Kapitel 6: Im falschen Film

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Als ich versuchte, meine Augen zu öffnen, blendete mich Licht! Viel zu hell! Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten sich meine Augen daran gewöhnt und ich begann, meine Umgebung zu mustern. Mein Kopf dröhnte. Was war passiert?

Zugegeben, ich fühlte mich ungemein wohl in meiner Umgebung. Alles war aus braunem Holz, das eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Ich lag in einem kuschelweichen Bett. Ansonsten war da noch ein Fenster, zwei Türen, ein Nachttisch und ein Schrank. Denk nach! Der Mann, scheisse! Er hatte mich betäubt und... entführt? Aber was ist das bitte für ne Entführung, gehört dazu nicht ein kahler, dunkler, gruseliger, kalter Raum und Handschellen? Ich musste auf jeden Fall hier weg!
Mein erster Gedanke: Tür: verschlossen...
Ok andere Tür. Nur ein zugegeben einladendes Bad. Egal ich muss jetzt weiter nach nem Fluchtweg suchen. Fenster? Auch verschlossen. So ein Mist!
Ok, das können wir ändern, wie machen die das immer in den Filmen? Eine Haarspange, das ist es! Die Freude verschwand, als mir auffiel, das ich ja gar keine Haarklammern besaß. Ich durchsuchte den Nachttisch, fand dort allerdings nur das Buch, das ich gerade las und eine Leselampe... woher kam das? Ich durchsuchte den Schrank, nur Klamotten. Als ich sie so anschaute, schaute ich an mir herunter. Ich hatte noch alles von gestern an, zum Glück!

Ich schaute mir die Klamotten genauer an. Es gab lässige Klamotten und etwas schickere, auch ein paar Kleider. Eine ziemlich große Auswahl. Die meisten hatten einigermaßen wenig Ausschnitt, was mich ungemein beruhigte. Das Gesicht des blauäugigen tauchte wieder vor meinem inneren Auge auf. Hatte er mich entführt? Arbeitete er für jemanden? Was würde jetzt mit mir geschehen? Ohne es zu wollen, musste ich wieder an die Anspielung auf meinen Bruder denken und es versetzte mir einen furchtbaren Stich ins Herz.

Meine Gedanken wurden von einem Klopfen unterbrochen. Klopfen? Nicht ein ich-stürme-in-die-Tür-ohne-zu-fragen? Stille. Er schien auf eine Antwort zu warten....
„J-Ja?", fragte ich nervös. Auch, wenn ich Angst hatte, war ich einfach zu neugierig, ich wollte wissen was das alles hier war, und wer hinter der Tür stand und warum ich hier war. Diese Ungewissheit macht mir am meisten Angst.

Die Tür öffnete sich und ein Junge, auch so in meinem Alter trat ein. Er war groß und hatte Halesnussbraune Augen. Er hatte eine beruhigende Ausstrahlung und das Lächeln, das er mir entgegenbrachte, sorgte dafür, das ich ihn augenblicklich sympathisch finden würde, währe da nicht der Umstand das er anscheinend zu der Bande von Entführern dazugehörte. Vielleicht war sein unschuldiges Lächeln auch nur ein Masche. 
„Hey, ich bin Felix. Es gibt gleich Frühstück komm schon mal mit runter." Er sah mich auffordernd an. Er redete mit mir, als ob alles ganz normal wäre. Als ob es nicht den Hintergrund gab, das ich einfach hierher verschleppt wurde. Was wurde hier gespielt? Da ich zu neugierig war und tatsächlich Hunger hatte, erhob ich mich zögernd und folgte Felix. Ich spürte meine Anspannung in jeder Zelle meines Körpers. Wir liefen eine Treppe runter, durch ein paar Gänge und dann betraten wir beide eine Küche. Sie wirkte mehr als einladend. Alles hier war mir eigentlich fremd und doch fühlte ich mich so unglaublich wohl, was eigentlich falsch war, ich sollte mich hier alles andere als wohl fühlen! Es roch köstlich und mein Magen begann noch mehr zu Knurren.
Am Herd stand ein Mann, der sich nun zu uns umdrehte. Als ich seine Augen erblickte, dieses Ozeanblau... es machte mich nervös. Er bedeutete Felix mit einem Wink, er könne gehen während er allerdings nur mich anschaute. Ich blickte zurück. Seine Augen fesselten mich, ich konnte nichts sagen oder mich rühren. Er brach den Blickkontakt irgendwann ab und wendete sich wieder dem Herd zu. Da fiel mir etwas auf: Er war offensichtlich mein Entführer, der Herr im Haus, schließlich hörte zumindest der Junge auf ihn und er... kochte?! Als Mann? Das beeindruckte mich jetzt schon ziemlich. Eigentlich sollte  ja selbstverständlich sein, das auch Männer kochen und den Haushalt machen, war es aber häufig nunmal nicht... Was mich überraschte war, das er die Muskeln die er hatte, nicht durch ein enges oder weißen T-Shirt betonte.
„Du brauchst nicht schüchtern zu sein."
Sagte er nach einer Weile. Ich reagierte nicht, das alles überforderte mich irgendwie.
„Was ist los? Noch nie einen Mann kochen gesehen?" ich schüttelte sachte den Kopf. Er grinste. Was war das hier? Er tat so als ob gar nichts wäre, dabei hatte er mich entführt! Ich fand meine Fassung sowie meine Stimme wieder und aufeinmal sprudelten meine Gedanken nur so aus mir raus.
„Was ist das für ein Spiel, du hast mich entführt und tust so, als ob das alles ganz normal wäre! Was willst du von mir?!"
„Wenn du schon so nett fragst: Jetzt gerade will ich, das du dich jetzt an den Tisch setzt und mit mir zusammen frühstückst" , entgegnete er mit einem Schmunzeln.
„Ich soll mit meinem Entführer frühstücken? Ist das dein Ernst?"
„Ja, schon."
Er sprach so ruhig, irgendwie machte mich das wütend!
„Bist du komplett bescheuert? Du kannst mich doch nicht einfach entführen? Wo sind überhaupt meine Freunde? Ich will sofort nach Hause! Also lass mich sofort gehen! Ich bin doch hier im falschen Film!"
„Ähhhhhh, Nö" antwortete er ganz trocken.
Ich sah ihn rasend vor Wut an, er widmete sich noch immer dem Frühstück zubereiten. Da sah ich etwas im Augenwinkel, einen Messerblock! Ich griff in windeseile danach und rief siegessicher:
„Lass mich sofort frei! Oder ich.."
„Oder du was?" er grinste immernoch und widmete sich dem Frühstück.
„Hallo?! Ich habe ein Mess...", wollte ich ansetzen, doch er trat einen Schritt nach vorne und packte mein Handgelenk. Ich versuchte mich zu wehren, war aber einfach zu schwach.
„Wie wissen beide, dass dieser Kampf schon entschieden ist. Brauchst du eine Demonstration?", fragte er mich, während seine Augen belustigt funkelten. Ihm amüsierte das ganze hier sichtlich!
Ich schaute ihm in seine klaren, blauen Augen und wusste, dass er recht hatte. Ich hatte keine Chance. Langsam hörte ich auf gegen seine Hand zu drücken und legte das Messer auf dem Tresen ab.
Ich hatte versagt.

Blue eyes - looking into my soulWhere stories live. Discover now