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Lou POV

Tatsächlich komme ich überraschend gut damit klar, dass wir doch recht früh in der Champions League ausgeschieden sind. Man konnte von uns nicht erwarten sich gegen so einen Top Club durchzusetzen. Ich weiß, dass es in den Medien trotzdem Kritik gibt, aber wir im Team können das alles gut aufarbeiten. Wir setzen uns zusammen und reden über die zwei Spiele, die Taktiken, das was gut funktioniert hat und das, was nicht gut war. So kennen am Ende sowohl die Spielerinnen als auch wir aus dem Trainerteam die Umstände und kommen zum Schluss, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn wir genauso weiter arbeiten, können wir in der nächste Saison mehr erreichen. In der Liga liegen wir aktuell auf Rang drei, allerdings punktgleich mit den auf Rang vier stehenden Frankfurterinnen. Aber noch gibt es genug Spieltage, um sich Rang drei zu festigen. Das ist das Ziel. Wir wollen uns wieder für die Champions League qualifizieren. Natürlich schaue ich dann auch Sveas Spiel gegen Juventus Turin. Sie spielt wieder richtig gut. Das beruhigt mich etwas. Doch trotzdem weiß ich, was ich tun muss. Ich rufe Tabea an. Tabea Sellner, eine langjährige sehr gute Freundin und jetzt Psychologin. Ich will, dass die ganzen Erinnerungen wieder der Vergangenheit angehören und ich Sveas Weg mit Freude und nicht mit Besorgnis verfolgen kann. Das schaffe ich gerade nicht alleine.

,,Mit wem hast du telefoniert?“, fragt Jule, als ich in die Küche komme. Sie kocht bereits das Abendessen. Es müssen bestimmt zwei Stunden gewesen sein, die Tabea und ich geredet haben. ,,Mit Tabs“, antworte ich. ,,Ich bin stolz auf dich.“ Jule legt ihren Kochlöffel weg, um mich zu küssen. ,,Danke. Was gibt’s zu essen?“ ,,Nudeln mit Lachs-Sahne-Soße.“ Sofort greife ich zum Löffel und kümmere ich weiter um die Soße. Das Gespräch mit Tabs war wichtig. Zwar war mir davor schon klar, dass ich Svea Zeit geben muss, aber es nochmal von einer Psychologin zu hören, bestätigt meine Annahme. Tabea und ich haben einen Plan ausgearbeitet, wie wir vorgehen, damit ich mich Stück für Stück wieder von meinen Erinnerungen lösen kann. Natürlich ist das, was vor gut 25 Jahren passiert ist, ein Teil von mir. Aber dieser Teil soll nicht mein jetziges Leben bestimmen.

Am Wochenende gewinnen wir souverän mit 5:0 gegen Duisburg, die dadurch nur noch mehr im Abstiegskampf festhängen. Nach einer guten Trainingswoche schlagen wir dann auch Potsdam 3:1. Somit stehen wir weiterhin auf Platz drei der Tabelle. Wir haben weiterhin absolut alles in unseren eigenen Händen. Doch erstmal gibt es die erste Länderspielpause dieses Jahres. Zufälligerweise spielt Deutschland an Sveas Geburtstag im Wolfsburg.


Svea POV

Als wir aus Dortmund zurückkommen, will ich sofort mit zu Hanna gehen. Doch Emy hält mich zurück. Etwas widerwillig fahre ich erstmal mit ihr zu unserer Wohnung, um meine ganzen Sachen abzulegen. Sie hat ja Recht, dass das Sinn macht. ,,Emy? Svea?“, höre ich eine Stimme, als wir die Wohnungstür aufschließen. Verwirrt drehe ich mich zu Emy um. Die grinst noch. Ich lasse meinen Koffer im Flur stehen und laufe ins Wohnzimmer. Dort sitzt Jade auf dem Sofa. Mein Rucksack rutscht von meiner Schulter. ,,Jade.“ Meine Stimme ist kaum lauter als ein Flüstern. ,,Svea.“ Immer noch mit Stiefeln und Winterjacke an, gehe ich langsam zum Sofa und setze mich neben sie. ,,Es tut mir so Leid“, flüstere ich. ,,Mir auch.“ ,,Dir muss nichts Leid tun. Es war meine Schuld.“ Ich räuspere mich, damit meine Stimme endlich etwas fester klingt. ,,Es tut mir so Leid, was meine Mom gesagt hat. Das war nicht richtig von ihr…“ ,,Aber die Wahrheit. Also nicht alles, aber der Vorfall mit meiner Mom. Es stimmt wirklich. Ich habe mit Leah geredet“, unterbricht mich Jade. ,,Okay, aber es ist nicht okay, dass sie so über dich reden. Es ist nicht okay, dass sie von deiner Mutter auf dich schließt. Und vor allem war es verdammt leichtsinnig von mir auf Lautsprecher zu telefonieren.“ ,,Trotzdem hätte ich nicht zuhören sollen. Das gehört sich nicht. Und ich hätte dir zuhören sollen.“ ,,Nein Jade, du musst dich nicht verteidigen. Es ist völlig okay, dass du verletzt warst, denn es war nicht gut von Lou. Es tut mir einfach verdammt Leid“, erwidere ich. ,,Es ist in Ordnung Svea. Meine Mom hat mir von Lou erzählt. Die Geschichte, die Lou dir erzählt hat, stimmt. Nur hat Lou das vergessen, was danach noch passiert ist. Leah hat versucht sich um sie zu kümmern. Sie wollte sich entschuldigen und schauen, dass es Lou mit dem Kreuzbandriss gut geht. Aber Lou hat das nicht zugelassen und hat dadurch auch immer noch das Bild von Leah, das sie dir geschildert hat.“ ,,Oh… ich mag deine Mom wirklich gerne“, sage ich. ,,Das habe ich Lou auch gesagt. Lou hat Leah nicht richtig kennenlernen können und dich schon gar nicht.“ ,,Das stimmt. Hast du nochmal mit ihr geredet?“, erkundigt sich Jade. ,,Nein. Wir haben seitdem keinen Kontakt mehr gehabt. Aber ich wollte erstmal andere Dinge wieder in Ordnung bringen.“ ,,Und die wären?“ ,,Uns. Ich wollte unsere Beziehung wieder in Ordnung bringen.“

Endlich blicke ich auf. Die ganze Zeit habe ich immer nach unten oder an Jade vorbei geschaut, aber jetzt sehe ich ihr direkt in die Augen. ,,Es tut mir Leid, dass ich so überreagiert habe.“ ,,Entschuldige dich nicht. Du warst verletzt und hattest jedes Recht sauer zu sein. Ich hoffe nur, du kannst mir verzeihen.“ ,,Säße ich sonst hier und hätte auf dich gewartet?“ Ich sehe ihr schwaches Lächeln. Dann legt sie ihre Hand ein Stück näher nach vorne. Ich nehme sie und spüre sofort das altbekannte Kribbeln. ,,Es tut mir so Leid, dass meine Mom dich nicht so akzeptiert, wie du bist.“ ,,Sie kennt mich ja auch nicht wirklich. Leah war anfangs auch ein klein wenig skeptisch. Nur hat sie dich eben als eine eigene Person gesehen und wollte dich kennenlernen und jetzt liebt sie dich fast mehr als mich“, meint Jade. ,,Wenn Lou das nur auch so gemacht hätte…“ ,,Vielleicht wird das ja noch. Aber es geht darum, dass wir zwei glücklich sind, nicht wahr?“ ,,Ja. Und das bin ich mit dir.“


Nach einer weiteren Trainingswoche für mich, Rehawoche für Jade und auch einem weiteren Treffen mit Sandra steht unser Ligaspiel gegen Bayern München an. Danach geht es in die Länderspielpause. Sandra und ich haben begonnen an einer Routine für mich zu arbeiten, mit der ich meine Nervosität ablegen soll. Demnach soll ich jetzt auf Kleinigkeiten achten, die ich vor einem Spiel mache, um diesen so etwas mehr Gewicht zu geben. Doch das ist gar nicht so einfach, da ich nie irgendwelche bestimmten Muster hatte. So stehe ich wieder zappelig im Tunnel. Ich will wieder gut spielen. Den letzten Lehrgang der Nationalmannschaft habe ich ja krankheitsbedingt verpasst und um mein Ziel, bei der EM dabei zu sein, zu erreichen, muss ich mich jetzt beweisen, damit ich bei den anstehenden Länderspielen spielen darf. Es gelingt mir. Zwar sind die Bayern aktuell nicht ganz so stark, aber trotzdem ist es wirklich nie leicht gegen sie zu spielen. Nach einer halben Stunde kann ich unser erstes Tor erzielen. Ich renne ein Stück und springe dann hoch, wobei ich meine Fersen aneinander schlage. Es war immer Jades Jubel und jetzt wo sie gerade nicht kann, übernehme ich das eben.




Kann gut sein, dass die Kapitel wieder unregelmäßiger kommen, da bei mir langsam die Uni los geht. Aber ich gebe mein bestes :)

Flowers grow back Where stories live. Discover now