acht

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acht

Der 1. Weihnachtsfeiertag: Für die meisten Familien die Fortsetzung des Heiligabends, für mich hieß das allerdings nur ein, und zwar Party.
Es hatte sich mittlerweile zu einer Tradition entwickelt, dass wir uns alle trafen und feierten. Mit dem Gedanken daran, endlich meine alten Freunde wieder zu sehen, hüpfte ich lächelnd aus der Dusche. Vollkommen entspannt föhnte ich meine langen Haare trocken und cremte mich mit Bodylotion ein. Die Ruhe hielt allerdings nur solange an, bis ich einen Blick auf meine Uhr warf.
„Shit", fluchte ich, als ich sah, wie spät es inzwischen war. Ich hatte unter der Dusche vollkommen die Zeit vergessen. Hätte ich bloß nicht so viel über Situationen nachgedacht, die niemals eintreffen werden. Vor allem der Gedanke an Louis hat mich wirklich die Zeit vergessen lassen. Tja, das hatte ich jetzt davon. Ich musste endlich aufhören, Gefühle in Situationen hineinzuinterpretieren, welche gar nicht existierten.
Hektisch und nur mit einem Bademantel bekleidet rannte ich in das Gästezimmer und wühlte in meinem Koffer. Ich hatte natürlich nichts auch nur ansatzmäßig partytaugliches dabei. Zwangsläufig müsste mal wieder eine Jeans, ein basic Shirt und meine Sneaker herhalten.
Mit einem weiteren Blick auf die Uhr erübrigte sich zudem die Frage, ob ich mich schminken sollte. Ich hatte absolut keine Zeit für ein glanzvolles Abend-Make-Up. Mal ganz davon abgesehen, dass ich bei dem Versuch, mir Smokey Eyes zu schminken viel mehr so aussah, als hätte ich einen Boxkampf verloren, klatschte ich mir nur meine alltäglichen Produkte ins Gesicht.

Auf dem Weg nach unten ins Erdgeschoss hätte ich fast Josy über den Haufen gerannt. „Wohin gehst du?" fragte sie mich neugierig. „Geht dich gar nix an", antwortete ich mit dem süßesten Lächeln, welches ich in der stressigen Situation aufbringen konnte, während ich mir gleichzeitig meine Jacke überwarf und mir meine Kamera umhängte. Vielleicht könnte ich heute Abend ein paar schöne Bilder von uns machen können.
Dass Josy daraufhin trotzig schmollte, ignorierte ich gekonnt. Sie musste ja nicht alles wissen - und meine mum auch nicht. Außerdem wusste man bei Teenagern nie, ob sie nicht doch irgendetwas ausplauderten. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass in dieser Hinsicht vorsichtig sein musste.

„Viel Spaß Liv", wünschte mir meine Mum, die schon seit Jahren glaubte, dass meine besten Freundinnen und ich uns immer zu einem Spieleabend trafen. „Und grüß die Anderen von mir." Natürlich war ich volljährig und hätte auch einfach die Wahrheit sagen können, aber erstens war meine Mutter - wie bereits erwähnt - sehr konservativ und hatte zudem die Angewohnheit sich immer sehr viele Sorgen zu machen. Außerdem wäre sie dann wahrscheinlich auf die Idee gekommen, dass ich, als ich 16 war, vielleicht auch gar nicht an einem Spieleabend teilgenommen hatte.
Ich nickte nur und schlüpfte aus der Haustür. Schon nach dem ersten Schritt ins Freie, war ich wahnsinnig dankbar, dass ich kein Partyoutfit, sondern halbwegs wärmende Kleidung trug. Ich legte einen Gang zu, überquerte die Straßenseite und machte mich auf den Weg zu unserem Treffpunkt. Schon bevor meine Mädels in Sichtweite kamen, hörte ich hysterisches Kichern, dicht gefolgt von einem „Psshhhhht". Als sie mich jedoch sahen, grölten sie beide los. Klick. Ich musste unbedingt diesen Moment einfangen. Chiara, die immer noch kicherte, während Lina verzweifelt versuchte, eine Sektflasche zu öffnen.
„Liv, gut dass du da bist, ich bekomme diese drecks Flasche einfach nicht auf", fluchte Lina, kaum dass wir uns begrüßt hatten. „Das liegt vielleicht daran, dass du mal wieder die billigste Plörre gekauft hast, die es gab", erwiderte ich während ich ihr die Flasche aus der Hand nahm, um mein einzigstes Talent vorzuführen. Mit einem leisen ‚plopp' öffnete ich die Flasche.
„Entschuldigung, ich bin vielleicht eine arme Studentin. Außerdem hab ich die gar nicht gekauft, die stand bei uns noch im Keller rum", lachte Lina und ich grinste. Chiara hatte bereits den ersten Schluck von unserer ‚Wegzehrung" genommen und gab die Flasche an mich weiter.
„Schmeckt, als wird es ein verdammt guter Abend werden" kommentierte ich den Geschmack.
Wir machten uns auf den Weg zu der Location. Das Ziel war ein etwas außerhalb gelegener Pub, in welchem eigentlich immer nur ältere Herren saßen, rauchten und Fußballspiele über die riesigen Flachbildschirme verfolgten. Aber nicht am 1.Weihnachtsfeiertag. Nicht, dass es sich bei der schon etwas heruntergekommenen Bar um ein Highlight handelte, aber wenn man auf dem Dorf wohnte hatte man nicht wirklich eine Alternative.
„Nochmal um auf die Armut von Lina zu sprechen zu kommen: Weiß Liv schon über deine neuste Idee Bescheid?" Chiara schubste unserer Freundin den Gesprächsball zu, während sie mir die Flasche aus der Hand nahm.
Ich schüttelte nur den Kopf und fragte mich schon auf was für eine Idee Lina schon wieder gekommen war.
Der Alkohol zeigte bereits die erste Wirkung, als Lina kichernd anfing von ihren neusten Plänen zu erzählen: „Also irgendwie läuft das mit dem Studium gerade nicht so gut und macht irgendwie auch keinen Spaß und deswegen habe ich mir überlegt, dass ich mir einfach einen reichen Mann suche. Vielleicht einen Fußballspieler oder einen Musiker oder so etwas in der Art. Kennst du da zufällig jemanden?"
„Nee ich kenne nur einen armen Musiker, sorry", antwortete ich lachend. Erst nachdem die Worte meinen Mund verlassen hatten, bemerkte ich, dass ich mich eventuell etwas verplappert hatte. Ich hoffte einfach darauf, dass es in unserem Gegakker etwas untergegangen war.
„Direkt uninteressant", antwortete Lina lachend und ergänzte dann noch freundlicherweise „den kannst du behalten."
Doch wenn man sich auf eine Sache verlassen konnte, dann darauf, dass Chiara nichts entging. „Aha?", hakte sie auch sofort mit hochgezogener Augenbraue nach.

Daraufhin begann ich zu erzählen. Davon dass ich Louis in einem Geschäft in London kennengelernt, ich ihn hier wiedergetroffen hatte und wir uns bis jetzt ganz gut verstanden. Gewisse Einzelheiten ließ ich aus. Somit wurden in meiner Erklärung nächtliche Spaziergänge und innige Umarmungen unterschlagen.
Da Louis nun mal keine reiche Person war, hörte Lina nur mit halbem Ohr zu, während Chiara die üblichen Kommentare zu meiner neuen Bekanntschaft abließ.
Doch bevor ich mit ihr tiefer in das Gespräch über meine neue Bekanntschaft einsteigen konnte kam der alte Pub in unser Sichtfeld. Die laut aufgedrehte Musik hatten wir schon auf der Hälfte unseres Weges gehört.

Es schien schon einiges los zu sein, denn noch bevor wir hinein gingen trafen wir schon die ersten bekannten Gesichter.
Als Lina mich unsanft in die Kneipe stieß, hoffte ich inständig, dass meine Mutter niemals sehen würde, was heute Abend alles so passieren würde. Nicht, dass ihr schönes Weltbild zerstört werden würde.

moments (Louis Tomlinson ff) Where stories live. Discover now