[Kapitel 8/Teil 3]

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*Elara POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Ansu und ich machten uns schnellen Schrittes auf den Weg gen Norden und hielten erst nach wenigen Stunden an einem See an. Wir befanden uns an der nördlichen Grenze des drittsüdlichsten Gebietes. Diesen Teil bewachte ein gewisser Tarvos, aus dem engsten Kreis des Königs, mit seiner gesamten Familie. Ich hatte einst seinen Großvater kennengelernt und auch als einen guten Freund gewinnen können.

Es war schon sehr dunkel geworden nur der zunehmende Halbmond spendete uns noch etwas Licht. Ansu setzte sich entspannt an den See und füllte seine lederne Feldflasche. Danach streckte er seine Beine aus und schloss genüsslich seine Augen. Ich selbst war noch viel zu sehr in Alarmbereitschaft um auch nur ansatzweise an eine ruhige Pause denken zu können.

Ich fühlte mich hier in der Dunkelheit nicht sonderlich wohl. Mein rasendes Herz kam einfach nicht zur Ruhe, denn die Panik über die Geschehnisse steckte noch ganz tief in meinen Knochen.

"Wie lange werden wir hier bleiben? Ich muss weiter in den Norden." sprach ich ungeduldig während ich mich um meine eigene Achse drehte. Wir waren schon seit einigen Stunden an dem See und so langsam fühlte ich mich beobachtet. Ansu machte trotzdem keine Anstalten weiter gehen zu wollen. Ich fühlte mich bei ihm zwar recht sicher, doch hatte ich keine guten Erfahrungen gemacht als ich das letzte Mal an einem Gewässer eine Pause eingelegt hatte.

"Wir werden hier noch einige Zeit warten müssen, denn unsere Mitfahrgelegenheit haben wir leider knapp verpasst. Er kommt aber wie abgesprochen alle sechs Stunden regelmäßig hier her." Ansu schenkte mir ein warmes lächeln als würde er mich dadurch beruhigen wollen, allein der gedanke, dass er sich Sorgen über mich machte beruhigte mein Herz etwas. Er wäre im Notfall für mich da. Jemand sorgte sich nach so langer Zeit um mich. Ich lächelte zurück. "Vor einiger Zeit habe ich mir eine kleine Gruppe von vertrauenswürdigen Männern zusammen gesucht welche mir bei der Flucht mit den >Jungen Damen in Not< helfen." Sprach er mit geschwellter Brust.

"Jungen Damen in Not?" fragte ich verwundert und setzte mich nun doch noch mit an den See. "Du bist nicht das erste Opfer meines Vaters das ich aus seinen Fängen geholt habe, kleines Häschen." Antwortete er mir voller Stolz.
"Also hast du noch andere Häschen gerettet?" Fragte ich argwöhnisch.Das Wort Häschen hinterließ unerwarteterweise einen bitteren Nachgeschmack.
Ansu hielt mir grinsend seine mittlerweile wieder volle Feldflasche entgegen. "Du brachst nicht eifersüchtig sein, denn keines von den Mädchen war je mein Häschen." Sein grinsen wurde noch breiter als er seinen Blick zu mir schweifen ließ. Ich weiß nicht warum ich so empfindlich darauf reagierte, dass er auch andere Frauen so genannt haben könnte.

Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. "Ich bin nicht eifersüchtig.." versuchte ich mich aus der Situation zu retten, doch hatte Ansu mir meine Antwort nicht abgekauft. "Hmmm, rede dir das nur weiter ein." Nickte er mir zu. Bevor er weiter sprach klopfte Ansu mir ermutigend auf die Schuter "vielleicht glaubst du es dir ja irgendwann." Kurz setzte ich zu einer antwort an, doch kam mir auch mit bestem Willen kein Ton über die Lippen.
Peinlich berührt wendete ich meinen Blick stur in Richtung See und versuchte sein Grinsen so gut wie möglich zu ignorieren.
Gerade wollte ich ihn davon noch überzeugen und nun war ich mir da auch nicht mehr ganz so sicher.

"Wo musst du eigentlich hin?" fragte er mich beinahe nebensächlich. Ich war ihm dankbar, dass er mich aus der peinlichen Situation holte.  "Ganz in den Norden zu dem Tempel Solaris. Dort wartet eine sehr wichtige Aufgabe auf mich." Antwortete ich daher deutlich selbstbewusster. Ansu hingegen reagierte anders als erwartet, etwas zurückhaltender und setzte sich etwas auf. Er schien mit meiner Antwort nicht ganz zufrieden zu sein. "Was will das keine Häschen so weit in dem Norden?"

Auch wenn ich mich dazu entschieden hatte Ansu zu Vertrauen würde ich es nicht einmal versuchen ihm von der Prophezeiung zu erzählen. Solaris würde mich wahrscheinlich nur davon abgehalten, also antwortete ich ihm mit dem ersten Ausweg der mir in den Sinn kam. "Ich möchte den letzten Willen meiner Mutter verwirklichen." So hatte ich ihm zwar nicht die ganze Wahrheit erzählt, doch war meine Antwort auch nicht wirklich gelogen. Solaris hatte mir damals gesagt, ich wäre ab dem Tag an dem sie die Prophezeiung aussprach ihr Kind.

Ansu sah mich für einen Moment an bevor er seinen Blick nachdenklich in die Richtung des Mondes drehte. Er war sich nicht sicher ob er mir alles anvertrauen konnte. "Ich bin schon seit einer Ewigkeit nicht mehr in die nähe der Königsburg gegangen. Die Königsfamilie ist nicht all zu gut auf meinen Vater anzusprechen, daher hatte mir Vater vor Jahren schon verboten so weit in den Norden zu reisen." Sagte er dann noch wage. Er zögerte kurz bevor er tief Luft holte. Ihm schien dieses Thema an eine traurige Vergangenheit zu erinnern. "Nachdem mein Vater angefangen hatte durch dieses kriminelle Geschäft etwas mehr Geld zu verdienen entschied er sich mich von meinen Freunden zu trennen. Ich habe meine Jungs jetzt schon seit über fünf Jahren nicht mehr gesehen."

Bevor ich etwas zu seinen Worten sagen konnte, die er mir anvertraute hörte ich ein immer näher kommendes galoppieren aus der Ferne. Jemand war auf dem geraden Weg in unsere Richtung. "Da kommt jemand." flüsterte ich wieder in Alarmbereitschaft. Vorsichtig umarmte ich meine Tasche und stand so lautlos wie möglich auf. Ansu sah sich verwundert um und blieb entgegen meiner Erwartung einfach sitzen. "Da musst du dir etwas einbilden." sprach er nach kurzer Zeit schulterzuckend. "Ich bilde mir da ganz sicher nichts ein. Jetzt musst du mir vertrauen." sagte ich noch, doch kam meine Antwort viel zu spät. Die Kutsche dessen laute ich zuvor gehört hatte kam gerade mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu.

MythosWhere stories live. Discover now