Harry Potter und das süße Gift der Hoffnung

Kapitel 59

In gehobener Stimmung kehrte Amber von einem Treffen mit dem Minister für internationale magische Zusammenarbeit zurück. Es hatte diskret in einem Cafe in Brockenhurst, mitten im New Forest National Park, stattgefunden, fernab von sensationslüsternen Journalisten. Die Unterhaltung mit Albert Pennington hatte ihre Vermutung bestätigt. Er war unzufrieden darüber, welche Richtung die Regierung als Ganzes einschlug und wünschte sich nichts lieber, als Zaubereiministerin Richards ihres Postens enthoben zu sehen.

Auch wenn er seine Ansicht nur äußerst subtil zum Ausdruck gebracht hatte, war seinen Gedanken dennoch das ganze Ausmaß seiner völlig anderen politischen Agenda zu entnehmen gewesen. Pennington war schlau genug, sich jedes Mal einnehmend zu geben, er war durch und durch Politiker und wusste, wann Zurückhaltung geboten war. Er würde abwarten, bis sich die Zeiten wandelten und Amber wusste, dass sie auf ihn zählen konnte, wenn es soweit war.

Was nicht bedeutete, dass sie ihm in irgendeiner Weise etwas enthüllt hatte – für ihn war sie nur eine aufstrebende, interessierte Politikerin gewesen, die mit ihrer blonden Kurzhaarfrisur nicht die geringste Ähnlichkeit mit der Freundin von Harry Potter aufwies.

Zufrieden warf sie den Kopf zurück und ließ ihre inzwischen längst wieder dunkelbraunen Haare über die Schultern gleiten. Dann bestieg sie ihren Besen, schoss in den dunklen Nachthimmel hinein und flog in Richtung Thetford Forest, nicht weit entfernt von dem Ort, an dem sie einst als Amanda Lestrange geboren worden war.

Mit der verstärkten Fokussierung auf ihr Ziel und der Möglichkeit, ihren Emotionen ein Ventil zu verschaffen, waren die Flashbacks mittlerweile verschwunden und es war dieses Gefühl der Unverwundbarkeit, das Amber schon jetzt im Stillen triumphieren ließ. Durch winzige, unauffällige Verbesserungsvorschläge, mit denen sie erst Harry und durch ihn dann das Ministerium überzeugte, war es Amber längst gelungen, das Handeln der Regierung dezent zu beeinflussen. Kleine Stellschrauben, die erst allmählich ihre Wirkungen entfalten würden, wenn die maßgeblichen Entscheidungen umgesetzt waren. Sie hatte die erste Änderungsvorlage inzwischen fast vollständig ausgearbeitet und die aktuellen Ängste und Unsicherheiten der Muggel waren der perfekte Hintergrund, vor dem sich ihre Idee umsetzen ließ.

Amber spürte den Wind durch ihre Haare wehen und genoss den Flug über die dunkle Landschaft. Die Wolkendecke vom Tage hatte sich verzogen und erlaubte ihr jetzt den Blick auf die Ortschaften unter ihr, die durch ihre glitzernden Lichter von weitem auszumachen waren. Sie lächelte höhnisch. Die Muggel dort unten hatte keine Ahnung, was ihnen blühte. Das konservative magische Britannien war einfach perfekt für ihren Plan und wenn es eines gab, für das sie ihrer Mutter dankbar sein durfte, dann war es dies: die Anregung, in ihr Heimatland zurückzukehren und sich mit Harry Potter zu befassen.

Obwohl Harry nichts mehr mit dem schwermütigen Zauber gemein hatte, der er zu Beginn ihres Kennenlernens gewesen war, war er dennoch völlig ahnungslos. Er sah hoffnungsvoll in die Zukunft und vertraute ihr komplett, so dass es abgesehen von den beiden Vergessenszaubern bislang nicht notwendig geworden war, sein Denken zu beeinflussen. Amber war fest entschlossen, kein weiteres Mal Misstrauen aufkommen zu lassen und hatte sich längst von Harry überzeugen lassen, dass Muggel es wert waren, von der magischen Gesellschaft als gleichwertig betrachtet zu werden.

Sie war es gewesen, die Harry wieder zu demjenigen gemacht hatte, der er einst gewesen war, und das Potenzial, das er im Kampf gegen ihren Vater so erfolgreich entfaltet hatte, war nicht zu verkennen. Es sprach aus seinen ganzen Worten und Handeln und es war nicht ohne Risiko, so lange abgewartet zu haben. Doch diese Stärke und Energie waren es, zusammen mit der Bewunderung und dem Respekt, den die Menschen Harry erneut entgegenbrachten, die Amber entschlossen war zu nutzen. Sie würde diese Fähigkeiten in genau die Richtung lenken, die es brauchte, um die Führung des Landes nach ihrem Willen umzuformen.