Kapitel 29

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Hermines Frage hatte die Aura kaum verhohlener Neugierde. Sie hatte die Finger um ihren warmen Becher geschlungen und sah Harry prüfend an, der mit einem verlegenen Lächeln die Zitronenscheibe fixierte, die den dünnen Becherrand zierte.

„Ende Oktober oder so?", murmelte er, hob kurz die Schultern und ließ sie dann wieder fallen. Um sich etwas zu tun zu geben, zupfte er die Zitronenscheibe vom Glas und drückte sie mit den Fingern zusammen, so dass ein wenig Zitronensaft in den Grog tröpfelte.

„Acht Wochen!" Hermine schüttelte gespielt fassungslos den Kopf. „Und du hältst es nicht für nötig, uns davon in Kenntnis zu setzen?"

Sie nahm einen langen Schluck von ihrem Grog, ohne Harry aus den Augen zu lassen. Dieser nahm die Brille von der Nase und hielt sie so, dass er mit einem Zipfel seines Pullovers über die Gläser wischen konnte, während er ein gedehntes „Also...." von sich gab. Aus der nahen Küche drang das Klappern von Geschirr zu ihnen hinüber. Bevor die nachfolgende Stille Hermine veranlasste nachzufragen, fuhr Harry knapp fort:

„Es war jetzt nicht geplant oder so..." Er setzte seine Brille wieder auf und sah Hilfe suchend zu Ron hinüber.

„Das nehme ich mal an." Hermine unterdrückte ein Schmunzeln. Unterdessen rollte Ron mit den Augen.

„Frauen!", sagte er. "Immer wollen sie alles genau wissen."

In stillem Einvernehmen lächelten Harry und er sich zu und stießen mit den gläsernen Bechern aneinander. Hermine schüttelte erneut den Kopf und kommentierte belustigt:

„Ihr seid mir ja zwei... Ich sehe schon, ich muss wohl meine journalistische Spürnase zum Einsatz bringen, um Details zu erfahren."

Sie wechselte dennoch das Thema: „Wie sieht es dieses Jahr aus? Kommt ihr mit ins White Horse?"

Harry konnte sich nur an eine einzige gemeinsame Neujahrsparty erinnern, damals, ein halbes Jahr nach dem Sieg über Voldemort, die sehr feuchtfröhlich geendet hatte. Das darauffolgende Jahr hatte er es bereits vorgezogen, auf den Besuch von Partys zu verzichten, um seinen Freunden nicht die Stimmung zu verderben. Dieses Jahr hätte er es sich tatsächlich vorstellen können hinzugehen, umso mehr, als zum ersten Mal die Weihnachtseinladung der Weasleys ausgeblieben war.

Harry nahm es Molly Weasley nicht übel; ihm war klar, dass Ginny unter den gegenwärtigen Umständen keinen Wert darauf legte, ihm irgendwo zu begegnen. Er konnte es ihr nicht verdenken, bedauerte allerdings, dass er keine Möglichkeit hatte, mit Ginny ein klärendes Gespräch zu führen. Natürlich war ihm der Schock in ihrem Gesicht nicht entgangen, als sie ihn und Amber beim Quidditchspiel gesehen hatte. Es war beileibe nicht Ginnys Schuld gewesen, dass ihre Beziehung keinen Bestand gehabt hatte.

Das Schicksal hatte nun eben anders entschieden und Amber in sein Leben treten lassen. Und eines war Harry klar – ihre Gesellschaft wollte er nicht mehr missen, und das lag nur zum Teil an der Tatsache, dass Ambers Anwesenheit die Schatten auf seiner Seele zu vertreiben verstand. Hinsichtlich der Neujahrsparty hatte Amber jedoch sofort abgewinkt. Sie mied solche Veranstaltungen, sofern es möglich war, da sie dort ständig unzählige Stimmungen auffing, gegen die sie sich mit ihrer Sensibilität nur schwer abschotten konnte.

„Unwahrscheinlich", murmelte er daher und bemühte sich, die Enttäuschung von seinem Ton fernzuhalten.

Ron und Hermine tauschten einen stummen Blick miteinander und Hermine schüttelte fast unmerklich den Kopf. Harry war ihre Reaktion jedoch nicht entgangen.

„Was?!", fauchte er, wütender, als es der Situation angemessen erschien, weil er den Eindruck hatte, seine beiden Freunde behandelten ihn wie jemanden, den man schützen musste. Oder, noch schlimmer, wie jemanden, dem man nicht mehr alles anvertrauen konnte!

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now