sechs

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sechs

Kaum hatte ich unser Haus hinter mir gelassen, war ich innerlich etwas ruhiger. Was allerdings auch an der Nachluft liegen konnte. Es hatte deutlich abgekühlt und der Wind pfiff mir entgegen. Ich wickelte meine Jacke etwas enger um mich, während ich schnellen Schrittes durch unser Dorf marschierte. Ich wusste wo ich hin wollte.

Noch bevor ich an der Tankstelle ankam, bei welcher es sich zudem um das einzige Geschäft handelte, welches wirklich immer offen hatte, bemerkte ich, dass meine neue Kamera immer noch um meinen Hals baumelte. Na super, jetzt musste ich das Ding die ganze Zeit mit mir herumschleppen. Wie konnte man eigentlich so verpeilt sein und nicht bemerken, dass man so etwas um den Hals hängen hatte. Wieder mal konnte ich nur die Augen über mich selbst verdrehen.

Nach einigen Gehminuten kam auch schon die kleine Tankstelle in meine Sichtweite. Schon seit ich denken konnte, war der Verkaufsraum wahnsinnig altbacken eingerichtet. Mit Sicherheit handelte es sich bei den grünen Fliesen immer noch um die der Anfangszeit. Dazu kam, dass der Verkaufsraum winzig war. So winzig, dass man, wenn Klaustrophobie für einen ein Problem darstellte, die Tankstelle eher meiden sollte. Das vorhandene Platzprobleme wurde auch dadurch nicht verbessert, dass der kleine Raum nahezu bis zur Decke vollgestellt war mit Waren. Egal ob Alkohol, Snacks, Kuscheltiere, Zeitschriften, Geschenkartikel,... hier gab es auf den vorhandenen 12 Quadratmeter alles was man in jeder nur erdenklichen Situation mal gebrauchen könnte. Schwungvoll drückte ich die Tür auf, welche ein klingelndes Geräusch erzeugte. Was meiner Meinung nach völlig unnötig war, da man in diesem kleinen Laden ja wohl kaum die Überblick über die Kundschaft verlieren konnte. Zwei Schritte weiter war ich auch schon am Tresen angekommen. Ich war wirklich nicht stolz auf mich, als ich ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug hinlegte, mein Geld über den Tresen schob, um mit einem „Frohe Weihnachten" den Verkaufsraum wieder zu verlassen. „Ist ganz schön gefragt heute", meinte der Verkäufer mit einem Blick auf meinen Einkauf. Ich zuckte nur mit den Schultern. Vermutlich waren wir nicht der einzige Haushalt, in dem am Heiligabend dicke Luft herrschte.

Kaum hatte ich den Laden verlassen, war ich schon dabei mein gerade erworbenes Gut auszupacken, natürlich darauf bedacht, den Bildern auf der Verpackung nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken, um kein schlechtes Gewissen zu bekommen. Jedoch wurde mein Vorhaben unterbrochen, da ich von jemandem abgelenkt wurde. Ein mir nicht unbekannter Typ stand lässig gegen den alten, schon fast komplett abgebröckelten Putz der Hauswand gelehnt und blies weißen Rauch in die kühle Nachtluft. Ich war so gefangen von diesem Anblick, sodass ich fast wie unter Hypnose meine Kamera zückte, um den Moment einzufangen.

Klick. Mein Fotomotiv zuckte erschrocken zusammen, während er sich leicht panisch umschaute. Fast schon erleichtert lächelte er, als er mich erkannte. „Liv?" Fragte er in die Dunkelheit hinein. Ich kam mit den Worten „Ich wünsche dir auch frohe Weihnachten Louis" näher. Er lächelte.

Ich lehne mich neben ihm an die Wand, während ich mein Vorhaben von eben vollendete und mir eine Zigarette anzündete. „Du rauchst?", fragte mich Louis überrascht, während er an seiner Zigarette zog. „Nein, ich habe aufgehört."
„Ja, genau." wurde mein Verhalten nun ironisch kommentiert. „Ich rauche nur noch eine Zigarette im Jahr", rechtfertigte ich meine Tat. „Und das ist deine erste Zigarette dieses Jahr?", fragte Louis unglaubwürdig. Ich grinste schief „Na gut, vielleicht ist das ja jetzt die Zweite."
„Bist du dir sicher, dass es nicht vielleicht doch die Dritte dieses Jahr ist?" konterte er. Ich zuckte nur schuldbewusste mit den Schultern.
„Was ist mit dir?", fragte ich ihn. „Weißt du nicht, dass Rauchen tödlich sein kann?" lachte ich nun fragend.
„Ich mache das so wie du: Das ist dieses Jahr meine erste Zigarette", log er offensichtlich. Wir grinsten uns verschwörerisch an. „Wenigstens weiß ich jetzt, dass du unmöglich Sänger sein kannst", stellte ich mit Blick auf den Stummel seiner Zigarette fest. „Ähm, also eigentlich bin ich das sogar", druckste Louis nun herum.
„Ah, dann bist du also ein verarmter und mittelloser Musiker", vollendete ich meinen Eindruck von ihm, aber Louis lachte daraufhin nur.

„Haben deiner Schwester die Schuhe gefallen?", wechselte Louis nun das Thema. „Sie hat ein neues Handy bekommen, da sind die Schuhe gar nicht erst beachtet worden", erwiderte ich während ich die Augen über meine Schwester verdrehte. „Wenigstens habe ich meine nun wieder", stellte ich mit einem Blick auf meine Vans fest, die - dank meiner Schwester - genauso fertig aussahen, wie die von Louis.

Daraufhin herrschte wieder einmal Stille. Ich zog weiterhin an meiner Zigarette, während Louis an seinem Feuerzeug herumspielte.
„Was machst du eigentlich hier?" Wurde ich von Louis gefragt. „Ich wohne hier?", antwortete ich leicht irritiert. Louis verdrehte die Augen „Nein ich meinte hier." Mit einer Kopfbewegung deutete er an, dass er die Tankstelle meinte. „Ich habe ein bisschen frische Luft gebraucht", meinte ich schlicht.
„Und du?" drehte ich die Aufmerksamkeit auf Louis. „Ich wohne nicht hier", stellte er grinsend fest. Ich kommentierte das nur mit einem augenrollenden „Ach nee."
„Ich habe ein paar Verwandte besucht" ergänzte er seine Aussage und nach einem Nicken meinerseits zu der Tankstelle meinte er nur: „Ich musste mal raus."
„Tränen?" fragte ich nur. Würde ich als vorher nachdenken, bevor ich etwas sagen würde, hätte ich diese Wort wahrscheinlich nicht in den Mund genommen. In manchen Situationen war ich ganz schön unsensibel. Zu meinem eigenen Ärgernis stellte ich das allerdings immer erst dann fest, wenn es schon zu spät war.
Louis antwortete nur mit einer Gegenfrage: „Streit?"
Einvernehmlich sahen wir und an und nickten uns zu. Louis blinzelte schnell seine glasigen Augen weg, bevor er mich fragte: „Abendspaziergang?"
„Abendspaziergang. Aber diesmal müssen wir nicht in eine Seitengasse. Um die Uhrzeit ist hier keine Menschenseele mehr unterwegs."
Louis lachte nur und zog mich mit sich, weg von der Tankstelle.

moments (Louis Tomlinson ff) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt