einundsechzig

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einundsechzig

Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich meinen - zugegebenermaßen leicht zitternden - Finger auf die Klingel legte. Zu sagen, ich wäre wahnsinnig nervös, wäre wahrscheinlich noch die Untertreibung des Jahrhunderts.

Ich konnte einfach absolut nicht einschätzen, was ich von diesem Abend zu erwarten hatte. Dies brachte automatisch ein Outfit-Problem mit sich.

Mal wieder hatte ich das Problem bis zur allerletzten Sekunde herausgeschossen, nur um dann hektisch meine Freundinnen um Rat zu fragen. Vor lauter Nervosität hatte ich mich gefühlt einhundert Mal umgezogen, was auch durch die im ganzen Zimmer verstreuten Klamotten bewiesen wurde, welche ich nachdem ich sie für untauglich erklärt hatte, einfach achtlos auf den Boden geworfen hatte.

Die Kleiderberge in meiner gesamten Wohnung sprachen für sich und ich hoffte inständig, dass weder ein Notfall passierte, noch dass ich spontanen Besuch bekam.

Letztendlich hatte ich mich dann komplett verzweifelt einfach für einen Rock und ein Shirt, beides in meiner Lieblingsfarbe schwarz, entschieden, auch wenn meine Freundinnen mir zu etwas Schickerem geraten hatten.

Ich strich noch einmal den Rock glatt, ignorierte gekonnt die Tatsache, dass dem Kleidungsstück die Berührung mit einem Bügeleisen auch nicht geschadet hätte und drückte dann auf die Klingel.

„Hey", rief Louis mir zu, nachdem er die Tür aufgerissen hatte. Dann machte er eine Handbewegung, welche mich dazu animierte einen Schritt in den Eingangsbereich zu wagen.

„Hey", meinte nun auch ich und schaute mich unschlüssig um. Eigentlich wäre ich Louis am Liebsten direkt um den Hals gefallen. Allerdings wäre das in Anbetracht der Tatsache, dass ich nicht mal Gewissheit über seine Entscheidung hatte, ein bisschen übertrieben.

Auch scheute ich mich davor, ihm eine freundschaftliche Umarmung zu schenken, da ich mich in Louis' Gegenwart mittlerweile kannte und wusste, dass ich ihn dann garantiert nicht wieder loslassen würde.
Höchstwahrscheinlich würde das dann in einer ähnlichen Situation wie das Wochenende davor enden, wobei wir dann der Lösung unseres Problems keinen Schritt weiter gekommen wären.

Also blieb ich einfach stehen und lächelte Louis schüchtern an. Anhand seiner nachdenklichen Miene konnte ich erkennen, dass ihm die gleiche Frage bezüglich der Begrüßung durch den Kopf schwirrte.

Um nicht weiterhin wie festgefroren da zustehen, löste ich mich aus meiner Position, zog meine Schuhe aus und stellte sie neben die von Louis. Natürlich fiel mir sofort auf, dass seine Sneaker nicht wie sonst immer kreuz und quer auf einem Haufen lagen, sondern stattdessen fein säuberlich in einer Reihe standen.

Die offensichtliche Tatsache, dass er extra aufgeräumt hatte, ließ ich allerdings unkommentiert.

„Das Essen dauert noch so 10 Minuten", verlegen fuhr sich Louis durch seine Haare und verwuschelte sie dadurch noch mehr.

„Was hast du denn bestellt?", fragte ich interessiert, während ich versuchte nicht daran zu denken, dass ich gerade am Liebsten auch durch Louis' Haare wuscheln würde.

„Nichts", schuldbewusst schaute mich Louis an.

Auf meinen irritierten Blick, welcher darauf folge, antwortete er: „Ich habe gekocht..."

„Ja klar", prustete ich los, immerhin hatte ich das Bild von einem orientierungslosen Louis in der Küche noch nicht vergessen.

„Nein, ich meine das ernst...", verteidigte er sich. Dass er dabei aussah, als wäre er von meiner Reaktion etwas enttäuscht, bekam ich gar nicht mit.

„Aber dein Haus steht ja noch...", grinste ich, woraufhin auch Louis' Mundwinkel verräterisch zuckten.

„Es lief ja auch alles wie geplant", erwiderte er, woraufhin ich nur die Augenbrauen hochziehen konnte. Immerhin hatte Louis schon bei der Zubereitung von Rührei so seine Probleme gehabt.

Mittlerweile waren wir in die Küche gegangen, wo mir schon ein köstlicher Geruch entgegen wehte.

„Wow das riecht total gut", stellte ich erstaunt fest. Das stolze Glitzern in Louis' Augen war mir daraufhin nicht entgangen.

Wieder einmal standen wir uns gegenüber und schauten uns an. Wieder einmal hatte sich diese unangenehme Stille um uns gelegt.

„Es tut mir leid", platzte Louis heraus. Sein Gesichtsausdruck hatte sich währenddessen von grinsend zu ernst gewandelt.

„Aber das riecht doch total gut. Ich bin mir sicher, dass es auch mindestens genauso gut schmeckt", versuchte ich ihn zu beruhigen, während ich meinen Blick durch die Küche schweifen ließ und anhand des Schlachtfelds vor mir versuchte zu erraten, was es denn zu Essen gab.

„Nein nicht wegen dem Essen", stöhnend verdrehte Louis die Augen und versuchte danach die richtigen Worte zu finden, während ich nur restlos verwirrt war.

„Wegen uns...", murmelte Louis dann leise. Ich merkte, dass es einiges von ihm abverlangte, doch er hielt dem Blickkontakt mit mir stand.

Noch bevor ich mich dazu äußern konnte, sprach er schon weiter: „Ich weiß, dass ich mich verhalten habe, wie ein kompletter Idiot. Es gab gar keinen Grund eifersüchtig zu sein, aber ich habe dir einfach nicht das Vertrauen entgegengebracht, was du verdienst..."

Er holte einmal tief Luft bevor er sagte: „Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Nachdem du mich vor die Wahl gestellt hast, habe ich erst einmal ein paar Tage gebraucht, um zu realisieren, dass ich dich verlieren könnte. Ich will dich aber nicht verlieren. Und ich will auch nicht, dass du dich nicht gewertschätzt fühlst."

„Liv, ich vertraue dir und werde versprechen, dass ich mich diesbezüglich bessern werde", er schaute mich erwartungsvoll an, doch ich konnte ihn nur sprachlos anschauen, da ich seine eben gesagten Worte erst einmal verarbeiten musste.

„Ich will dich einfach nur wieder bei mir haben. Also vorausgesetzt, du willst mich zurück...", fast schon schüchtern schaute er mich an. Dabei blinzelte er sich eine Träne weg.

„Du bist so ein Idiot", meinte ich, nachdem ich realisiert hatte, was es alles gebraucht hatte, bis Louis merkt, dass es sich bei seinem Problem um gar kein Problem handelte.

„Ich weiß...", nervös kaute er auf seiner Unterlippe herum.

„Kommst du jetzt endlich her und küsst mich?", fragte ich grinsend.

Das ließ sich Louis nicht zwei Mal sagen. Stürmisch kam er auf mich zu, legte seine Hände auf meine Hüfte und zog mich näher an sich heran. Dann legte er ganz sanft seine Lippen auf meine und küsste mich so vorsichtig, als müsste er aufpassen, dass ich dabei nicht zerbreche.

Doch sobald er gemerkt hatte, dass ich dies nicht tat, zog er mich noch näher heran und intensivierte den Kuss. Endlich konnte ich mit meinen Händen durch seine Haare fahren, was ihm ein wohliges Seufzen entlockte.

So standen wir mitten in dem Schlachtfeld seiner Küche und konnten nicht aufhören, uns zu küssen. Wir bekamen nicht mit, wie der Wecker klingelte. Wir bekamen nicht mit, wie das Nudelwasser überkochte. Und wir bekamen nicht mit, dass wenn wir so weiter machen würden, wir vielleicht doch den Lieferdienst in Anspruch nehmen müssten.

Das Einzige, was ich mitbekam, war das unbeschreibliche Gefühl, endlich wieder zu Hause angekommen zu sein.

moments (Louis Tomlinson ff) Where stories live. Discover now