dreiundsechzig

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dreiundsechzig

„Ich muss mich jetzt wirklich fertig machen", murmelte ich und versuchte halbwegs ernsthaft Louis von mir weg zu drücken.

Doch dieser ließ sich nicht wirklich davon beeindrucken, sondern drückte mich nur noch enger an sich.

Ich befand mich sowieso schon in der kritischen Lage, möglichst unfallfrei meine Mascara aufzutragen, wobei Louis, welcher sich von hinten an mich geschmiegt hatte dabei nicht wirklich eine nennenswerte Hilfe darstellte. Erschwert wurde die Lage damit, dass der Spiegel noch von dem heißen Dampgf im Badezimmer beschlagen war, sodass ich bei meinem Vorhaben nur eine eingeschränkt Sicht hatte.

„Lou, ich komme noch zu spät...", protestierte ich ein weiteres Mal, als Louis mir einen zarten Kuss in den Nacken hauchte, woraufhin sich mein Körper mit einer leichten Gänsehaut überzog.
Wenn er so weitermachen würde, müsste ich mir mein Vorhaben bezüglich der Wimperntusche wortwörtlich abschminken.

„Eigentlich willst du gar nicht, dass ich damit aufhöre...", erwiderte mein Freund und ich brauchte keine klare Sicht durch den Spiegel, um zu wissen, dass er seine Lippen zu einem frechen Grinsen verzogen hatte.

Ich wollte gerade zu einem erneuten Protest ansetzten, wusste allerdings, dass Louis eigentlich Recht hatte.

Also drehte ich mich in seiner Umarmung um, sodass auch ich meine Arme um seinen Körper schlingen konnte.

„Willst du wirklich jeden Morgen versuchen, mich davon abzulenken, rechtzeitig auf der Arbeit zu erscheinen?", fragte ich augenrollend, hatte jedoch auch ein Grinsen auf den Lippen.

Louis nickte übertrieben und antwortete: „Auf jeden Fall."

„Deine Erfolgsquote ist bisher noch nicht sonderlich hoch", ärgerte ich meinen Freund und grinste. Dabei dachte ich daran, dass ich in den letzten Tagen nicht nur einmal einen Sprint zur U-Bahn-Station hinlegen musste und mich jedes Mal dafür hasste, dass ich nie an meiner Ausdauer arbeitete.

Louis streckte mir die Zunge raus und meinte trotzig: „Ich kann ja nichts dafür, dass du immer Glück hast und noch rechtzeitig die Bahn erwischst..."

„Mit Glück hat das nichts zu tun", lachte ich und ergänzte: „Das ist reines Können."
Dabei verschwieg ich bewusst, dass ich mich jeden Morgen völlig außer Puste und schon total fertig mit den Nerven in letzter Sekunde auf einen Platz in der U-Bahn fallen ließ.

„Vielleicht schaffe ich es ja heute Morgen...", unschuldig klimperte Louis mit seinen unverschämt langen Wimpern, während er mit seiner Hand an meiner Seite hoch und herunter fuhr.

Was ein kritisches Unterfangen darstellte, wenn man nicht außer Acht ließ, dass ich mir lediglich eins von Louis' unfassbar flauschigen Handtüchern um den Körper geschlungen hatte, das mittlerweile allerdings aufgrund Louis' Berührungen nicht mehr ganz so fest saß.

„Lou, ich übernachte unter der Woche bei dir, da der Weg von dir zu meiner Arbeitsstelle kürzer ist und nicht, damit ich morgens noch mehr im Stress bin, als wenn ich in meiner Wohnung schlafen würde", sagte ich und schob dabei Louis Hand von meiner Taille weg.

Louis schaute noch immer unschuldig drein, aber ich hatte ganz genau bemerkt, dass sich mein Handtuch in den letzten Sekunden um einiges gelockert hatte.

„Ach, du übernachtest hier also nur, weil dann dein Weg kürzer ist?", Louis hatte seine Hand an sein Herz gehalten und machte dabei so ein schmerzverzerrtes Gesicht, dass jeder Außenstehende ihm wirklich abkaufen würde, dass ich gerade mit einem spitzen Gegenstand sein Herz gerammt hatte.

„Ja genau, eigentlich nutze ich dich nur aus...", ich verdrehte die Augen, als ich Louis' Darstellung sah. Der Junge hätte vielleicht eine Schauspielkarriere anstreben sollen. Wo wir wieder bei dem Thema von Louis' scheinbar unzähligen Talenten waren.

Louis hatte seinen schmerzerfüllten Blick wieder in den unschuldigen Hundeblick umgewandelt und raunte mir zu: „Das macht mich jetzt ganz schön traurig. Ich habe aber schon eine Idee, wie du mich trösten kannst..."

Dabei nestelte er weiter an dem Handtuch herum und ich wusste, dass es nur noch den Bruchteil einer Sekunde dauern würde, bis dieses auf den Boden fallen würde.

Bevor ich allerdings auf dieses Spiel weiter eingehen konnte, erhaschte ich einen Blick auf die Uhr.

„Shit", fluchte ich, als ich die leuchtenden Ziffern sah. Dabei hatte ich die Augen erschrocken aufgerissen.

Hysterisch ließ ich das Handtuch, welches sich - sehr zu Louis' Gefallen - mittlerweile gelöst hatte, auf dem Boden liegen und rannte hysterisch in das angrenzende Schlafzimmer.

„Mist, Mist, Mist,...," wiederholte ich dabei immer wieder fluchend. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, heute einen weiteren Sprint hinzulegen. Daraus wurde allerdings wieder nichts.

Hektisch durchwühlte ich die auf dem Boden stehende Sporttasche, in der ich immer mein Übernachtungsgepäck verstaut hatte. Zwar hatte ich mir mittlerweile in Louis' Kleiderschrank ein Regalfach erkämpft, lagerte dort allerdings fast ausschließlich Jogginghosen.

Die Sachen, die ich irgendwie immer brauchte, schleppte ich dementsprechend immer zwischen Arbeit, meiner Wohnung und Louis' Haus herum.

Dass dieses Konzept auf Dauer schwierig umzusetzen war und das ein oder andere Problem mit sich brachte, merkte ich mal wieder, als ich verzweifelt nach meiner Bluse suchte.
Ich hätte schwören können, sie gestern noch in die Tasche gepackt zu haben.

„Wo bist du nur?", murmelte ich, während ich ein weiteres Mal hektisch die Tasche komplett aus und wieder einräumte, dabei immer die Uhr im Blick, die sich heute anscheinend noch schneller als sonst vorwärts bewegte.

„Kann ich dir was helfen?", fragte mich Louis grinsend, der sich die ganze Zeit über lässig an den Türrahmen gelehnt hatte und mir dabei zugeschaut hatte, wie ich Kleidungsstücke suchte, von denen ich nicht einmal wusste, ob sie sich in der Tasche, in meinem Regalfach oder doch in meiner Wohnung befanden.

„Das ist doch alles blöd", murmelte ich unzufrieden wie ein kleines Kind, das kein Eis bekommen hatte. Dabei schaute ich mich kritisch im Spiegel an, um abzuschätzen, ob mein improvisiertes Outfit bürotauglich war.

Obwohl ich das nicht wirklich mit einem guten Gewissen bejahen konnte, blieb mir mit einem Blick auf die Uhr und auf den Berg an Klamotten nichts anderes übrig, als so in den Tag zu starten.

„Du bist nicht wirklich eine Hilfe", meckerte ich Louis genervt an, der sich immer noch nicht von dem Türrahmen wegbewegt hatte.

Dieser zuckte nur mit den Schultern und meinte gelassen: „Du merkst ja selbst, dass das keine Dauerlösung ist."

„Und was soll ich deiner Meinung nach stattdessen machen?", fragte ich ohne meinen Freund anzuschauen. Stattdessen warf ich schnell alle möglichen Gegenstände in meine Handtasche, die ich während des Arbeitstages gebrauchen könnte.

Louis hatte allerdings wieder all meine Aufmerksamkeit, als er antwortete: „Zieh doch einfach bei mir ein."

moments (Louis Tomlinson ff) Où les histoires vivent. Découvrez maintenant