16 | Beste Freundin

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Svea POV

Die nächsten zwei Spiele verlaufen nicht weniger erfolgreich. Sowohl gegen Leverkusen als auch gegen Dortmund gehen wir als Siegerinnen vom Platz. Gegen Dortmund kann ich sogar mein erstes Bundesligator erzielen. Aufgrund des besseren Torverhältnisses gegenüber Wolfsburg stehen wir nun an der Tabellenspitze bevor es jetzt in die Länderspielpause geht. Ich bleibe in Stuttgart. Die U-19, für die ich aktuell noch spielen kann, trifft sich erst in ein paar Wochen. Emy und ich bleiben so zurück, während Jade zur Englischen Nationalmannschaft reist. Natürlich ist es cool, dass sie sich Nationalspielerin nennen darf – und das auch schon seit längerer Zeit -, aber trotzdem will ich nicht, dass sie geht. Es sind zwar nur anderthalb Wochen ohne sie, aber trotzdem klingt es ewig.

Jade ist mir echt sehr ans Herz gewachsen. Und eigentlich mehr als das. Ich habe noch nie so viel für eine Person empfunden. Es ist anders zwischen uns als mit Emy, meiner besten Freundin. Jade ist mehr als eine Freundin. Wir sind unzertrennlich. Morgens stehen wir gemeinsam auf. Abends liegen wir zusammen auf dem Sofa. Wir machen quasi alles zusammen und das macht alles umso schöner. Wir helfen uns gegenseitig im Alltag des Profifußballs. Sie ist für mich da und ich bin für sie da. Als ich mein Tor gegen Dortmund geschossen habe, war sie die, die mir den Assist gegeben hat und die, die als erste bei mir war zu Jubeln. Sie hat mich hochgehoben und an sich gedrückt. Mein Herz hat, wenn es möglich war, nochmal etwas schneller geschlagen. Sie war dabei und das hat es umso schöner gemacht. Jade macht mich glücklich. In ihrer Nähe bin ich Happy. Ich bin ausgeglichen. Ich bin entspannt. Ich bin ich selbst. Und ich weiß, dass sie es ist, die diese Wirkung auf mich hat. Ob sie es weiß? Ich kann es nicht sagen. Doch es ist eindeutig, dass auch sie unsere besonderen gemeinsamen Momente genießt. Unser gemeinsames Frühstück, Partnerübungen im Training und das abendliche Kuscheln. Da ist dieses Funkeln in ihren Augen, das mir signalisiert, dass sie es auch mag. Und jetzt müssen wir eine Woche ohne einander auskommen.

Es ist der Abend vor ihrem Abflug. Morgen muss sie schon früh raus, so dass sie mich nicht wecken will. Aber ich weiß, dass ich trotzdem mit ihr zusammen um halb fünf aufstehen werde. Aneinander gekuschelt, liegen wir auf dem Sofa. Emy sitzt ein Stück entfernt von uns. Auf dem Fernseher läuft ein Fußballspiel aus der Bundesliga der Männer. ,,Ich werde dich vermissen“, sage ich leise und streichle ihr über den Rücken. ,,Ich dich auch. Aber es sind nur anderthalb Wochen. Dann bin ich wieder da.“ ,,Aber trotzdem ist es zu lange“, entgegne ich. ,,Ja, du hast Recht. Wir schreiben. Und wir facetimen.“ ,,Genau. Irgendwie bekommen wir diese anderthalb Wochen schon rum. Wahrscheinlich vergeht die Zeit bei der Nationalmannschaft bei dir sowieso total schnell. Und wir haben ja auch Training.“ ,,Richtig. Aber du wirst trotzdem fehlen. Irgendwie komisch, wenn man bedenkt, dass wir uns erst seit gut zwei Monaten kennen. Und gleichzeitig ist es schön, dass es so ist“, meint Jade. ,,Ja total.“ Ich lege meinen Kopf an ihre Brust. So verharren wir und schauen weiter das Spiel. Nicht lange, dann geht Jade ins Bett. Emy auch und ich bleibe allein zurück. Irgendwie ist das alles seltsam.

Am nächsten Morgen stehe ich dann wirklich zusammen mit Jade auf. Allerdings lege ich mich danach nochmal hin und schlafe weitere vier Stunden. So kommt es, dass Emy und ich tatsächlich Mal gleichzeitig zum Frühstücken in die Küche kommen. ,,Guten Morgen“, sage ich und schalte die Kaffeemaschine an. ,,Morgen. Das ich nochmal die Ehre bekomme, mit dir zusammen zu frühstücken“, lacht sie. Ich schaue verlegen zu Boden. Vielleicht ist es schon so, dass ich Emy in den letzten Wochen etwas vernachlässigt habe. Zwar waren wir die ganze Zeit zusammen am gleichen Ort, aber trotzdem haben wir wenig zusammen gemacht. Sie hat ihren eigenen Anschluss im Team gefunden. Zwar hängt sie viel mit Ida, Xenia, Hanna, Jenny, Jade und mir rum, aber macht auch viel mit anderen. Ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht. Es war mir wichtig, dass sie sich wohlfühlt, aber mit wem sie ihre Zeit verbringt, ist ihre Sache. Wir sind nicht aneinander gekettet. Sie muss nicht das machen wie ich und andersrum. Aber trotzdem hätte ich mehr auf sie achten sollen. Morgens gab es nur Jade und mich. Dann ging es ins Training, wo wir unter anderen waren. Nachmittags haben wir dann entweder im Team oder mit anderen etwas unternommen oder waren noch am Trainingsgelände für eine zweite Einheit. Abends haben wir zwar immer zu dritt in der WG gekocht, aber wenn ich so darüber nachdenke, war Emy meist etwas stiller als Jade und ich. Schon allein wenn ich darüber nachdenke, wie Jade und ich zusammen am Herd stehen und lachen oder sie meine Hand beim Schneiden von Karotten führt, muss ich lächeln. Aber gleichzeitig wird mir klar, wie wenig wir auf Emy geachtet haben. Auch sie gehört hier in die WG.

,,Ich… es tut mir Leid“, sage ich leise und setze mich mit meinem Müsli an den Tisch. ,,Das muss es nicht. Ich vermute, das ist schon etwas normal“, meint sie und setzt sich zu mir. ,,Was?“ ,,Naja, wenn man jemand besonderes kennenlernt, dann ist man eben sehr auf diese Person fixiert. Ich weiß nicht, was das zwischen euch ist und will auch gar nicht darüber urteilen, aber ich sehe, dass sie dir wichtig ist.“ ,,Du bist mir auch wichtig. Ich wollte dich nicht vernachlässigen. Und selbst wenn dieses Verhalten normal sei, es soll nicht so sein. Ich will nicht, dass du dich wegen mir unwohl fühlst“, erwidere ich. ,,Das tue ich doch gar nicht. Ich bin glücklich hier. Wir zwei, als beste Freundinnen, spielen beim gleichen erfolgreichen Verein in der Fußball-Bundesliga. Ich habe tolle Leute kennengelernt und wohne in einer wunderschönen WG. Es ist wirklich toll hier.“ ,,Aber….“ ,,Ich fände es schön, wenn wir wieder mehr zusammen machen. Natürlich verstehe ich es, dass du in Jade eine wichtige Person gefunden hast und das hast du auch verdient. Aber du bist auch mir wichtig“, sagt Emy. ,,Du mir doch auch. Es tut mir wirklich Leid, Emy. Ich… es ist mir einfach nicht wirklich aufgefallen. Jade ist ja, wie du gesagt hast, etwas besonderes. Aber ich will dich dadurch nicht verlieren.“ ,,Wir werden uns nicht verlieren. Dafür ist unsere Freundschaft zu stark“, meint sie. ,,Das ist sie.“ Emy steht auf und stellt ihr Geschirr in die Spülmaschine. Ich tue es ihr gleich. Dann gehe ich ins Bad und mache mich fertig. Heute können wir es ganz entspannt angehen lassen, denn wir haben den Tag frei. Emy klopft an meinen Türrahmen. ,,Bist du fertig?“, fragt sie. ,,Ja klar, warum?“ ,,Dann lass uns den Tag in Stuttgart verbringen.“

Flowers grow back Where stories live. Discover now