Kapitel 30

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Der Anflug eines Lächelns erschien auf Harrys Gesicht, während er sich mit dieser Idee vertraut machte. Entschlossen verkündete er schließlich:

„Sag ihr, ich wäre prinzipiell nicht abgeneigt."

„Yes!", stieß Ron begeistert hervor und klatschte in die offene Hand. Hermines Reaktion war jedoch deutlich verhaltener. Sie lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, verkniff sich jedoch offenbar, das zu sagen, was ihr durch den Kopf ging. Harry hatte dennoch das Bedürfnis sich zu verteidigen.

„Es wird Zeit, dass ich endlich mal was mache. Und wenn das Angebot dann passt, ist es doch perfekt", betonte Harry nachdrücklich. Er warf ihr einen entschlossenen Blick zu, der die Warnung ausdrückte, nicht mit ihm zu diskutieren. Vermutlich hatte sie nicht vergessen, dass er mal gesagt hatte, er hätte nun so viel an Politik gehabt, dass es für sein ganzes Leben reichen würde.

„Mhm", murmelte Hermine dann auch nur unverbindlich und drückte damit weniger Zustimmung als mehr den Wunsch aus, Harry nicht zu demotivieren.

„Dem ist nichts hinzuzufügen", betonte Ron und fügte unaufgefordert und zu niemandes Überraschung hinzu:

„Ich finde es gut! Werde ihr gleich morgen Bescheid sagen. Nun guck nicht so skeptisch", wandte er sich schließlich seiner Freundin zu, bevor alles Weitere, das er hatte sagen wollen, in der Unruhe unterging, die am Nachbartisch entstanden war. Die gesamte Gruppe machte sich zum Gehen bereit. Stühle wurden gerückt und es entstand ein freundschaftliches Gerangel um Mützen und Handschuhe, bis kurze Zeit später nur noch das Gemurmel von Gästen zu hören war, die ein Stück weit entfernt saßen.

Die Unterbrechung ermöglichte Harry einen willkommenen Themenwechsel, um Hermines kritischem Blick zu entgehen. Er erkundigte sich bei Ron nach den Planungen für die zukünftigen Quidditchspiele, was Hermine, die deren Einzelheiten bereits kannte, dazu veranlasste, die Toilette aufzusuchen. Zur Freude der beiden Männer waren die Chudley Cannons in der Tat an die Spitze der Tabelle aufgestiegen und enthusiastisch diskutierten Harry und Ron nun detailreich deren Chancen, auch die kommenden Spiele zu gewinnen.

Sie waren so in ihre Fachsimpelei vertieft, dass sie aufschreckten, als jemand von draußen gegen das Fenster klopfte, wo zuvor gerade noch die anderen Gäste gesessen hatten. Es war Hermine, die sie mit gebieterischer Handbewegung heranwinkte. Ron und Harry wechselten daher die Tische, nicht ohne einander noch einen fragenden Blick zugeworfen zu haben, und öffneten unauffällig das Fenster einen Spalt breit.

„Hier, Ron, sie wollte zu dir und hat draußen ungeduldig vor einem der anderen Fenster auf und ab gewippt", erklärte Hermine und deutete mit dem Kinn auf eine kleine graue Eule, die auf ihrem Arm ruhte und Ron so intensiv betrachtete, als müsste sie sichergehen, dass es sich bei ihm um den gesuchten Zauberer handelte.

„Das ist doch Nevilles Eule", erkannte Ron verwundert und nahm ihr den Brief ab, den sie ihm entgegenstreckte.

„Wenn Neville nicht nur an dich, sondern an uns beide adressiert hätte, hätte ich dich nicht an dieses Fenster holen müssen", seufzte Hermine, mittlerweile in der Kälte fröstelnd. Sie lugte in den Gastraum hinein, um zu prüfen, ob sie unbeobachtet waren.

Indessen hatte Harry seinen Arm durch die kleine Öffnung des Fensters gesteckt und strich dem Vogel mit leiser Wehmut über das glatte Gefieder. Seit dem Tod von Hedwig, der schneeweißen Eule, die ihn jahrelang durchs Leben begleitet hatte, hatte er auf den Neuerwerb einer Eule verzichtet. Aber praktisch war es schon, so einen Boten zu haben...Vielleicht sollte er seine Ablehnung doch noch einmal überdenken...

Die Eule sah interessiert zu Ron hinein, der sie mit einer Handbewegung fortzuschicken trachtete. Doch obwohl Harry seine Hand zurückzog, machte der Vogel keine Anstalten fortzufliegen.

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now