hörte ich Vega schon wieder murmeln, doch dieses Mal klang ihre Stimme weniger ernst als in den letzten Tagen. Sie hatte sich scheinbar auch schon an meine Situation gewöhnt. Vorsichtig pustete sie in ihre Tasse bevor sie bedacht einen kleinen Schluck trank. "Wie lange willst du dir das eigentlich noch antun?" schon wieder nahm sie einen kleinen vorsichtigen Schluck aus ihrer Tasse. "Ich werde schon irgendwie wieder Gesund werden, lass uns einfach weiter machen." Ich wusste, dass sie mir nicht glauben würde, denn das tat sie schon seit einiger Zeit schon nicht mehr. "Dein Fieber wird nicht sinken solange du dich weigerst deinem Körper etwas mehr Ruhe zu gönnen." ich war zwar stehen geblieben, jedoch antwortete ich ihr nicht. Mir war in dem Moment zu schwindelig um auch nur einen Ton rauszubringen. Vorsichtig setzte ich mich an das Fußende des Bettes und wartete nur darauf, dass sich der Schwindel wieder lösen würde.

Es war schon zur Gewohnheit geworden, dass mir immer mal wieder schwindelig wurde. Der Fieber machte mir viel mehr zu schaffen als ich jemals zugeben würde. Anfangs konnte ich mein Unwohlsein noch ganz gut überspielen, jedoch war es in letzter Zeit unmöglich meine Krankheit zu verstecken.

Bis zum späten Abend saßen wir beide uns gegenüber und sprachen über mein Leben vor und nach der Prophezeiung, da Vega hoffte, dass wir in meiner Lebensgeschichte eine Formel finden könnten die uns weiter half. Auch wenn ich nicht glaubte, dass die Göttin Solaris sich die Mühe gemacht haben könnte eine Formel in meine Lebensgeschichte zu arbeiten, tat es mir gut über mein Leben zu sprechen. Erst als ich anfing über meine Eltern zu sprechen fiel mir auf, dass ich ihre Gesichter fast schon vergessen hatte. Ich hatte meine Vergangenheit einfach viel zu lange verdrängt. Langsam flossen mir die Tränen über mein, von dem Fieber schon deutlich blassem, Gesicht und hinterließen unangenehm kühle Spuren auf meinen Wangen.

Vega sah mir nur stumm entgegen und wartete darauf, dass ich weiter sprach. Sie schien zu wissen wann ich den Mitleid brauchte und wann das offene Ohr. Wir waren in den letzten Tagen ganz gute Freundinnen geworden, trotz meiner Gefühle zu ihrem Verlobten.

MythosWhere stories live. Discover now