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Wir schreiben das Jahr 2050.

Lou POV

Mein Handy klingelt. Nach einem langen Arbeitstag bin ich gerade erst nach Hause gekommen. Die Saison neigt sich sehr stark dem Ende entgegen und im Kampf um die Champions League Qualifikation geht es um jeden Punkt. Da verbringen wir als Trainerteam dann Mal etwas mehr Zeit bei unseren Besprechungen. Mittlerweile bin ich Co-Trainerin beim VfL Wolfsburg und habe damit alle Hände voll zu tun. Und jetzt will schon wieder jemand etwas von mir. ,,Rauch“, melde ich mich am Telefon. ,,Hallo Louisa. Gut, dass ich dich noch erreiche“, begrüßt mich Tommy Stroot, der nach einiger Zeit Pause nun das Amt des Sportdirektors übernommen hat. ,,Was gibt es denn?“ Ich habe ihn doch vorhin noch von weitem gesehen. Er hätte mich doch dort schon ansprechen können. ,,Es gibt Neuigkeiten auf der Cheftrainer Position. Alexander möchte seinen Vertrag nicht verlängern“, beginnt er. ,,Oh, irgendwie habe ich schon fast dankt gerechnet.“ Unser Cheftrainer hat schon länger nicht mehr richtig glücklich hier gewirkt. ,,Wie geht es dann weiter?“, frage ich. ,,Darüber würde ich gerne mit dir reden. Wir können uns natürlich auf dem Transfermarkt nach einem neuen Coach umsehen, aber wir würden davor gerne dich fragen, ob du das nicht übernehmen willst“, erwidert Tommy. ,,Ihr wollt mich als Cheftrainerin?“ Ich muss mich verhört haben. ,,Ja genau. Du hast die Lizenz dafür schon lange erworben und als Co-Trainerin hast du in den letzten Jahren einen wirklich tollen Job gemacht. Unserer Meinung nach bist du bereit für diesen nächsten Schritt und wir wollen dich auch auf jeden Fall beim VfL halten. Du bist hier eine Legende“, erklärt er. ,,Danke. Darf ich darüber nachdenken, bevor ich etwas entscheide? Ich will da jetzt nichts überstürzen“, sage ich. ,,Natürlich. Ich wollte auch noch keine feste Zusage, nur erstmal nachhaken, ob es Interesse von deiner Seite aus an dem Job gibt. Wir wollen auch gerne nochmal persönlich am Tisch mit dir darüber reden, auch was ein Vertrag und weiteres angeht.“ ,,Okay. Ich denke darüber nach und melde mich dann.“ Kurze Zeit später lege ich auf.

Ich als Cheftrainerin bei Wolfsburg? Der Verein gehört immer noch zu den besten in Deutschland. Es war sportlich nicht immer rosig, aber wir sind wieder vorne dabei. Und jetzt könnte ich ein neues Kapitel mit dem Verein beginnen. Ich könnte als Chefin an der Seitenlinie stehen. Ich könnte die volle Verantwortung über das Team haben und mich endlich mehr einbringen, was unter Alexander teilweise schwierig war. Es würde mir eine neue Aufgabe geben. Eine neue Herausforderung. Ist das etwas, was ich brauchen könnte? ,,Was starrst du denn so in der Gegend rum?“, fragt Jule, die das Haus betritt. Sie stellt ihre Tasche ab und gibt mir einen Kuss. ,,Alexander hört als Cheftrainer auf. Und ich wurde gefragt, ob ich Interesse hätte, den Job zu übernehmen“, fasse ich das Telefonat zusammen. ,,Das… Lou, das ist ja Mal eine tolle Neuigkeit!“ ,,Denkst du etwa, ich habe das Zeug dazu?“, frage ich. ,,Definitiv. Wenn ich an die Einheiten denke, die du mit Svea und Motitz schon gemacht hast. Du kannst das auf jeden Fall. Doch wenn es für dich nicht das wahre ist, dann ist das so.“ ,,Nein, nein das ist es nicht. Oder irgendwie schon. Ich weiß es nicht. Irgendwie kann ich mir das gut vorstellen, aber ich fühle mich auch dem ganzen irgendwie noch nicht gewachsen.“ ,,Du hast ja bestimmt Zeit zu entscheiden, oder?“, hakt Jule nach. ,,Ja, zum Glück.“ ,,Nimm dir die Zeit. Dann findest du die für dich richtige Entscheidung. Svea und Moritz sind noch nicht zu Hause?“, wechselt Jule das Thema. ,,Nein. Die haben beide Training“, antworte ich.

Wie auch wir schlagen unsere Kinder den Weg in Richtung Profikarriere ein. Wir haben sie nie dazu gezwungen. Beide wollten es von sich aus. Svea ist mittlerweile kurz vor dem Sprung in die Bundesliga. Aktuell spielt sie noch in der zweiten Mannschaft vom VfL Wolfsburg. Diesen Sommer deutet sich ein Wechsel an. Bei Moritz dauert das zum Glück noch ein bisschen. Er ist erst fünfzehn und damit noch nicht so weit, sie seine Schwester. Das ist mir auch absolut Recht. Ich habe bei beiden darauf geachtet, dass es nicht so schnell geht, wie bei mir. Das wollte ich meinen Kindern wirklich nicht zumuten. Svea hat trotzdem früh ihre Erfolge gefeiert. Mit der U-17 Nationalmannschaft hat sie die Europameisterschaft des Jahrgangs gewonnen und sind zudem Vizeweltmeisterinnen geworden. Allerdings läuft das wirklich immer noch recht abseits der Öffentlichkeit ab. Dennoch wollte ich, dass sie erst in Ruhe ihr Abi macht bevor sie in eine erste Mannschaften eines Vereins wechselt. Jetzt, wo sie ihr Abi gerade geschafft hat, steht der Schritt wohl bevor. Als mehrfache Gewinnerin einer Fritz-Walter-Medaille, die höchste Auszeichnung im deutschen Jugendfußball, steht sie garantiert auf der Liste von einigen Vereinen. Hier bei Wolfsburg bestimmt auch. Dann würde ich eine ihre Trainerin werden. Und sollte ich wirklich den Posten als Cheftrainerin übernehmen, dann wäre ich auch diese für sie. Irgendwie ist der Gedanke komisch. In der Geschichte des Fußballs gab es schon einige Väter, die ihre Söhne trainiert haben und auch Mutter-Tochter Verhältnisse gab es schon, aber wirklich häufig gab es das in letzter Zeit nicht mehr. Wobei ich es gar nicht so schlimm fände. Svea und ich haben wirklich ein gutes Verhältnis zueinander. Vielleicht auch, weil sie mich oft an mich selbst erinnert, nur dass ich sie vor manchen meiner Fehler bewahre. Das heißt natürlich nicht, dass ich zu diesem Phänomen der Helikopter-Eltern gehöre. Ich bin das definitiv nicht. Svea hat ihre Freiheiten und die darf sie auch nutzen. Sie will den Sport machen, also unterstütze ich sie und gebe ihr Tipps und was sonst noch dazu gehört. Sie soll ihren eigenen Weg gehen. Doch trotzdem will ich sie vor dem schützen, was mir passiert ist und sie nicht die gleichen Fehler machen wie ich. Sie soll einen tollen Karrierestart haben. Vielleicht bei mir in der Mannschaft. Vielleicht woanders. Letztendlich hat es sie ja in der Hand. Es ist ihre Entscheidung, wo sie ihre Karriere bei den Erwachsenen beginnen will. Und sollte es unter meiner Leitung sein, hätte ich wirklich kein Problem damit, auch wenn es schon etwas komisch ist.

Ich stehe auf und lege endlich Mal mein Zeug ab. Jule war in der Zwischenzeit mit Sunny, unserer Australien Shepard Dame, spazieren. Ich sollte langsam Mal anfangen, das Abendessen vorzubereiten. Doch Sunny hat andere Pläne und will sich erstmal eine kleine Streicheleinheit abholen. Mittlerweile ist sie fester Bestandteil unserer Familie. So lange haben wir sie noch gar nicht. Coco, der Hund den wir vor ihr hatten, ist vor knapp einem Jahr gestorben. Wie so oft haben wir festgestellt, dass es ohne Hund nicht geht. So kam dann Sunny zu uns. ,,Lou, wir sollten wirklich anfangen zu kochen. Wenn Svea und Moritz kommen, sollte der Nudelauflauf fertig sein“, erinnert mich Jule. Ich nicke und stehe auf. ,,Mach dir nicht zu viel Stress wegen des Trainerpostens. Es kommt alles, wie es kommen muss.“




Da ist er also, der dritte Teil von Lous Geschichte.
Kurz vorab noch ein paar Dinge. Wie immer ist natürlich alles ausgedacht und entspricht nicht der Wirklichkeit. Schließlich bin ich keine Hellseherin.

Die Geschichte wird nicht nur aus Lous sondern auch aus Sveas Perspektive erzählt werden. Es steht aber immer dran, aus wessen Sicht gerade erzählt wird :)

Das war's auch schon und ab jetzt viel Spaß mit der Geschichte!!

Flowers grow back Where stories live. Discover now