sechsundvierzig

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sechsundvierzig

Leicht genervt schubste ich die Küchenschublade zu, wodurch das Geschirr klirrte. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich in Louis' Küche befand, aber selbst dort war ich vor lauter Orientierungslosigkeit ziemlich aufgeschmissen.

Dass ich nicht das fand, wonach ich suchte, lag absolut nicht daran, dass es in dieser Küche keine Schöpfkelle gab. Ganz im Gegenteil. Diese Küche war wahrscheinlich besser ausgestattet, als eine Großküche in einem Sternerestaurant.

Mit diesen ganzen Hightech-Gerätschaften und hochwertigen Küchenutensilien hätte sich wahrscheinlich jeder Koch einen Michelin-Stern dazuverdienen können. Allerdings war diese Küche - wie das restliche Haus auch - so weitläufig, dass ich vor lauter Schubladen und Schrankfächer komplett den Überblick verloren hatte.

Ich war mir sicher, dass ich in der letzten halben Stunde, in welcher ich zugegebenermaßen schon einige Male fluchen musste, da ich rein gar nichts auf Anhieb gefunden hatte, die Schöpfkelle schon einmal gesehen hatte. Nur wo war jetzt die Frage.

Nachdem ich noch einige weitere Schubladen erfolglos geöffnet und wieder zugeschoben hatte, wurde ich fündig.

„Geht doch", murmelte ich zu mir selbst und begann, die Lasagne zu schichten.

Louis hatte mittlerweile Tourpause, was allerdings nicht hieß, dass er jetzt unheimlich viel Zeit hatte. Irgendwie hatte er immer etwas zu planen, denn selbst wenn einige Projekte noch nicht einmal veröffentlicht waren, arbeitete er schon an neuen.

Ich konnte ihm nicht einmal richtig böse sein, denn er strahlte immer von einem Ohr bis zum Anderen, wenn er eine gute Idee oder einen erfolgreichen Tag hatte, sodass ich mich einfach nur für ihn freuen konnte.

Für heute Abend hatte er mir allerdings viel Zeit zu zweit versprochen.
Da er natürlich noch - wie könnte es auch anders sein - im Studio war, hatte er mir einen Zweitschlüssel zu seinem Haus organisiert und vorgeschlagen, ich könnte uns schon einmal was zu essen bestellen, bis er kommen würde.

Mittlerweile hatte ich allerdings schon circa 10 Mal die Idee, anstatt Essen zu bestellen, selbst etwas zu kochen, bereut, da es wirklich schwierig war, in einer fremden Küche zu kochen.
Vor allem, wenn man für jede Schüssel eine halbe Stunde Zeit zum Suchen einplanen musste.

Tatsächlich war dieses Haus gar nicht mehr so fremd für mich. Seit Louis' Tourpause, hatte ich hier so viel Zeit verbracht, dass ich mittlerweile sogar nachts problemlos den Weg vom Bad in Louis' Schlafzimmer fand, ohne mich zu verirren.

„Mmmm, was riecht denn hier so gut?", fragte Louis, als er nicht gerade lautlos 40 Minuten später sein Haus betrat.

„Ich sollte mich doch ums Essen kümmern", rief ich lachend zurück und lies noch einmal meinen Blick durch die Küche schweifen.
Nachdem ich die Lasagne in den Ofen geschoben hatte, musste ich mich erst einmal um das Schlachtfeld kümmern, welches in der Küche durch meine Kochaktion ausgebrochen war. Problematisch war hierbei, dass ich beim besten Willen nicht mehr wusste, in welchen Schubladen die Utensilien ursprünglich untergebracht waren.

Anhand der offensichtlichen Tatsache, dass die von mir benutzten Gegenstände noch komplett neuwertig waren und anscheinend zuvor noch nie benutzt worden waren, wusste ich, dass Louis mir bei dieser Problematik auch nicht wirklich weiterhelfen könnte.

„Hast du italienisch bestellt?", fragte Louis zurück, bevor er zu mir kam und nach einem kurzen Kuss meinte „Hey Schatz, wie war dein Tag?"

Ich musste zugeben, dass sich auf mein Gesicht immer ein seliges Grinsen schlich, wenn er mich Schatz nannte.

Bevor ich ihm allerdings von meinem sehr unspannenden Büroalltag erzählen konnte, schaute er in den Ofen und riss überrascht die Augen auf: „Sag mir nicht, dass du gekocht hast?"

„Ähm, doch...", erwiderte ich leicht verunsichert. Hoffentlich war es ihm nicht unrecht, dass ich dafür den Inhalt seines Kühlschrankes aufstocken und sämtliche Schubladen durchforsten musste.

„Wow, das sieht ja voll gut aus", meinte er, als ich die Form aus dem Ofen geholt hatte und rechteckige Stücke aus der Lasagne schnitt, welche nun von Louis begutachtet wurden.

Ich schlug ihn leicht mit dem Küchenhandtuch und sagte gespielt empört: „Wie kommst du auf die Idee, dass sie nicht gut aussehen könnte?"

„Naja, ich glaube in dieser Küche wurde noch nie etwas gekocht, was so gut aussah...", grinste mich Louis an.
„Ich hoffe, du hast alles gefunden, was auch immer du dafür gebraucht hast?"

„Ja klar", antwortete ich lässig, während ich die Lasagnestücke auf zwei Teller verteilte und mich dann mit Louis auf dem Weg zu seiner Sofalandschaft machte. Er musste ja nicht direkt wissen, dass ich vorhin mehrmals seine gesamte Küche auf den Kopf gestellt und nebenbei noch mehrere Nervenzusammenbrüche bekommen hatte.

Erwartungsvoll sah ich Louis an, als sich dieser die erste Gabel voll mit Lasagne in den Mund schob.
Eigentlich beherrschte ich das Rezept für dieses Gericht im Schlaf, aber wenn man die äußeren Umstände betrachtete, hieß das nicht, dass es heute auch funktioniert hatte.

Nachdem Louis gekaut und heruntergeschluckt hatte, sah er mich mit großen Augen an: „Womit hab ich dich eigentlich verdient?"

„Wieso?", ich lachte leicht unbeholfen, da ich nicht wirklich wusste, worauf er anspielte.

„Naja, dass du die absolute Traumfrau bist, war mir schon vorher klar, aber jetzt kannst du auch noch richtig gut kochen", fassungslos, aber lächelnd schüttelte er den Kopf.

„Also schmeckt es dir?", fragte ich lachend, bekam aber nur ein übertriebenes Kopfnicken als Antwort, da Louis zu sehr mit Kauen beschäftigt war.

Nun konnte ich mich endlich auch auf mein Stück Lasagne konzentrieren.

Während Louis schweigend seine Lasagne genoss, ging ich meinen Gedanken nach.
Ich genoss es, meine Freizeit mit Louis zu verbringen. Unsere gemeinsamen Serienabende, unser wöchentlicher Test, welcher Lieferdienst die beste Pizza Diavolo brachte und die Zeiten, in denen mich Louis in seine neuen Ideen einweihte und mir Songideen zeigte, obwohl er wusste, dass ich ihm absolut nicht weiterhelfen konnte.
Manchmal beschränkte es sich auch einfach nur auf ein gemeinsames Teetrinken, je nach dem wie wir beide unseren Berufsalltag miteinander koordinieren konnten.

Allerdings fand das alles immer hinter verschlossenen Türen statt. Und zwar entweder in meiner Wohnung oder größtenteils - wie heute auch - bei Louis zu Hause. Und ich konnte nicht leugnen, dass ich gerne einfach mal mit meinem Freund händchenhaltend durch die Stadt spazieren, ein Restaurant und nicht nur dessen hinterste Nische besuchen oder im Kino einen Film schauen würde.

Ich würde mich gerne mit ihm und meinen anderen Freunden in einer Bar treffen oder einfach mal die Leute kennenlernen, mit denen er tagtäglich zusammenarbeitet und von denen er mir ständig erzählte.

Aber natürlich war mir bewusst, dass das die Situation nicht zuließ. Jedenfalls noch nicht.
Schon als ich den Schritt gegangen war und bereit dafür war, diese Beziehung einzugehen, wusste ich, dass einige Dinge anders laufen würden. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass diese Dinge mir schon nach den ersten Monaten Beziehung so zu schaffen machen würden.

„Schmeckt dir deine eigene Lasagne nicht?", riss Louis mich aus meinem negativen Gedankenkarussell. Das freche Grinsen, welches er dabei nicht unterdrücken konnte, ließ mich fast vergessen, weshalb ich gerade so abwesend war.

„Doch doch", meinte ich nun auch grinsend, konnte Louis dabei allerdings nicht in die Augen schauen.

„Ist alles ok?", fragte er mich und ich konnte ein Hauch Besorgnis aus der Stimme heraushören.

Ich schob alle negativen Gedanken und Zweifel in die letzte Ecke meines Gehirns und lächelte: „Ja klar. Was ist heute eigentlich der Plan? Serie oder Film?"

moments (Louis Tomlinson ff) Where stories live. Discover now