Chapter Twenty-Nine

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Dalia Sanderson

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Märchenwelt

Meine Finger gleiten über die Brüstung, sanft, spielerisch und doch so vorbereitet, dass ich mich daran halten kann, wenn ich glaube der Schwindel würde über mich einbrechen und mich erblinden lassen. Würde mir die Sicht auf den opulenten Raum nehmen, auf die flackernden Kerzen, auf die gerötete Atmosphäre, während die Berge von dem Haus angestrahlt werden und selbst in der tiefen Dunkelheit wie sanfte Musik klingen.

"Es ist beeindrucken, nicht?" Veronicas anrüchige Worte hängen in meinem Ohr fest, als sie neben Jules und mich tritt und nun ebenso ihren Blick durch den Raum gleiten lässt. Über die Männer und Frauen. Über die Musik – ausgelassen und freundlich. Es hat nichts bedrohliches an sich. Es ist keine Düsternis die sich hier ausbreitet, es ist ein Ausschalten. Eine Distanz von Pflichten, Rollen und Verantwortungen.

"Ist es." Flüstere ich mühsam zurück und umfasse die Brüstung fester, als ich in der hinteren Ecke die Karten- und Pokertische erkenne. Die Summen, die Frauen, welche sich so sinnlich bewegen, dass es mich an mein eigenes Tanzen mit Mori erinnert. So ausgelassen, so frei, als würde niemand zuschauen. "Tiefer wirst du niemals in sein Herz dringen, als das was er hier offenbart." Raunt Jules mir leise zu, während ihr Mundwinkel nach oben zuckt, als ihr Blick auf Veronica trifft. Es ist als gäbe es hier keine Regeln, keine Gesetzte, keinen Hass. Es schwebt zwischen Chaos und Ordnung. Zwischen nehmen und geben.

Es ist als würde meine eigene auferlegte Regel nicht mehr existent sein, als meine Augen auf die seine treffen. Als der Schauder über meinen Körper rennt, sobald ich daran denke wie er mich das letzte Mal berührt hat. Und wie unzufrieden er mich zurückgelassen hat, weil ich ... den falschen Namen sagte. Die Röte kriecht meinen Körper hinauf und lässt mich doch nicht von seinem Blau wegschauen, die von der schwarzen Maske umrundet sind. Nicht als ich merke, wie sich seine Pupillen Schärfen, wie seine Augen jeden Millimeter von mir beobachten. Nicht wie er doch nur mein Gesicht beobachtet, als sei ich ein Geist. Nicht echt.

"Er wird dich später zu sich holen. Wir sollten erst was trinken gehen." Jules umfasst meine Hand, um mich mit sich nach unten zu ziehen. Unsere Kleider ziehen sich hinter uns her und erst nun mit einem Blick auf all die anderen Frauen wird mir ... unsere Stellung bewusst. Sie tragen andere Kleider. Geschlossenere. Sie sind wunderschön, aber Jules und Veronica wirken geradezu göttlich in ihren hauchdünnen Gewändern. Keiner der Männer wagt es einen tieferen Blick zu riskieren, keiner wagt es aus ihren Gesichtern fortzuschauen. Es ist faszinierend. Es lässt das Blut lauter durch meine Adern pulsieren und mich erst von dem Geschehen wegschauen, als Veronica mir ein Glas in die Hand drückt.

Ich ignoriere Jules lauernden Blick, kann mir demnach aber sicher sein, dass der Inhalt des Glases mit Alkohol gefüllt ist. Etwas das ich jetzt gerade mehr brauche, als ich jemals zuvor nur daran gedacht habe. Das Brennen gleitet meinen Hals entlang, lässt mich wärmen und meine Muskeln lockern.

"Nicht so hastig, Mädchen. Das Zeug ist stärker als deine bisherigen Schlafmittel." Augenrollend folge ich der Bewegung von Veronica, als sie das Glas herunterdrückt und damit von meinen Lippen löst. Sie beugt sich ein Stück zu mir runter und zeigt mir bei ihrem strahlend, spöttischen Lächeln ihre weißen Zähne. "Es hat etwas betäubendes an sich. Mit nur einem Glas bist du dabei all deine Hemmungen zu verlieren – schau nur wie es bereits beginnt." Ihr Zeigefinger legt sich an mein Kinn und lässt mich durch die Menge schauen. Die Frauen die getanzt haben, wirken wie Sirenen mit ihren Bewegungen, die immer mehr Männer anzieht und die sie doch immer wieder abstoßen. Wie ein Spiel, welches die Frauen bestimmen und in welchem die Männer folgen. In welchem die Männer verführen, sie berühren und es doch nichts ist als das leise Wispern der Erotik.

"Ich möchte tanzen." Hauche ich wie gebannt. Es ist Veronica, die fast schon auf meine Worte gewartet hat und mein Getränk aus meinen Fingern zieht, es Jules in die Finger drückt und mich zu der Fläche zieht. Zu all den anderen und mitten drinnen. Unsere Körper berühren sich nicht, aber sie bewegen sich so rhythmisch, so sinnlich, dass ich mich in meinem eigenen Tanz verliere. Dass ich mich in mich selbst verliere. Spüre wie der Alkohol oder die Betäubung jeden Winkel meines Körpers einnimmt und mich an nichts mehr denken lässt – und es fühlt sich so gut an nicht mehr zu denken. Es fühlt sich so gut an, alle Verspannung, alle Wochen und Monate für einen Moment derartig leicht loszulassen, dass ich alles um mich herum vergesse. Dass ich nur noch die Hitze der Kerzen, die Kühle des Windes der meinen verschwitzten Körper umsteigt wahrnehme. Den Schmuck an meinem Körper, die Stoffe um meine Füße, die große Hand auf meinem Bauch.

Meine Augen blinzeln, lassen mich versuchen gegen meine Lethargie anzukommen, ehe ich meinen Kopf über meine Schulter drehe und erst der Brust, dann seinem Gesicht entgegen zuschauen. Er trägt keine Maske mehr, dafür aber einen so dunklen Blick, dass er direkt in meine Blutbahn schießt.

Mein Atem gleitet keuchend aus mir, als seine Hand nach oben wandert. Den Stoff an meiner Haut reibt, bis seine Finger meinen Hals umspielen, meinen Kiefer und mich meinen Kopf heben lässt. Mich ihn anschauen lässt. In dieses Blau. In dieses Blau, dass Mal nur für mich gestrahlt hat und es in diesem Moment wieder tut. "Wer hat dich befreit, Liebes?" Sein Atem stößt gegen mein Ohr, ehe er meinen Kopf weiter nach hinten biegt und seine Lippen meinen Hals erkunden. Gänsehaut erklimmt meinen Körper, Schauder und Blitze nehmen von mir Begriff und hinterlassen nichts außer dem bereits bekannten Verlangen. "Mein Wunsch dich zu sehen." Hauche ich zurück und schlage meine Augen auf, als er seine Lippen von meinem Hals zieht. Als er mich so wild und verlangend anschaut, dass ich es bis in meinem Unterleib zucken spüre.

"Was für ein großer Wunsch, dass gewesen sein muss." Seine Hand packt mich grob an meiner Hüfte und zieht mich zu sich herum, sodass meine Finger eher aus Schock auf seinen Oberarmen landen. Es erinnert mich so sehr an unseren ersten Kuss in dieser Gasse. Es erinnert mich so sehr an Lionel, dass ich das Brennen meiner Tränen spüre, als er mit seinen Fingern durch mein Haar gleitet. Als sein Blick weich auf mir liegt. "Ich kenne dich." Flüstere ich krächzend. Er stoppt seine Bewegung nicht. Nicht einmal seine Mimik verändert sich, während er meinen Kopf in seiner Hand hält. "Ich weiß und doch liegst du so falsch." Seine Worte kommen gedämpft bei mir an. So gedämpft und doch laut genug, um meinen Kopf zu schütteln.

Um meine Hand auf seine Brust zu legen, seine Augen zu mir zucken zu lassen.

"Zeige sie mir." Bitte ich leise, wodurch sein Mundwinkel nach oben zuckt. "Du würdest dich mir hingeben, nur um enttäuscht zu werden?" Ich keuche auf, als er seine Hand über meinen nackten Rücken gleiten lässt, als er sie auf meinen Po legt und mich derartig hart an sich zieht, dass ich sein Bein zwischen den meinen spüren kann. Dass ich das Pochen meiner Mitte spüre. Dass ich die aufkommende Lust kaum mehr weiter verbergen kann, bevor ich seine andere Hand von meinem Gesicht ziehe und sie auf mein Herz lege.

"Ich würde dir alles geben und alles aufgeben, Samuel, nur um dir zu zeigen, dass ich Recht in allem habe."

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Das nächste Kapitel folgt um 23 Uhr

Was glaubt ihr? Wie steht ihr zu Samuel und Lia?

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