Kapitel 7

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Angesichts des noch warmen, spätsommerlichen Wetters hatte sich Hermine dazu entschieden, das Abendessen draußen einzunehmen. Leise vor sich hin summend ließ sie das Geschirr auf den Tisch segeln, wo es sich in geordneter Formation verteilte und machte sich dann auf den Weg in die Küche ihrer kleinen Behausung, die sie seit einigen Monaten mit Ron teilte.

Viel Platz hatten sie nicht in dem windschiefen Häuschen, das sich wie zur Unterstützung an seine Nachbarn lehnte. Außer Küche und Bad nannte es lediglich einen größeren Wohnschlafbereich und einen kleinen Raum unter dem Dach sein eigen. Aber es hatte etwas, das es für Hermine sogleich aus einer Reihe von Objekten, die sie sich damals angeschaut hatte, heraushob: eine von hölzernen Palisaden eingefasste Terrasse, um die sich Efeu rankte, der im Herbst eine zauberhafte rote Färbung annahm. Daran schloss sich eine Wiese an, die direkt hinunter zu einem Bachlauf führte.

Es lag am Rande eines kleinen Ortes so ländlich wie es nur möglich war, ohne dass man das Gefühl bekam, allein auf der Welt zu sein, wie es sich manchmal im von weiten Feldern umgebenen Fuchsbau von Rons Eltern einstellte. Die Nachbarn waren ältere, freundliche aber reservierte Hexen und Zauberer, die Ron und Hermine trotz ihrer relativen Berühmtheit in Ruhe ließen.

Kritisch blickte Hermine auf das auf dem Herd köchelnde Essen hinab, das sie mit Ach und Krach zustande gebracht hatte, und verwünschte nicht zum ersten Mal die Tatsache, dass sich Mahlzeiten nicht herbei zaubern ließen. Leider war Ron noch weniger geneigt als sie selbst, sich um ihr leibliches Wohl zu kümmern, so dass das Kochen trotz aller Diskussionen meist an ihr hängen blieb. Zumal sie meist vor ihm zu Hause war. Wo steckte er jetzt nur?

Die Erinnerung an die Uhr im Fuchsbau, die die aktuellen Aufenthaltsorte aller Familienmitglieder anzeigte, drängte sich ungefragt in Hermines Gedanken, und entlockte ihr ein leises Schmunzeln. Nur eine Sekunde später dachte sie mit leiser Wehmut an die Armbanduhr aus weichemroten Leder, die sie als Kind getragen und geliebt hatte.

Unwillkürlich durchfuhr sie ein Schmerz, als ihre Gedanken weiter zu ihren Eltern glitten, die jegliche Erinnerungen daran, dass sie eine Tochter hatten, verloren hatten. Stopp, stopp, hör auf, daran zu denken, schalt sie sich und rührte hektisch in der Soße herum, um sich etwas zu tun zu geben, ohne dass es jedoch ihren Gedanken Einhalt gebot. Ob es ihnen in Australien gut ging?

Das Knirschen eines Schlüssels im Schloss verhinderte weiteres Versinken in eine Traurigkeit, die niemandem etwas brachte, ihren Eltern nicht und am wenigsten ihr selbst, und nur Sekunden später schob sich Rons roter Haarschopf durch den Türrahmen, so dass er direkt in der Küche stand.

„Hallo Schatz."

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und noch vom Wind zerzausten Haaren, dessen Strähnen ihm wirr ins Gesicht hingen, gab er Hermine einen kurzen Kuss und ließ dann seinen Rucksack achtlos auf den Boden gleiten. Hermine seufzte lautlos und beschloss seine Nachlässigkeit zum wiederholten Mal zu ignorieren.

„Ich dachte, wir essen heute noch einmal draußen", schlug sie so entschlossen vor, dass an Widerspruch gar nicht zu denken war. Unbewusst schob sie sich eine verschwitzte Haarsträhne hinters Ohr, und langte nach einer der Schüsseln, um sie auf die Terrasse zu tragen, nachdem sie Ron mit unverhüllter Aufforderung zugenickt hatte.

„Warum trägst du die?", rief Ron ihr hinterher und betrachtete dabei zufrieden ihre ansprechende Kehrseite, die sich ihm bot, bevor er mit einem Zauberspruch dafür sorgte, dass sich die restlichen Schüsseln erhoben und ihren Weg nach draußen antraten.

„Warum trägst du die?", wiederholte er verwundert, als er die Terrasse betrat. „Bist du eine Hexe oder nicht?"

„Ach Ron..." Hermine sah ihn mit einem zauberhaften Lächeln an, das ihr etwas sehr Mädchenhaftes verlieh, „Manchmal ist es auch ganz gut, einmal Dinge selbst zu tun."

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now