29 | Fieber

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Svea POV

Ich blinzele zweimal und versuche mich daran zu erinnern, wo ich bin. Als es mir einfällt, spüre ich gleichzeitig den stechenden Schmerz hinter meiner Stirn pochen. Mir ist warm. Ich schlucke und spüre das Brennen in meinem Hals. Der Wecker schrillt immer noch zu laut in meinem Ohren. ,,Guten Morgen“, meint Emma, als sie endlich den Wecker ausstellt. ,,Morgen“, krächze ich. Ich will mich aufrichten, aber mir fehlt die Kraft dazu. ,,Alles gut?“ ,,Jaja, ich brauch nur noch kurz, um richtig wach zu werden.“ Meine Stimme klingt tatsächlich besser, als sie sich anfühlt. Das ist doch schon Mal was. Ich kann jetzt unmöglich krank werden. Wobei es zu allem irgendwie passen würde. ,,Dann schaue ich schon Mal, ob die anderen wach sind und geh ich ins Bad“, sagt Emma und steht auf. Als sie das Zimmer verlässt, schließe ich meine Augen wieder. Die Dunkelheit fühlt sich deutlich besser an, als das grelle Licht der Sonne, das durch die Vorhänge ins Zimmer scheint. Nur ein paar Minuten dann kann ich voll in den Tag durchstarten. Heute Morgen stehen die Medientermin an und nachmittags haben wir dann eine schöne zwei Stunden Einheit. Das wird knackig werden. Ich richte mich auf. Kurz dreht sich alles, aber dann geht es. Schnell ziehe ich mich um. Mittlerweile ist es Ende November und es wird langsam wirklich kalt draußen, vor allem morgens. ,,Da bist du ja“, meint Jenny, als ich aus dem Zimmer trete. ,,Guten Morgen“, erwidere ich und verdecke mit einem Lächeln meinen Zustand. Ich bin wirklich nicht fit, aber das geht schon. Auch ich gehe kurz ins Bad und mache mich fertig. Dann gehen wir zum Hauptgebäude fürs Frühstück. Die Gespräche der anderen drei dringen kaum zu mir durch. Mit einem Kaffee wird alles besser werden. Im Speisesaal angekommen, holen wir uns etwas zu essen und setzen uns dann zu viert an einen Tisch. Viele sind noch nicht da. Während Emma, Jenny und Tessa munter weiter reden und spekulieren, was wir nachher beim Media Day machen dürfen, stochere ich in meinem Müsli herum. Wirklich Hunger habe ich irgendwie nicht. Trotzdem zwinge ich mich dazu zu essen. Ich weiß, wie anstrengend der Tag heute wird. Da brauche ich Energie. Trotzdem brauche ich ewig, um zu frühstücken.

Schon gehen wir wieder zurück zu unseren Hütten, um uns für den Vormittag vorzubereiten. ,,Hey, alles okay?“, fragt Ida, die beim Gehen zu uns aufgeschlossen hat. ,,Ja klar, alles prima“, entgegne ich und versuche weiterhin das Pochen in meinem Kopf zu ignorieren. ,,Sehr gut. Dann sehen wir uns später.“ Sie glaubt mir nicht. Das sehe ich und dafür kenne ich Ida auch zu gut. Aber es ist besser zu zeigen, dass alles gut ist. Wenn ich mir jetzt noch einrede, dass ich wirklich krank werde, werde ich es erst Recht. Zurück im Häuschen sammeln wir unsere Sachen zusammen, die wir den Vormittag über brauchen. Dann helfen wir uns bei unseren Frisuren. Normal habe ich sowohl beim Training, als auch bei sonstigen Terminen einen hohen Pferdeschwanz, aber heute mache ich mir durch meine Kopfschmerzen lieber einen tiefen. Die erhoffte Wirkung des Kaffees setzt auch nicht wirklich ein.

Plötzlich wird mir schwindelig. Ich kralle mich an der Sofalehne fest. Das Wohnzimmer unseres Hauses verschwimmt vor meinen Augen. ,,Svea? Geht’s dir gut?“ Ich kann nicht zuordnen, wem die Stimme gehört, aber ich schüttele im Affekt den Kopf. ,,Hohl Ida.“ Ich glaube, es war Jenny. Jemand hilft mir mich aufs Sofa zu setzen. Langsam klärt sich mein Blickfeld wieder. Ich erkenne Emma neben mir, die mich besorgt anschaut. Aber sie sagt nichts. Ich kann nicht sagen, ob es Sekunden oder Minuten sind, die ich da sitze. Dann rennt Ida durch die Tür. ,,Svea?“ Schnell kommt sie zu mir ans Sofa und kniet sich vor mich hin. Dann legt sie ihre Hand auf meine Stirn. ,,Du glühst ja“, stellt sie fest. ,,Bist du sicher, dass es dir gut geht?“ ,,Ich…“ Doch ich bringe den Satz nicht zu Ende. Es ist falsch, zu sagen, dass es mir gut geht. Es geht mir definitiv nicht gut. ,,Leg dich Mal hin.“ Emma rutscht zur Seite und ich lege mich hin und stelle meine Füße auf. Mein Kreislauf ist auch nicht mehr wirklich existent. ,,Es wird das Beste sein, wenn du abreist. So kannst du nicht trainieren und nicht spielen“, sagt Ida. Ich will protestieren, doch selbst dazu fehlt mir die Kraft. Stattdessen beginnen Tränen über meine Wangen zu laufen. ,,Oh Svea. Du tust mir so Leid. Da kommt gerade echt viel zusammen.“ Ida hat einfach Recht. Doch das macht es nicht besser.

Keine Stunde später werde ich von einem Shuttle zurück nach Stuttgart gebracht. Ida ist mir die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen. Viel mitbekommen habe ich nicht von dem was passiert ist. Das einzige, was bei mir angekommen ist, ist dass Emy nachnominiert wurde. Die sehe ich zu Hause auch nur ganz kurz, da das Shuttle sie direkt mit nach Herzogenaurach nimmt. ,,Hanna ist ja nicht bei der Natio, die schaut Mal vorbei“, sagt Emy noch. Ich nicke. ,,Viel Spaß dir. Genieß es.“ Schon ist Emy weg und ich schlafe auf dem Sofa ein.

Als ich wieder aufwache, fühle ich mich zumindest ganz minimal besser. Langsam stehe ich auf, um mein Handy aus meiner Tasche zu suchen. 6 Nachrichten von Jade und fünf verpasste Anrufe von Jule. Scheiße, Lou. Sofort fühle ich mich wieder schlecht. Wie es ihr wohl gerade geht? Trotzdem lese ich zuerst die Nachrichten von Jade.


Jade: Guten Morgen Engel <3 Hoffe, es ist soweit alles gut. Habt ihr heute auch Media Day?

Jade: Ist es wirklich so schön bei der Natio, dass du mir gar nicht schreiben musst? Naja, ich hoffe, du genießt es wenigstens : )

Jade: Okay, langsam wird es komisch. Svea? Alles in Ordnung? Warum warst du heute noch nicht online? Habt ihr so einen engen Zeitplan, dass du es nicht Mal schaffst mir zu schreiben?

Jade: Antworte bitte, ich mache mir echt Sorgen um dich <3 mir reicht auch ein einfaches ,,melde mich später“

Jade: Kann ich bitte irgendein Lebenszeichen von dir erhalten?

Jade: Svea Marie Rauch, geht es dir gut??????

Ich hätte sie nicht vergessen dürfen.

Ich: Hej, es tut mir so Leid, ich hätte mich melden sollen…. Es ist überhaupt nicht schön. Ich bin mit der wohl schlimmsten Erkältung meines Lebens wieder zurück zu Hause :/ Hoffe aber, bei dir ist es wenigstens spaßig <3

Sie antwortet sofort.

Jade: Oh nein, du Arme. Ich habe es gerade eben von Ida gehört. Ich musste sie nach dir fragen. Ist jemand zu Hause? Emy wurde ja nachnominiert

Ich: Hanna ist doch wegen ihrer muskulären Probleme nicht zur Natio gefahren. Emy meinte, sie weiß Bescheid und kommt Mal vorbei. Ich komme schon klar. Mach dir keine Sorgen und genieß deine Zeit in England. Wenn du deine Moms siehst, sag ihnen liebe Grüße <3

Jade: Du sagst MIR, dass ich mir keine Sorgen machen soll?! Alles gut, klar richte ich Grüße aus und dir eine Gute Besserung <333


Dann rufe ich Jule an. Ich muss es vor allem für Lou machen, auch wenn ich garantiert kein Wort mir ihr sprechen will. Direkt nach dem ersten Klingeln geht Jule ran. Sie hat wohl auf meinen Rückruf gewartet. ,,Svea!“ Ich höre die Erleichterung in ihrer Stimme. ,,Hallo Mama.“ Es ist mehr Kratzen als Stimme, aber für die paar Minuten wird es schon ausreichen. ,,Wie geht es dir?“, fragt Jule. ,,Ging schon deutlich besser.“ ,,Juliane hat uns kontaktiert, um uns das mitzuteilen. Ich hab mir echt Sorgen gemacht, als du nicht an dein Handy bist.“ ,,Tut mir Leid. Es ging irgendwie alles so schnell und wenn ich Kopfschmerzen habe, schaue ich ja generell nicht auf mein Handy. Aber du hast Recht, ich hätte mich melden sollen“, sage ich kleinlaut. ,,Das war kein Vorwurf. Ich verstehe das natürlich. Du kennst doch deine Mom, ich bin das gewöhnt.“ ,,Wie geht es ihr?“, erkundige ich mich leise. ,,Durch die beiden Siege deutlich besser. Aber euer Gespräch im Tunnel ist nicht einfach für sie zu verarbeiten. Und jetzt mit deiner Erkältung und dem offline sein, ist es nicht besser, aber auch das ist kein Vorwurf.“ ,,Für mich auch nicht. Ich bereue, was ich da gesagt habe. Aber ich glaube, ich kann es nicht mehr gut machen, vor allem nicht nach heute. Ich sollte Mom nicht so in Schrecken versetzen.“ ,,Das verstehe ich. Ihr solltet einfach in Ruhe darüber reden“, schlägt Jule vor. ,,Wenn das funktionieren würde. Ich habe das Gefühl, wir können das nicht mehr.“ ,,Gebt euch beiden etwas Zeit. Werdet euch klar, wie ihr genau darüber denkt und dann redet nochmal miteinander. An Weihnachten kommst du ja sowieso zu uns. Vielleicht ist das der richtige Zeitpunkt. Und wenn nicht, werden wir trotzdem ein schönes Fest haben und ihr findet einen anderen richtigen Zeitpunkt. Das habe ich Lou auch schon gesagt.“ ,,Okay.“ Mehr kann ich dazu nicht sagen und ein Nicken kann Jule übers Telefon nicht sehen. ,,Aber jetzt ruh dich erstmal aus und werd gesund. Nimm die Zeit für dich und alles andere wird sich schon noch in die richtige Richtung entwickeln.“

Flowers grow back Where stories live. Discover now