[Kapitel 20/Teil 6]

32 3 0
                                    

*Elara POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Der Boden unter meinen Füßen schien zu schwanken und meine Knie drohten nachzugeben. Ich drückte meine Hände noch fester um das Geländer um mich etwas sicherer zu fühlen. Das konnte alles doch nicht wahr sein. Ich war doch nur Elara die Tochter eines einfachen Ehepaares aus der Mittelschicht. Ein einfaches Mädchen. Wie konnte sich mein Leben wie auf einen Schlag so sehr verändern?

Solaris hatte mir nicht nur meine Familie und meine Vergangenheit genommen. Sie nahm mir mich. Solaris hatte mir versprochen mein Leben und auch das meiner Eltern zu verschonen, dabei hat sie nicht nur das Leben meiner Eltern zur Hölle gemacht, sondern hatte mir mein ganzes Leben genommen. Das war ganz sicher nicht das was wir abgemacht hatten. Wieso sollte ich mich dann noch an meinen Teil der Abmachung halten?

Hatte ich denn überhaupt eine Wahl?

Meine Atmung wurde immer hektischer und immer unkontrollierter. Es fühlte sich glatt danach an als würden sich meine Lungen nicht wirklich mit Sauerstoff füllen, sondern mit einem schmerzhaften Gas. Bei jedem Atemzug brannte meine Brust immer mehr. Ich schwitzte eiskalt. Meine Handflächen waren so nass, dass sie mir fast vom Geländer rutschten. Das alles war viel mehr als ich hätte tragen können.

"Ich.." versuchte ich Ansus Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, da er seinen Blick gen Himmel gehoben hatte als er keine Antworten auf seine Fragen bekam. "Luft.." noch immer sah er nicht zu mir. "Ich.. Luft.." Gerade als Ansu sich zu mir drehte packten mich zwei muskulöse Arme und zogen mich an eine feste Brust. Noan drehte meinen Rücken Richtung Mond und hielt mich ganz fest an sich gedrückt. "Du bist nicht alleine." hörte ich ihn mit einer festen Stimme flüstern. "Du wirst nie wieder alleine sein." Vorsichtig strich er mir meine vom Schweiß klebenden Haare aus meiner Stirn. "Du bist noch immer Elara. Dich gibt es wirklich. Du bist hier. Hier bei mir in Sicherheit." Er umschloss mein Gesicht mit beiden Händen und sah mir tief in die Augen. Noan schien ganz genau zu wissen was in mir vorging. Er ignorierte die Tatsache, dass mein angeblicher Freund neben uns stand. Er flüsterte mir so leise zu, dass Ansu ihn wahrscheinlich gar nicht so richtig verstehen konnte. Es ging ihm nicht darum Ansu oder sich selbst davon zu überzeugen mein rechtmäßiger Gefährte zu sein. Noan sprach nur zu mir. "Dich gibt es wirklich. Jetzt Atme ganz Tief durch. Vergiss was Solaris gesagt hat. Nun entscheidest du."... Jetzt entscheide ich.

Er hatte recht. Solaris hatte mich zu einer Göttin ernannt, vielleicht könnte ich mir mich wieder zurück holen. Dank Noan keimte in mir wieder die Hoffnung auf die ich schon vor langer Zeit aufgegeben hatte. Es ging mir nicht mehr nur um meine Freiheit. Vielleicht konnte ich die verhängnisvolle Nacht vor über drei Jahrhunderten nie wieder rückgängig machen, doch hatte ich jetzt so viele neue Möglichkeiten um das Leben wieder lebenswerter zu machen. Mit einem Mal schlang ich meine Arme um den Körper meines Gefährten und holte ganz tief Luft.

Solaris war Geschichte. Jetzt war ich dran.


MythosWhere stories live. Discover now