[Kapitel 15/Teil 2]

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*Vega POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Ich hatte mich dazu entschieden Elara so gut wie möglich zu helfen die Schriften zu entziffern und würde erst danach versuchen Noans Gefühle, ein für alle Mal, für mich zu gewinnen. Wenn die Menschheit durch meine Hilfe an die letzten Worte der Göttin Solaris kommen konnten, würde Noan meine Stärke erkennen können. Er würde mich nicht mehr als das kleine Mädchen sehen, welches er hatte retten müssen. 

Klar ging es mir dabei nicht nur um Noan. Ich bin vielleicht die erste Frau seit über dreihundert Jahren die eine viel größere Aufgabe verkörperte als die meisten Männer aus der ganzen Menschheitsgeschichte. Ich würde es mir sicher nicht entgehen lassen den Männern zu zeigen, dass sie uns Frauen nicht unterschätzen sollten. Wir hatten mehr drauf als die meisten von ihnen, auch ohne göttliche Fügungen. 

Noan litt sehr unter seinen Sorgen um seine Gefährtin und kam erst wieder zu sich als auch seine Seelengefährtin ihr Bewusstsein wiedererlangte. Es würde nicht all zu leicht werden ihn von mir zu überzeugen, doch wollte ich einfach nicht aufgeben. 

Meine Rosarote Brille hielt mich davon ab zu erkennen, dass seine Verbindung zu Elara eine viel größere Rolle in unseren Leben spielte. Nicht nur in dem Leben der Menschen die mit ihr unter einem Dach, hier in der Königsburg, lebten, sondern in dem der ganzen Menschheit. Ohne Elara könnte ich das Buch niemals vollständig lesen, denn sie war nicht nur mit Noan sondern auch mit dem Buch seelisch verbunden. 

Das hohe Fieber unter dem Elara, seit unserem Gespräch, litt verband ich vorerst mit ihrer Erschöpfung. Elara hatte Jahrhunderte darauf gewartet endlich den Wünschen der Göttin nachzugehen, dann war sie tagelang durch den ganzen Kontinent gewandert um am Ende ihrer Erschöpfung nachzugeben. Ich dachte wirklich ihr Körper würde nur auf die Anstrengung reagieren und gegen einen erneuten Kraftaufwand protestieren.

Trotz ihrem Fieber arbeitete Elara täglich tapfer mit mir an dem blau ledernen Buch und versuchte sich ihren Zustand nicht anmerken zu lassen. Ich hatte ihr schon oft Medizin oder Tee gebracht und ihr auch mehrmals angeboten einige Tage Pause zu machen, doch wollte sie das Ganze so schnell wie möglich über sich bringen. Sie sprach immerzu davon, dass sie endlich nach Hause zurückgehen wollte. 

Während wir täglich an dem Buch arbeiteten störte uns keiner. Nicht einmal Nara kam zu uns ins Gästezimmer um nach uns zu sehen. Sie sprach mich zwar ab und an mal beim Frühstück an und versuchte mir Informationen zu entlocken, doch hielt Torin sie davon ab auf eine Antwort zu drängen. Ich verschwieg ihnen, dass wir auch nach so einer langen Zeit nichts brauchbares gefunden hatten. 

Elaras Fieber erhöhte sich von Tag zu Tag, während Noan immer müder wirkte. Es dauerte eine Weile bis ich eins und eins zusammen zählte. Auch Noan hatte unsere Treffen nicht unterbrochen. Erst dachte ich er würde sie nur dann besuchen wenn ich nicht bei ihr im Zimmer war, doch schien er ihr vollkommen aus dem Weg zu gehen. 

Ich versuchte mir einzureden, dass die beiden nicht auf meine Hilfe angewiesen waren. Elara und Noan waren in meinen Augen erwachsen genug um selbst entscheiden zu können ob und wann sie sich sehen, dass Noan viel zu stolz war sein Versprechen zu brechen ignorierte ich einfach. Elara war nicht weniger stolz als ihr Seelengefährte, denn soweit ich sie kannte würde sie einer Freundin niemals den Mann ausspannen. 

Erst als Elara, während eines unserer Treffen, mitten im Zimmer zusammensackte entschied ich mich entgegen ihrer Proteste unsere Sitzung zu unterbrechen und wieder zu Noan in das Esszimmer zu gehen um ihn zu ihr zu schicken. Keine Medizin oder auch kein Tee würden ihren Fieber senken, denn sie brauchte ihren Gefährten. Sie litt an der physischen Trennung ihrer Seelen, denn ihre Seelen hatten sich schon lange verbunden.

Für mich und Noan war es schon viel zu spät.

MythosWhere stories live. Discover now