Kapitel 16: Enttäuschung

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Das alles hier war so verrückt! Wäre meine Situation nicht so verdammt beschissen, hätte ich wahrscheinlich gelacht, doch diese Aktion schien mir mittlerweile so fremd, ich hatte nicht das Gefühl jemals wieder lachen oder überhaupt lächeln zu können. Er war mein Vater? Meine Mutter hatte mir erzählt, er hätte sie verlassen. Er wäre nicht bereit für ein Kind gewesen. Ich wollte diesen grausamen Menschen niemals kennenlernen.
Ich wollte nicht wissen, was er nachholen wollte. Ich wollte hier weg, nein. Ich musste hier weg. Warum musste das alles mir passieren? Womit hatte ich das verdient?
Ich hatte vielleicht ein paar Notlügen erzählt, aber im Grunde war ich ein guter Mensch und versuchte stets das richtige zu tun. Und jetzt saß ich gegenüber des Teufels höchstpersönlich, der anscheinend auch noch mein verdammter Vater war und weinte mir die Seele aus dem Leib, was diesen nur noch mehr erzürnte. Er begegnete mir mit Verachtung, sein Blick lag auf mir, als wäre ich ein Stück Dreck. So jemand konnte nicht mein Vater sein. So jemand durfte nicht mein Vater sein!

„Deine verdammte Drecksmutter hat dich mir weggenommen, mir mein Eigentum gestohlen. Du gehörst mir verdammt! So lange hat sie dich versteckt, aber keiner kann sich vor mir verstecken! Keiner kann vor mir fliehen! Keiner hat eine Chance gegen mich!"

Meine Mutter. Sie hatte mich vor meinem Vater gerettet. Sie hatte mich jahrelang vor ihm versteckt! Kein Wunder, das sie immer solche Angst um mich gehabt hatte, wenn er draußen frei rumlief.

Ich musste hier weg! Und zwar sofort!
Nur leider war da eine Frage, die ich dabei stellen musste: wie verdammt?
Du gehörst mir. Du bist mein Eigentum. Diese Sätze musste ich erstmal verarbeiten. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Keiner konnte so krank denken! Das sollte mein Vater sein? Dieses Monster?

„Allein schon, das du auf meine Falle reingefallen bist, es war Schwach von dir. Du bist schwach und viel zu naiv! Das nennt sich meine Tochter?! Du bist so eine Enttäuschung!"

Während er das sagte, wurde er immer lauter und kam mir immer näher. Ich bemerkte es  erst, als ich einen Schlag an meiner Wange spürte, mein Kopf flog zur mit voller Wucht zur Seite. Meine Wange begann augenblicklich zu pochen und zu brennen. Mein Puls stieg rasend an, mein Herz klopfte noch lauter. Bevor ich richtig darauf reagieren konnte, spürte ich einen weiteren Schlag, diesmal in meine Magengegend. Ich fiel zusammen mit dem Stuhl um und landete auf dem Boden. Ich hatte keine Kraft mich zu wehren oder etwas zu sagen. Ein weiterer Schlag folgte, dann noch einer und noch einer. Ich hörte auf sie zu zählen. Während er auf mich einprügelte schrie er mich immer wieder an, er befahl mir nicht mehr zu weinen und spuckte mir entgegen, das ich schwach war. Vielleicht war ich das auch. Ich wurde immer weiter zur Wand geschlagen, bis ich dann mit voller Wucht gegen sie knallte. Doch es schien ihm nicht zu reichen, immer wieder schlug er auf mich ein. Es schien kein Ende zu nehmen. Der Schmerz wurde immer unerträglicher und ich wollte in diesem Moment nur noch eins: sterben. Nichts mehr fühlen müssen. Nicht diese Verzweiflung oder den Schmerz. Vorallem aber keine Angst mehr. Irgendwann begann ich dann auch Blut zu spucken, ich hatte das Gefühl fast daran zu Ersticken, das atmen fiel mir schwer. Ich schmeckte das metallische Aroma und mir wurde augenblicklich schlecht.

Irgendwann lies er dann doch von mir ab und ich sackte nur schluchzend in mir zusammen. Warum? Womit hatte ich das verdient? Ich wollte mich nicht mehr bewegen. Nie wieder. Ich würde einfach hier bleiben und auf mein Ende warten.

Doch mein Plan wurde vereitelt. Der Grobian von vorhin packte mich am Arm und Zug mich mit sich. Ich wehrte mich nicht. Wozu auch? Ich hatte alle Hoffnung verloren je wieder nach Hause zu kommen. Frei zu sein. Glücklich zu sein.

Blue eyes - looking into my soulWhere stories live. Discover now