Chapter Twenty-Eight

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Dalia Sanderson

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Vorbereitungen

Samuel kam nicht noch einmal vorbei, dafür aber die Träume die mich jede Nacht befallen, als würden sie mich verspotten wollen. Als würde ich mich selbst verspotten wollen. Sie sind unnachgiebig und lassen mich jeden Morgen ein Stück sicherer in meinem Vorhaben mit Samuel werden und mich gleichermaßen den Verstand verlieren.

Ich ekel mich selber an, dass ich überhaupt soweit denke. Dass ich überhaupt daran denke mich auf Samuel einzulassen, nur um an Lionel heranzukommen, zumal ... was wird es ändern? Lionel und ich haben nie miteinander geschlafen und selbst wenn, dann würde ihn das sicherlich auch nicht an mich erinnern. Es würde absolut nichts ändern und doch ist es hier irgendwie mein einziges Ziel. Ein Ziel, welches danach in einer kompletten Leere enden wird.

Was ist, wenn ich mit ihm geschlafen habe, keine Ahnung über das Tattoo oder die Leere an seiner Brust habe und mich meiner Aufgabe entlasse? Aufgebe. Meine Zähne beißen sich zusammen, als ich einen Blick durch den Spiegel werfe und auf Veronicas Augen treffe. Ich habe keine Ahnung was sie hier macht, aber es gefällt mir nicht. Sie wirkt heimtückisch genug, um mich von hinten zu erstechen, nur damit sie Samuel für sich hat.

Diesen Part von ihm darf sie auch gerne haben, aber der andere gehört mir. Das tat er schon immer.

"Es ist unglaublich, dass er dich heute raus lässt." Mein Blick streift den von Jules, allerdings schüttelt sie so warnend ihren Kopf, dass ich meinen Mund halte. Dass ich Veronica nicht darin korrigiere, dass er mich hier rauslässt, sondern das Jules mir das Band persönlich durchschneidet, damit ihr hier raus kann. "Wirklich unglaublich." Murmle ich demnach und lasse ihre Braue heben, ehe sie langsam aufsteht und neben mich tritt. Anders wie beim letzten Mal trägt sie kein blaues Kleid, sondern ein so dunkelrotes, dass sie darin aussieht wie die Göttin aus der Hölle persönlich. Die Stoffe ziehen sich über ihre Brust und ihren Rücken, während der Rock so lang hinter ihr schleift, dass ich glaube sie wäre eine Braut. Jules hingegen trägt die gleiche Farbe wie im letzten Monat nur in einem anderen Schnitt. Ihr Oberkörper wird von einem engen Korsett umschlossen, während ein dünner Stoffstreifen über ihre Schulter gleitet und in dem tiefen Rückenausschnitt wieder Anklang findet.

Jules zieht geduldig den Eyeliner Strich an meinem rechten Auge, welcher dem anderen so sehr gleicht, dass ich sie darum beneide.Ich habe Mori schon immer um das Talent des Schminkens beneidet, aber letztendlich habe ich es auch nie wirklich versucht, selbst zu erlernen.

"Wie fühlt es sich an zu wissen heute Nacht gefickt zu werden?" Jules löst sich von mir, als Veronica neben mir auftaucht und meine großen Locken über meine Schulter streift. Ich starre ihr ausdruckslos entgegen. "Wie fühlt es sich an, ab heute Nacht ersetzt zu werden?" Ihre Augen ziehen sich kühl zusammen, während sich eine kleine Ader an ihrem Hals auftut.

"Hört auf mit dem Kindergarten. Veronica hast du das Kleid mitgebracht?" Die Blondine stellt sich aufrecht hin und rollt lediglich genervt mit ihren Augen, bevor sie durch mein Zimmer streift. "Habe ich. Es liegt auf dem Bett." Ich kann sehen wie sich Jules anstrengt Veronica nicht selbst anzuschnauzen, als sie aus dem Bad geht und mit dem Kleid wiederkommt. "Weiß? Ist das nicht ein bisschen zu Klischeehaft?" Frage ich mürrisch nach, wodurch Jules es mir schmunzelnd entgegenhält. "Du bist kleiner als wir, Dalia und das ist ungefähr das Einzige Kleid, in dem du nicht nur stolpern wirst." Ich seufze leise auf und stoße die Tür mit meinem Fuß zu, ehe ich Jules dabei beobachte wie sie das Kleid von dem Bügel zieht. Da ich lediglich einen Slip trage, bin ich mehr als erleichtert, dass sie mir keinen zu direkten Blick zuwirft, als ich den Bademantel abstreife und in den kühlen Stoff steige. Zwei dichte Stoffbahnen gleiten über meine Brüste und über meinen Rücken, während sich an meiner Hüfte der Rock sanft weitet. "Es hat einen Beinausschnitt, also kannst du den Stoff auch in deine Hand nehme, um nicht zu stolpern." Denn trotzdessen, dass dies schon das kürzeste Kleid ist, so gleitet es dennoch bis unter meine Fußspitzen – und Schuhe werden nicht getragen.

"Nimm die." Überrascht schaue ich von Jules auf die silberne Maske. "Ihr tragt auch keine." Sage ich leise, wodurch sie schmunzelt. "Die Masken bedeuten, dass du ... reserviert bist. Manche akzeptieren das, andere werden versuchen dich dennoch zu reizen. Bleib einfach in meiner oder Jaspers Nähe, dann kümmern wir uns darum." Ich nicke leicht und versuche meine Atmung ruhig zu behalten, wodurch sie mich sanft anlächelt, bevor sie mir den Schmuck übergibt. Es sind verschiedene silberne Armreifen, Ohrringe und Ringe, bevor sie mir die Maske aufsetzt und unter meinen Haaren zusammenbindet. Sie gibt mir wenigstens ein wenig das Gefühl, anonym zu sein.

Mich von mir selbst zu lösen und mein Vorhaben durchzuziehen.

"Dalia du kannst jederzeit einen Rückzieher machen – du kannst ihn jetzt noch machen. Wenn du dir also nicht sicher bist, dann–"

"Ich habe 22 Jahre gewartet, damit ist jetzt Schluss." Sage ich entschlossen, wodurch sie sich zu einem Nicken ringt und das Messer von der Ablage nimmt. "Dann schneiden wir dich mal aus deinem Gefängnis los." Schmunzelnd hebe ich meinen Fuß an und lasse sie das Band durchschneiden, ehe sie über die geschundene Stelle reibt.

"Wieso wirkt es, als sei bereits eine verheilte Stelle von dem selben Band hier?" Langsam verstecke ich meinen Fuß wieder unter dem Stoff, ehe ich den Schmuck an meinen Armen entlang fahre. "Weil es so ist. Ich trug es schon einmal." Ihr Blick gleitet neugierig, gar auffordernd über mich, wodurch ich seufzend mit meinen Schultern zucke. "Bevor ich hier war, war ich ... in irgendsoeinem Raum in Quebec. Es wirkte als würde jeden Tag Tageslicht hereinkommen, dabei war es lediglich irgendein billiges Licht. Und davor war ich in einem Keller."

"In einem Keller?" Ich nicke langsam und lasse mich wieder auf dem Stuhl nieder. "Ich wurde Krank – ich glaube Samuel hat mich nur in diese Räume gesteckt, weil er selbst keine Ahnung hatte, was er von mir wollte. Stimmt es das heute Nacht Neujahr ist?" Sie lächelt beruhigend auf meine Annahme hin, wodurch ich seufzend nicke. Zwar möchte ich jeden Gedanken an meinen Vater verdrängen, aber ... ich wüsste nicht einmal welcher Schmerz mehr wäre. Der Gedanke, dass er erleichtert ist, dass ich nicht mehr da bin oder der Gedanke, dass es ihn umbringt. Es ist egoistisch von mir, aber der Gedanke dass mein Verlust ebenso eine Erleichterung ist, schmerzt so sehr, dass es lieber uns beide umbringen sollte. Selbstekel steigt in mir auf, wodurch ich meine Augen zupresse und meinen Atem ausstoße, bevor ich aufstehe und Jules anschaue.

"Wir sollten los, richtig?"

"Richtig."

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Shattered SoulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt