25 | Wembley

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Svea POV

Etwas nachdenklich gehe ich in die Kabine. Doch bevor sich meine Gedanken weiter vertiefen können, werde ich stürmisch von Emma umarmt. ,,Mensch, wie cool war das denn?“, ruft sie. Auch Jenny und Xenia beglückwünschen mich zu meinem Debüt. Es fühlt sich einfach richtig gut an. Die Mädels freuen sich für mich und ich stehe hier mitten drin. Was für ein Tag heute. Es dauert eine Weile bis wir im Hotel sind. Nachdem wir alle geduscht hatten, mussten wir uns erstmal unseren Weg nach draußen bahnen. Manche haben noch Interviews gegeben, ich bin zum Glück verschont geblieben. Dafür haben wir den Fans, die extra auch uns gewartet haben, noch Autogramme gegeben. Das hat mich auch nochmal besonders gefreut. Bei Stuttgart ist das nach Spielen schon hin und wieder Mal vorgekommen, aber als Nationalspielerin fühlt sich das nochmal anders an. Im Hotel essen wir noch eine Kleinigkeit zu Abend, wobei man das um halb zwölf fast schon als Mitternachtssnack bezeichnen könnte. Trotzdem ist es schön, wie wir zusammen im Speisesaal sitzen. Aus einer Box läuft Musik und wir unterhalten uns über das Spiel und auch ganz andere Dinge. Emma und ich verabschieden uns allerdings recht schnell in unser Zimmer. Ich bin wirklich total fertig. Das heute war ziemlich viel auf einmal. Aber endlich schaffe ich es meine Gedanken zu verdrängen und den Moment zu genießen.

Am nächsten Vormittag haben wir eingeschränkt Training. Ich, als eine die wenig gespielt hat, mache das Spielerersatztraining mit, während die anderen nur eine leichte Trainingseinheiten hatten. Schon in zwei Tagen spielen wir gegen England und müssen dafür morgen noch nach London fliegen. Davor werden wir noch unser Abschlusstraining haben. Das ist ziemlich eng getaktet. Aber solange die Belastung richtig gesteuert ist, ist es ja genau das, was wir so lieben. Den Sonntagabend verbringen wir zusammen mit Fußball schauen. Währenddessen schreibe ich allerdings mit Jade. Das ist einfach wichtiger.

Jade: Weißt du schon, ob du nochmal spielen wirst?

Ich: Keine Ahnung, aber eine andere Mittelfeldspielerin musste aufgrund einer kleinen Verletzung abreisen, also kann schon sein. Aber hoffen wir Mal nicht darauf haha

Jade: Verstehe ich. Aber trotzdem krass, dass wir plötzlich gegeneinander spielen :/

Ich: Ja, ich will gar nicht gegen dich spielen :(

Jade: Ich auch nicht… Aber wollen wir danach Trikots tauschen? Und wollen willst du danach meine Eltern kennenlernen? <3

Ich: Ohhhhh ja gerne!!! <3

Jade: Mega! Freu mich so dich zu sehen, Love you <333

Ich: Ich mich auch! Love you more <3333


Schon landen wir in London. Auf dem Flug saß ich neben Jenny und wir haben die ganze Zeit geredet. Seit wir hier bei der Natio sind, habe ich das Gefühl, dass wir noch enger befreundet sind. Davor haben wir uns ja auch schon sehr gut verstanden, vor allem da sie eine von denen war, die mich unter ihre Fittiche genommen hat, aber in dieser Woche Nationalmannschaft haben auch wir uns nochmal auf eine andere Weise kennengelernt. Auch die immer so gut gelaunte, lustige Jenny voller Tatendrang, hatte ihre Probleme ihre Rolle in der Natio zu akzeptieren und nicht Stammkraft zu sein. Am Samstag hatte sie gar nicht gespielt. Aber morgen wird sie spielen. Das spüre ich. Vom Flughafen geht es direkt zum Stadion. Ich spüre das Kribbeln als ich aus dem Bus aussteige. Gleich betrete ich das legendäre Wembley Stadion. Schon als wir durch die Gänge laufen, ist es besonders. An den Wänden hängen Bilder von den englischen Nationalmannschaften. Ich entdecke sogar ein Bild von der Europameisterschaft 2022, bei der zum ersten Mal eine Englische Mannschaft Europameister wurde und das noch im eigenen Land. Jule hatte damals ihr erstes Turnier für die Natio gespielt und Leah Williamson hatte ihr Team mit 25 Jahren als Kapitänin zum Sieg geführt. Und jetzt stehe ich hier und betrete den Rasen. Von innen sieht das Stadion noch imposanter aus als von außen. Es ist wirklich atemberaubend. Ich bin 18 und stehe im Wembley Stadion, wohl wissend, dass ich hier morgen auf der Bank sitze und meiner Nationalmannschaft beim Spielen zu schaue. Und auf der anderen Seite wird Jade stehen und im Zuschauerrang ihre Eltern. Verrückt. Einfach verrückt.


Gut 24 Stunden später betrete ich genau dieses Stadion voller Nervosität, aber auch voller Vorfreude, wieder. Bei der Spieltagsbesprechung am gestrigen Abend wurde mir Spielzeit garantiert. Genau wie Jenny. Von Jade weiß ich, dass sie in der Startelf steht, obwohl sie mir das wahrscheinlich eigentlich nicht hätte sagen dürfen. Wenn sie nicht ausgewechselt wird, spielen wir wirklich gegeneinander. Die erste Hälfte verfolge ich also auf der Bank. Eigentlich ist das ganz gut, denn so kann ich etwas runter fahren und meine Nervosität legt sich etwas. Natürlich blicke ich auch immer wieder zu Jade. Sie spielt wirklich überragend. Unsere Stürmerinnen kommen kaum an ihr vorbei. Natürlich ärgert mich das, aber gleichzeitig freue ich mich für Jade. Auch für sie ist es etwas besonderes im Wembley zu spielen. ,,Svea, 70. Minute“, sagt Juliane zu mir in der Halbzeitpause, nachdem sie ihre Ansprache beendet hat. Es steht noch 0:0. Keine der beiden Mannschaften schafft es nicht anders der jeweils anderen Abwehrkette vorbei zu kommen. Und so geht es weiter, so dass es auch noch 0:0 steht, als ich von Florian zur Bank gerufen werde. Gemeinsam mit Jenny mache ich mich fertig. Wir beide kommen rein. Jenny auf ihrer angestammten Position als Linksverteidigerin und ich komme wieder für Emma im Mittelfeld.

Ich füge mich gut ins Spiel ein. Mit Ida an meiner Seite fühle ich mich sicher und bekomme von ihr auch nötige Hinweise. Mittlerweile sind wir die leicht bessere Mannschaft, zumindest in dieser Phase des Spiels. Wir drücken mehr auf die Abwehrkette und versuchen die Lücke zu finden. Doch England schafft es immer wieder sich zu befreien, nicht selten durch Jade, die den Ball abfängt. Doch auch wir können kontern. Ida luchst einer Engländerin den Ball ab und schickt Jenny auf ihrer linken Seite, die Platz hat. Ich laufe mit und dann im Strafraum spielt mir Jenny den Ball zu. ,,Schieß“, brüllt sie. Ich schaue nach vorne. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit voller Kraft trete ich gegen den Ball. Die Torhüterin ahnt zwar, was mein Plan war, aber sie ist zu spät und der Ball zappelt schon im Netz. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Doch Jenny nimmt mir das ab und springt mir einfach auf den Rücken. ,,Wie geil!“, ruft sie. Lachend versuche ich nicht hinzufallen. Ida umarmt mich fast genauso stürmisch und auch von den anderen werde ich fast zerdrückt. Ich habe mein erstes Länderspieltor erzielt. Im Wembley Stadion. Vor 80.000 Leuten. Vor den Augen von Persönlichkeiten wie Leah Williamson. Mit der Anwesenheit von Jade. Als wir zurück in unsere Hälfte laufen, blicke ich kurz zu ihr. Natürlich ist sie frustriert über das Gegentor, aber als sie meinen Blick sieht, lächelt sie leicht. Ich weiß, dass sie sich trotzdem für mich freut. Doch noch haben wir das Spiel nicht gewonnen.

Es sind immer noch sieben Minuten und die Nachspielzeit zu spielen. Genug Zeit für die Engländerinnen, den eine Chance reichen kann. Und natürlich geben sie jetzt alles, um zum Ausgleich zu kommen. Jenny blockt eine weitere Flanke zu einer Ecke. Jade ist mit vorne im Strafraum. Zum Glück muss ich sie nicht decken. Der Ball kommt. Ich steige hoch, komme aber nicht an den Ball. Meine Gegenspielerin allerdings auch nicht. Stattdessen schaffen wir es alle nicht den Ball aus der Gefahrenzone zu bringen. So landet er vor Jades Füßen. Ich stehe direkt daneben und versuche noch in die Schussbahn zu kommen, aber es ist zu spät. Jade hat bereits geschossen und der Ball trudelt ins Tor. Da ist der Ausgleich. Und es war Jade. Irgendwie schon lustig, dass wir beide in diesem Spiel treffen. Trotzdem wäre das Gegentor natürlich vermeidbar gewesen. Wir hätten den Ball definitiv klären können. Wirklich viel passiert nicht mehr und das Spiel endet 1:1. Eigentlich ein gutes Ergebnis, da wir beide zu den besten Mannschaften aktuell gehören.


,,Dann komm Mal mit“, meint Jade. Juliane hat ein paar Worte gerichtet und jetzt tauschen wir uns mit den Engländerinnen aus und sind noch so auf dem Platz. Viele kennen sich ja von den Vereinen. Wir ja auch. Ich folge Jade zum Family & Friends Bereich. Ganz vorne an der Brüstung stehen Leah und Jordan. ,,Du hast so toll gespielt.“ Jade wird von Leah sofort in eine Umarmung gezogen. Genauso wie von Jordan. ,,Moms, das ist Svea. Svea, das sind Leah Williamson und Jordan Nobbs höchstpersönlich“, stellt Jade uns gegenseitig vor. ,,Ich freue mich sehr Sie kennenzulernen“, sage ich etwas zurückhaltend. ,,Oh bitte sag ,du‘ zu uns. Wir freuen uns auch dich endlich kennenzulernen“, erwidert Leah und umarmt auch mich. ,,Du bist also das Mädchen, das unsere Jade so glücklich macht. Glaub mir, es vergeht kein Telefonat ohne, dass sie deinen Namen erwähnt.“ Ich mag Leah und Jordan sofort. Beide sind total lieb und bodenständig, trotz ihrer unzähligen Erfolge. Wir reden eine ganze Weile. Natürlich bin ich noch etwas nervös, denn es sind immer noch bekannte Personen, aber trotzdem fühle ich mich wohl. Jade ist da und ihre Eltern sind genauso lieb wie sie. ,,Ich hoffe, du kommst uns man besuchen“, meint Jordan irgendwann. ,,Bestimmt. Irgendwann haben wir ja unsere kleine Winterpause.“ Leah dreht sich zu den Menschen hinter sich um. ,,Entschuldigung, könnten sie vielleicht ein Bild von uns machen?“


Abends im Hotel bekomme ich von Jade nicht nur das Bild mit ihren Eltern, sondern auch das Bild von uns mit unseren getauschten Trikots. Zudem hat uns unser Photograph auch schon Bilder geschickt. Zu den beiden von Jade wähle ich davon eins aus dem Spiel aus und eins von unserem Jubel nach meinem Tor. Dazu kommt noch ein Bild noch mit meiner eigenen Familie. Diese poste ich auf Instagram.

svea_rauch_14: Länderspieldebüt ✓ erster Assist ✓  erstes Tor ✓ tolle Menschen kennengelernt ✓  Danke für diese besonderen Tage <3

@jade.williamson: The best <3

@lourauch3: Stolz!

@jule_brand: Fast wie ich damals : )

@emy.wagner: Love youuuu <3

@leahwilliamsonn: Lovely

@jenny.gruber: Star

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