dreiundzwanzig

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dreiundzwanzig

- Louis' point of view -

Nachdem wir aus der U-Bahn gestiegen waren, hatte ich mich zum Glück wieder erholt. Einerseits von dem Sprint, bei welchem ich inständig darauf gehofft hatte, meine äußere lässige Fassade halten zu können, ohne dass Liv merken würde, dass ich innerlich nur knapp einem Erstickungstod entkommen war. Und andererseits natürlich von dem Malheur in der U-Bahn. Aber über diese Peinlichkeit wollte ich gar nicht erst reden.

Wir schlenderten also so nebeneinander durch die um diese Uhrzeit ziemlich verlassenen Straßen des Stadtviertels, in welchem Liv wohnte. Wenn man allein das Wetter betrachtete, wäre anhand des Windes und der eisigen Temperaturen eine zügigere Gangart angebracht gewesen, allerdings hatte ich keine Eile. Und vielleicht wollte ich auch nicht, dass dieses Date, oder wie Liv sagen würde „Einlösen meiner Wettschulden" enden würde.

„Wie läuft es gerade mit der Musik?" wurde ich von Liv gefragt. Gekonnt, allerdings mit einem Anflug von schlechtem Gewissen, ignorierte ich den vorwurfsvollen Tonfall, der in ihrer Stimme mitschwang und höchstwahrscheinlich auf den Silvesterabend anspielte.

„Eigentlich bin ich echt zufrieden. Ich habe einigen Songs den letzten Feinschliff gegeben, an denen ich schon lange arbeite und bald beginnt ja auch meine Tour...äh, also ein paar Auftritte halt..." Super Louis, lobte ich mich selbst, allerdings voller Ironie. Wenn ich so weitermachen würde, würde ich es noch mit meiner Art schaffen, dass bisher wunderschöne Date in der letzten Sekunde zu ruinieren.

„Wirklich? Du hast einige Auftritte?" Liv's Augen leuchteten während sie nachhakte „Darauf freust du dich bestimmt schon oder?"
Von ihrer Euphorie angesteckt, nickte ich nun auch strahlend: „Ja, es hat natürlich auch etwas, an neuen Songs zu basteln, aber die wirklich tollen Momente sind die, wenn man vor Menschen steht und seine eigenen Lieder singt. Und ihnen die Musik sogar noch gefällt."

„Spielst du auch in einer Location in London?" fragte sie nun noch einen Hauch interessierter weiter. Mist, ich wusste worauf das hinauslaufen würde.
„Ja, das ist auf jeden Fall angedacht...", antwortete ich wahrheitsgemäß, wenn auch etwas zögerlich.
„Super, dann komme ich auf jeden Fall, um dich zu unterstützen", meinte Liv Feuer und Flamme, bevor sie verlegen weitersprach: „Also natürlich nur, wenn dir das Recht ist."

Natürlich war mir das Recht. Mir war das sogar mehr als Recht. Es gab da nur dieses eine kleine Problem...

„Klar, das wäre toll, aber du musst nicht, wenn du nicht willst..." Was zum Teufel machte ich hier gerade?

„Natürlich komme ich! Weil ich dich erstens unterstützen möchte und du definitiv einen Fan da haben solltest und zweitens muss ich ja wenigstens einen Neujahresvorsatz in die Tat umsetzen." Sie spielte darauf an, dass sie mich unbedingt mal singen hören wollte. Allerdings hatte ich mir das eher in einem privaten Rahmen und nicht in einer Halle mit jeder Menge Fans drum herum vorgestellt. Auch wenn ich mittlerweile mein Konzerte etwas kleiner und privater hielt als früher, hieß das ja nicht, dass es nicht trotzdem jede Menge Leute waren.

„Bist du dir da ganz sicher?" fragte ich leicht zweifelnd, was Liv zu irritieren schien.
Doch sie blieb standhaft bei ihrer Meinung „Natürlich".
Dann streckte sie mir ihren kleinen Finger hin. „Was soll das denn werden?", fragte ich sie lachend.
„Ein Kleiner-Finger-Schwur. Den bricht man nämlich nicht", sie nickte sehr überzeugend, sodass ich ihr auch meinen kleinen Finger hinstreckte und wir diese ineinander verschränkten.
„Also hiermit verspreche ich dir, dass ich auf jeden Fall zu deinem Auftritt kommen werden. Komme was wolle!"
„Komme was wolle?", fragte ich noch einmal sicherheitshalber nach. Liv hatte ja keine Ahnung was sie hier genau versprach. Doch sie nickte so überzeugt, dass ich es akzeptierte.

Mittlerweile hatten wir das Mehrfamilienhaus erreicht, in welchem sich die Wohnung von Liv befand. Unschlüssig standen wir uns nun vor der Eingangstür gegenüber.

„Ja...", begann ich hilflos die nun notwendige Verabschiedung. Verdammt, immer wenn ich mich in Liv's Gegenwart befand, brachte mich das völlig aus dem Konzept und mir fehlten die Worte.
„Ja, also dann...", meinte nun auch Liv. Es war fast ein bisschen beruhigend zu sehen, dass auch sie nicht so recht zu wissen schien, wie nun genau die Verabscheidung stattfinden sollte.

Doch sie schien sich sehr schnell wieder gefangen zu haben, denn gleich darauf meinte sie: „Vielen Dank für den schönen Abend. Ich werde auch in Zukunft mit dir Wetten abschließen."
Ich verdrehte nur lachend die Augen. Hätte sie es nicht angesprochen, hätte ich gar nicht mehr daran gedacht, dass das Date ursprünglich aus Wettschulden entstanden ist. Für mich jedenfalls war das heutige Date niemals nur zum Einlösen der Wettschulden gedacht, sondern eigentlich nur, weil ich wirklich ein Date mit Liv wollte.

Zur Verabschiedung zog sie mich wie selbstverständlich in eine Umarmung. Sofort schlang ich auch meine Arme um sie. Die Wärme die ich dadurch zu spüren bekam, ließ mich direkt vergessen, dass es um uns gefühlte Minusgrade hatte.
Eigentlich ließ mich die Umarmung mal wieder alles um mich herum vergessen. Jede Sorge, jeder Gedanke welcher mir im Hinterkopf herumspukte, jede Angst die ich manchmal verspürte.
Das alles konnte ich vergessen, wenn ich Liv um mich herum hatte.
Meines Erachtens viel zu schnell endete die Umarmung dadurch, dass Liv sich daraus löste und dann etwas unbeholfen im Dunklen mit ihrem Schlüssel im Türschloss herumstocherte.
Es dauerte einige Anläufe, bis sie letztendlich die Türe öffnen konnte. Bevor sie jedoch im ebenfalls dunklen Treppenhaus verschwand drehte sie sich noch einmal um und lächelte.

Kaum war sie aus meinem Blickfeld verschwunden, fühlte ich mich ein bisschen verloren. Irgendwie hatte ich das schleichende Gefühl, dass das nicht wirklich das Ende von dem Abend gewesen sein konnte. Beziehungsweise wollte ich nicht, dass der Abend so endete.

Noch in letzter Sekunde bevor die schwere Haustür ins Schloss fallen konnte, stellte ich meinen Fuß in den Türspalt.
Hatte ich einen Plan? Nein. Wusste ich was ich tat? Absolut nicht. Aber ich folgte meinem Gefühl und begann die Treppenstufen nach oben zu erklimmen.

Schon zum Zweiten Mal an diesem Abend kam ich fast außer Puste, sodass ich noch ein paar Mal tief durchatmete, bevor ich kräftig an die Tür klopfte.

Danach tat sich erst mal gar nichts. Und während ich in dem dunklen Flur des Mehrfamilienhauses stand, fragte ich mich selbst, was ich hier eigentlich genau vorhatte. Gerade als ich dachte, mein Klopfen hätte man nicht gehört und ich könnte mich vielleicht doch noch umentschieden, wurde die Wohnungstür von Liv geöffnet.

„Hast du etwas vergessen?"

moments (Louis Tomlinson ff) Where stories live. Discover now