Mythos

[Kapitel 21/Teil 2]

*Noan POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Ich hatte es scheinbar übertrieben. Bei dem Versuch ein Versprechen zu halten hatte ich fast eine der wichtigsten Personen in meinem Leben verloren. Klar kannte ich Elara gerade einmal wenige Wochen, doch war gerade sie die Person auf die ich so lange hatte warten müssen. Ich hatte auf meine Gefährtin gewartet, da ich mir mit einer für mich bestimmten Frau eine glückliche Familie wünschte. Eine in der die Mutter nicht vergewaltigt wurde. Eine in der die Kinder nicht ohne die Mutter aufwachsen mussten. Eine in der der Vater nicht seinen Verstand verlor und seinen Frust an seinem eigenen Fleisch und Blut ausließ.

Es war schon immer mein größter Wunsch gewesen, ein Teil einer intakten Familie zu sein.

Jetzt hatte ich sie endlich gefunden, doch war ich gerade kurz davor sie wieder zu verlieren. "Es tut mir leid." sprach ich meiner Schuld deutlich bewusst mit gesenktem Kopf. "Es tut mir schrecklich leid. Hätte ich gewusst, wie sehr du darunter leiden würdest, wäre ich sicherlich viel früher zu dir gekommen. Mir waren Vegas Gefühle schon seit einiger Zeit bewusst, dabei habe ich deine außeracht gelassen. Das war nicht richtig." Noch immer hielt ich meinen Blick gesenkt, doch konnte ich trotzdem sehen, dass Elara auf mich zu stampfte. "Nicht richtig?" sie versuchte mich zu schubsen. "Du sagst es war nicht richtig? Ich wäre fast gestorben. Das ist mehr als nur nicht richtig." Als Elara bemerkte, dass mich das Schubsen kein bisschen bewegte, daher fing sie an mir immer und immer wieder auf meine Brust einzuschlagen. "Wegen deiner Sturen Versuchung nicht das Herz einer anderen Frau zu brechen wäre ich fast zerbrochen." schluchzte sie auf.

"Elara bitte verstehe doch, es war nie meine Absicht gewesen dich zu verletzen." Auch ich war meinen Tränen sehr nahe. "Wäre ich damals die Verlobung mit Vega nicht eingegangen, hätte ihr Vater sie mit dem erstbesten Mann verheiratet den er hätte finden können. Sie fühlte sich von Anfang an schuldig. Ich wollte ihr nicht das Gefühl geben eine Last für mich zu sein. Sie ist erst 19. Fast noch ein Kind. Dabei hatte ich damals nicht wirklich damit gerechnet dich zu treffen. Als du dann doch durch das Tor des Tempels getreten warst fühlte ich mich so überfordert, dass ich mich an mein Versprechen klammerte. Das war sicher nicht Fair. Doch wusste ich einfach nicht wie ich damit umgehen sollte. Auf der einen Seite eine junge Frau welche durch mein Versprechen unter meiner Verantwortung stand und auf der anderen Seite die Frau auf die ich so lange hatte warten müssen." Vorsichtig sah ich zu ihr auf um mich zu vergewissern, dass sie noch vor mir stand, denn sie war plötzlich so leise geworden. Ich konnte nicht einmal mehr ihr Schluchzen hören.

Doch sie stand dort, mit ihrer Hand auf ihrem Mund als würde sie jegliche Reaktion davon abhalten wollen sich mir zu zeigen, doch ihre Augen verrieten sie. Ich hatte sie mit meinen Worten gebrochen.

"Ich habe mich fälschlicherweise für den einfacheren Weg entschieden und habe nur darauf gehofft, dass du mich verstehen würdest. Ich habe dummerweise einfach nur darauf gehofft, dass du mir verzeihst sobald du die Wahrheit erfährst. Als mir meine Dummheit bewusst wurde war es schon viel zu spät. Durch meine Entscheidungen hatte ich unsere Bindung so sehr beschädigt, dass ich dich fast verloren hätte bevor wir auch nur die Möglichkeit gehabt hatten einander richtig kennen zu lernen."

Elara vergrub ihr Gesicht in ihren zittrigen Händen und schluchzte herzzerreißend auf. "Es tut mir schrecklich leid. Glaube mir wenn ich könnte würde ich alles wieder rückgängig machen." Egal wie sehr ich es auch versuchte, keines meiner Worte schienen ihr zu genügen. Nichts schien ihr leid wieder gut zu machen.

Mit einem Mal überkam mich ein Blitzgedanke den ich ausführte ohne auch nur darüber nachzudenken. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie ganz fest gegen meine Brust. So sollte es nicht enden.

Auch ich fing bitterlich an zu weinen.