fünfzig

858 37 11
                                    

fünfzig

„Nervös?", fragte ich meinen Freund, welcher seit geschlagenen fünf Minuten mit seinen Fingern auf das Lenkrad trommelte. Und das nicht einmal passend im Takt zu der Musik, die leise im Hintergrund lief.

„Natürlich nicht", erwiderte mir Louis, aber ich hörte anhand der leichten Unsicherheit in seiner Stimme, dass er nicht einmal selbst von seiner Aussage überzeugt war.

Um seinen Worten jedoch noch ein bisschen mehr Ausdruck zu verleihen, trat Louis noch ein bisschen fester auf das Gaspedal, sodass ich leicht in den Sitz gedrückt wurde.

Schon seit wir die Hofeinfahrt zu Louis' Haus verlassen hatten, hatte Louis ein ordentliches Tempo drauf. Tatsächlich fühlte ich mich gerade auch viel mehr wie bei Fast & Furious, als auf dem Weg zu meinen Eltern.

Was allerdings auch daran liegen könnte, dass wir dezent zu spät waren. Ich schob die Schuld vielmehr darauf, dass mein sonst so entspannter Freund sich - angeblich unbemerkt - drei Mal umgezogen hatte, als auf die Tatsache, dass die (gemeinsame) morgendliche Dusche vielleicht etwas ausgeartet ist.

Jedoch würde Louis nie zugeben, dass es kein Zufall war, dass seine Haare nicht ganz so unordentlich und der Griff in den Kleiderschrank nicht ganz so wahllos wie sonst immer war.

„Lügner", grinste ich und erkannte nach einem Blick aufs Navi, dass Louis es sich tatsächlich zum Ziel gemacht hatte, die von dem Gerät berechnete Ankunftszeit um eine halbe Stunde zu unterbieten.

Für mich, die zugegebenermaßen eher zu der Kategorie ‚entspannter und ausgeglichener Autofahrer' gehörte, stellte das eine absolute Neuheit dar.

Louis verdrehte die Augen, während er einen rasanten Spurwechsel hinlegte und meinte: „Ok, vielleicht ein ganz kleines Bisschen."
Und nachdem ich nichts weiter außer einen wissendes Lächeln erwiderte, ergänzte er mit einem etwas ruppigeren Unterton, als beabsichtigt: „Ich lerne deine Familie kennen. Natürlich bin ich ein bisschen angespannt..."

„Angespannt also", grinste ich und realisierte beruhigt, dass Louis gerade in mein Heimatdorf gefahren war und deswegen die Geschwindigkeit wieder einigermaßen normalisiert hatte. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass wir uns dennoch gefährlich nah an der ‚Führerschein-weg-Grenze' bewegten, wovon Louis anscheinend noch nicht allzu viel mitbekommen hatte.

„Ich will halt einen guten ersten Eindruck machen...", murmelte er nun verlegen.

Nachdem ich meinen Blick noch einmal über meinen Freund habe schweifen lassen, sah er mich an und zwinkerte mir zu. Und ich? Mir wurde schon wieder ganz warm.
Würde sich das Gefühl irgendwann legen? Ich glaube nicht.
Ehrlicherweise sah Louis heute aber auch schon wieder verboten gut aus. Er hatte extra von einer zerrissenen Jeans abgesehen und eine dunkle Stoffhose angezogen. Auch das dunkelrote Hemd, welches einen ziemlich körperbetonten Schnitt aufzuweisen hatte, brachte meine Beherrschung, nicht sofort über ihn herzufallen, fast an seine Grenze.

Noch bevor ich ihm bestätigen konnte, dass er sich optische gesehen darüber absolut keine Gedanken machen musste, fragte er mich: „Ok, Zeit für die letzten Tipps: Auf was muss ich besonders achten?"

„Also meine Mutter hast du eigentlich schon in deinem Team, wenn du ihr ein Kompliment zu ihrem Essen machst und wenn du dir dann noch halbwegs interessiert anhörst, was sie über ihre eigens kreierte Rezeptvariation zu sagen hat, wird sie wahrscheinlich Fan von dir...", begann ich meine Instruktion, während Louis langsam in unsere Zielstraße fuhr und sein Parkmanöver startete.

„Was ist mit deinem Vater?", fragte er weiter, während er nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel in die Parklücke einparkte.

Nach kurzem Überlegen antwortete ich: „Also mein Vater ist bei so etwas eigentlich immer ziemlich neutral. Wenn du nach dem Essen einen Absacker mit ihm trinkst, bekommst du volle Sympathiepunkte."

„Über Josy brauchen wir gar nicht zu reden...", überlegte ich laut, wurde allerdings von Louis unterbrochen.

„Sie weiß es doch eh schon, oder?", fragte er, doch als er meinen schuldbewussten Blick sah, schaute er mich schockiert an. „Du hast es ihr nicht erzählt?"

„Nein?", antwortete ich mit einem etwas gequälten Grinsen.
Genau aus dem Grund war es mir auch so wichtig, dass Louis nach unserem Amsterdam-Wochenende möglichst schnell meine Familie kennenlernen würde.

Direkt nachdem wir, oder besser gesagt ich, beschlossen hatte, dass es an der Zeit war, den nächsten Schritt zu gehen, wusste ich, dass dieses Treffen unausweichlich werden würde.
Da ich allerdings mitbekommen hatte, wie die Mädchen auf der Brücke allein schon bei Louis Anblick fast einen Anfall bekommen hatten, wusste ich, dass ich dieses Treffen nicht mehr wirklich lange hinausschieben konnte.

Vor allem aus dem Grund, dass meine kleine Schwester Josy gefühlt erste Vorsitzende bei Promiflash war und eigentlich immer über alles Beschweid wusste. Und ich wollte natürlich, dass sie es nicht von einem Klatschmagazin, sondern von mir persönlich erfuhr, dass es sich bei ihrem Schwager in spe um exakt die selbe Person handelt, welche unter anderem jahrelang ihre Zimmerwände geschmückt hatte.

„Du bist fies, weißt du das?", erwiderte Louis, doch auch er musste bei dem Gedanken daran grinsen, dass Josy noch nichts wusste.

„Ich dachte, so macht man das als Schwester", grinste ich unschuldig zurück, wurde dann aber wieder ernst. „Bei meiner Oma gibt es ein paar Dinge, worauf du achten solltest..."

„Und die wären?", fragte Louis nun auch wider ernst zurück und ich musste keine Gedankenlesen können, um zu wissen, dass ihm meine Erzählungen von Weihnachten durch den Kopf schwirrten.

„Naja, auf Tattoos ist sie nicht ganz so gut zu sprechen", begann ich mit den Tabuthemen, woraufhin Louis nachhakte: „Was heißt das genau?"

„Dass sie dich dann vielleicht für einen Kriminellen hält?", erwiderte ich augenrollend, da ich mich selbst darüber aufregte, dass das zu einem Problem werden könnte.

„Sonst noch was?", fragte Louis, der versuchte, alle neu gewonnenen Informationen wie ein Schwamm aufzusaugen.

„Naja, wahrscheinlich wäre ihr ein Steuerberater im Pullunder lieber, als ein mittelloser Musiker", ich zwinkerte ihm zu und bekam als Antwort auf meinen kleinen Seitenhieb ein Grinsen.

Doch als Louis' Grinsen ziemlich schnell verrutschte und ich ihn fragen ansah, meinte er nur: „Was ist wenn sie mich nicht mögen?"

„Egal", ich zuckte mit den Schultern und sah in das überforderte Gesicht meines Freundes.

„Wie egal?", fragte er erneut und ich sah, wie sich eine leichte Sorgenfalte auf seiner Stirn gebildet hatte.

Ich drehte mich so zu ihm, dass ich ihm in die Augen schauen konnte und sagte: „Es wäre mir egal. Ich liebe dich und du machst mich glücklich. Punkt. Aus. Ende. Alles Andere sollte meiner Familie egal sein."

„Du würdest wirklich auf meiner Seite stehen, wenn sie mich nicht mögen würden?", Louis blickte mich erstaunt an.

„Es gibt nicht mehr deine Seite. Es ist UNSERE Seite", korrigierte ich ihn, was die Sorgenfalte verschwinden und das Lächeln, was ich so sehr an ihm liebte, auf seinem Gesicht erschienen ließ. „Außerdem muss ich mich gar nicht entscheiden, weil sie dich definitiv mögen werden."

Und auf den fragenden Blick und die erneut aufkommende Falte auf der Stirn, ergänzte ich nur: „Man kann dich gar nicht nicht mögen."

„Bist du bereit?", fragte ich ihn und mein Freund nickte, nachdem er noch einmal tief ein- und wieder ausgeatmet hatte.

Händchenhaltend liefen wir über den kleinen Weg vom Gartentor zur Haustüre. Bevor ich die Klingel betätigte, küsste ich Louis noch einmal mit solch einer Leidenschaft und Überzeugung, dass dies hoffentlich seine Unsicherheit und Zweifel direkt aus seinen Gedanken katapultierte.

Es schien zu funktionieren, denn Louis zog mich noch ein bisschen näher an sich heran, nickte mir dann aber auffordernd zu.

Noch ehe die Klingel richtig verklungen war, wurde die Tür aufgerissen und meine Mutter, welche gerade noch ihre Kochschürze von sich geworfen hatte, erschien im Türrahmen.

moments (Louis Tomlinson ff) Where stories live. Discover now