vierunddreißig

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vierunddreißig

„Und dann?", Chiara blickte mich durch den Bildschirm meines Laptops mit großen Augen an.
„Dann bin ich nach Hause gegangen...", antwortete ich, während ich einen etwas gequälten Gesichtsausdruck zu Stande brachte.

„Liv, das ist nicht dein Ernst. Erst gesteht er dir deine Liebe und du reagierst einfach nicht und dann küsst er dich und du gehst danach einfach nach Hause?", vor lauter Fassungslosigkeit war ihre Stimme etwas schrill geworden, während sie meine ausführliche Erzählung über das Konzert zusammenfasste.

Noch bevor ich mich verteidigen konnte, zeigte mir mein Laptop an, dass nun auch endlich die Verbindung zu Lina hergestellt wurde.
Sogar zu einem Facetime Meeting schaffte sie es, zu spät zu kommen. Nur dass hierbei die Ausrede „Ich stand im Stau..." nicht wirklich glaubhaft wäre.

„Hallihallöchen", wurden wir, nachdem nun die Verbindung hergestellt und Linas Gesicht auf dem Bildschirm zu erkennen war, übermotiviert begrüßt.

„Was ist denn mit dir los? Wieso bist du schon wieder so ekelhaft gut gelaunt?", murrte ich, noch immer etwas beleidigt, von der radikalen Zusammenfassung, welche Chiara mir gerade erörtert hatte.
Obwohl ich in meinem tiefsten inneren wusste, dass sie Recht hatte, wollte ich der Wahrheit nicht so recht ins Gesicht blicken.

Während Chiara darüber nur lachen konnte, fragte Lina: „Was ist denn mit dir los? Versuchst du mit dem Rauchen aufzuhören und bist deprimiert?"

Mit einer abwinkenden Handbewegung signalisierte ich meiner Freundin, dass es sich um nichts wichtiges handelt und lenkte die Aufmerksamkeit auf sie: „Mensch, dich haben wir ja schon Ewigkeiten nicht mehr zu Gesicht bekommen. Was gibt es so Neues?"

„Nichts. Die Uni ist stressig wie immer und ich habe immer noch keinen reichen Mann für mich gefunden", gespielt verzweifelt schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen, was uns allen ein Lachen entlockte. Lina hatte manchmal wirklich einen Hang zum Drama.

„Also reden wir lieber über euch: Was gibt es bei euch so Neues?", lenkte sie das Thema wieder zu mir zurück. Super, da hatte ich ja richtig lange Ruhe von diesem einen bestimmten Thema.

Ich antwortete also mit einem neutralen „Gar nichts, alles wie immer" um nicht schon wieder im Mittelpunkt der Diskussion zu stehen, doch ich hatte nicht die Rechnung mit Chiara gemacht.
Diese antwortete nämlich zeitgleich mit mir: „Nichts Besonderes. Außer dass ein weltberühmter Musiker Liv seine Liebe gestanden hat und sie das gekonnt ignoriert."

Leicht angesäuert funkelte ich Chiara an. Natürlich hatte ich vorgehabt, Lina bei der nächstmöglichen Gelegenheit alles über Louis zu erzählen, was sie noch nicht mitbekommen hatte, doch ich wäre das Ganze vielleicht etwas sanfter angegangen.

Die Tatsache, dass Lina nun allerdings schallend lachte und das eben Gesagte offensichtlich als Witz verstanden hatte, besänftigte mich wieder.

„Warum lacht ihr denn nicht?", fragte sie uns, nachdem auch ihr aufgefallen war, dass sie die Einzige mit Lachflash war.

„Weil es kein Witz ist...", meinte ich leise und Chiara nickte zustimmend.

Nachdem ich Linas verständnislosen Blick gesehen hatte, wusste ich dass ich etwas weiter ausholen musste.

„Kannst du dich noch an Louis von der Silvesterparty erinnern?", fing ich an, mich langsam zu dem Kernpunkt vorzuarbeiten.

Doch mal wieder hatte ich Chiaras Direktheit nicht mit eingeplant, denn kaum dass Lina zustimmend genickt hatte, meine Chiara nur: „Google einfach ‚Louis Tomlinson.'"

„Äh was?" Offensichtlich hatte Chiara Lina damit voll aus dem Konzept gebracht, doch nachdem sie das gerade Gesagt noch einmal eindringlich wiederholt hatte, folgte Lina der Anweisung.

Innerhalb von einer Sekunde wechselte ihr Blick von irritiert zu absolut fassungslos.

„Hängt das Bild oder bewegt sie sich einfach nicht?", fragte ich Chiara, da sich Lina offensichtlich in einer Art Schockstarre befand.

Nachdem sie die Neuigkeit wenigstens halbwegs verdaut zu haben scheint, stotterte sie nur: „Krass... also das ist .... einfach krass. Chiara, der stand doch neulich noch in deiner Küche."

„Wir müssen da jetzt echt kein großes Ding draus machen...", versuchte ich alle Anwesenden wieder auf den Boden der Tatsachen zu bringen, doch es gelang mir nicht wirklich.

Dass die Umsetzung meines Plan gescheitert war, merkte ich spätestens daran, dass nun Lina, die anscheinend erst jetzt die Tatsache richtig realisiert hat, mit aufgereihter Stimme meinte: „Kein großes Ding? Im ernst Liv? Du bekommst eine Liebeserklärung von diesem Halbgott und reagierst nicht darauf?"

Chiaras darauf folgendes „Ich habe es dir doch gleich gesagt" bracht mich zum Augenverdrehen.

„Ja keine Ahnung, mich macht diese ganze Weltstar-Sache einfach voll unsicher. Ich weiß nicht, ob ich das kann. Das schreit doch schon danach, dass es schief geht", rechtfertigte ich mich.

Chiara blickte mich streng an und erwiderte: „Wenn man es nicht versucht, weiß man doch gar nicht was passiert. Außerdem bereut man doch eher die Dinge die man nicht gemacht hat, als die, die vielleicht mal schief gegangen sind."

„In was für einem Werbekalender hast du denn diesen Spruch gelesen?", meinte ich nur sarkastisch, obwohl ich wusste, dass sie wirklich Recht hatte.

Von Lina kam nur ein zustimmendes Nicken, was höchstwahrscheinlich dem Argument von Chiara gerichtet war. Allerdings schien sie so mit Googlen beschäftigt zu sein, dass sie nicht wirklich an der Diskussion über meine Feigheit teilnahm.

„Naja alles zu seiner Zeit", versuchte ich die Diskussion zu beenden „Morgen Abend gehe ich ihn erstmal zu Hause besuchen und dann sehe ich weiter."

„Er hat dich zu sich nach Hause eingeladen?", Chiara hob interessiert eine Augenbraue an, während Liv mit großen Augen die Frage „Weißt du wie groß sein Vermögen ist?" in den Raum warf.

Entgeistert blickte ich Liv an: „Nein, ich weiß es nicht und ich will es auch gar nicht wissen. Und jetzt hör auf solche komischen Sachen zu googlen."

„Pfff", antwortete sie nur, während sie überdramatisch wie immer ihr Handy wegpackte.

Um auf die Frage von Chiara zurückzukommen meinte ich: „Ja er hat gemeint, dass er mir beweisen will, dass er wirklich nur ein normaler Typ ist..."

„Ja ist klar...", kommentierte Lina die Begründung mit einem leichten Seitenhieb auf das gerade von ihr in Erfahrung gebrachte Vermögen.

„Und was ist der eigentliche Plan?", wurde ich nun gefragt, doch ich konnte nur ratlos mit den Schultern zucken.

„Keine Ahnung, ich denke wir bestellen etwas zu essen und quatschen einfach ein bisschen?"

Meine Antwort schien Chiara zu amüsieren, denn sie meinte: „Ihr habt gestern Abend auf einer Feuertreppe filmreif miteinander rum gemacht und jetzt denkst du, ihr bestellt was zu Essen und quatscht ein bisschen?"
Dann ergänzte sie, an Lina gerichtet: „Liv ist heute schon wieder so lustig."

Und auch Lina schien sich einzuklinken, denn sie schaute mich an: „Wirklich Liv, wie naiv bist du denn. Naja egal, hauptsache du ziehst schöne Unterwäsche an."

„Das ist nicht so ein Treffen wie ihr denkt..." protestierte ich entsetzt, doch bekam als Antwort nur ein einstimmiges „Ja, genau..."

Und Lina ergänzte noch mit dramatischer Stimme, als würde sie die Hauptrolle in einem Theater spielen:„Das sagen sie alle und kommen dann schwanger aus dem Wald."

„Ihr seid so gestört. Wenn man euch als Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr", schüttelte ich nur fassungslos den Kopf.
Würden meine Freundinnen jetzt neben mir sitzen und mich nichts über den Bildschirm anschauen, wäre das spätestens der Moment gewesen, in dem ich der jetzt schallend lachenden Lina etwas gegen den Kopf geworfen hätte.

moments (Louis Tomlinson ff) Där berättelser lever. Upptäck nu