Kapitel 32

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Ob sein Plan funktionieren würde, wusste Draco nicht. Aber es gab nicht viele andere Möglichkeiten. Genau genommen gar keine, denn mit einer einfachen Bitte hatte er es ja bereits probiert und den Teufel würde er tun, sich noch einmal in die Rolle eines Bittstellers zu begeben.

Das Gute an dem neuen Schachzug war, dass er ihm Zeit verschaffte und zwar in beiden Angelegenheiten. Natürlich hatte er seine Mutter nur so weit eingeweiht, wie es nötig war, um ihre Missbilligung über seine augenscheinlich fehlenden Aktivitäten zu vermeiden. So viel Zutrauen bewies sie immerhin in seine intellektuellen Fähigkeiten, dass sie ihm jetzt kritiklos die weitere Zeit gewährt hatte, die er brauchte, um über Hermine endlich etwas von den Auroren zu erfahren.

Vermutlich versprach sich seine Mutter von dem Wissen, wer Bellas Mörder war, ein Druckmittel, mithilfe dessen sie seinen Vater freizubekommen gedachte. Draco selbst hatte da nur geringe Hoffnungen und erwartete sich mehr davon, seinen neuen Zauberspruch für eine Gegenleistung an das Ministerium verkaufen zu können. Er war seit Weihnachten ein ordentliches Stück vorangekommen und seine Stimmung, die sich nach dem Besuch bei Longbottom auf einem Tiefpunkt befunden hatte, hatte sich längst wieder gebessert.

Ausgestattet mit der Portion an Selbstbewusstsein, die ihn bereits früher ausgezeichnet hatte, lehnte er an dem Stamm einer Eiche und hatte den Eingang der journalistischen Fakultät im Blick. Längst war der überraschende Schnee der letzten beiden Wochen verschwunden und hatte einem unschönen nasskalten Wetter Platz gemacht, so dass der Campus im Moment einsam und verlassen dalag. Es war nicht die angenehmste Witterung, um auf jemanden zu warten, aber es schien die aussichtsreichste Möglichkeit zu sein, denn in der Bibliothek war er bereits zweimal vergeblich gewesen.

Gelangweilt spielte Draco mit der wärmenden roten Kugel, einem in Glas eingeschlossenem kleinen Feuer, und ließ sie von der einen in die andere Hand gleiten und schließlich über seine Schultern rollen, um sich etwas zu tun zu geben. Entschlossen verdrängte er jeden Gedanken an den Traum, der ihn vor einiger Zeit heimgesucht hatte, und der sich zum Glück nicht wiederholt hatte. Oder leider...

Draco fluchte unterdrückt über die Gedanken, die ungefragt sein Gehirn fluteten, obwohl er sein Möglichstes tat, sie auszublenden. Zwar konnte er nicht leugnen, dass sowohl Hermines Äußeres als auch ihr Selbstbewusstsein und ihre Intelligenz ihn auf einmal ungemein ansprachen. Dennoch war es schlichtweg undenkbar, ihr gegenüber irgendwelche positiven Gefühle zu empfinden. Bei Merlin, ihre Eltern waren reine Muggel und gehörten somit der Gruppe von Menschen an, die Lord Voldemort und seine Eltern stets verachtet und zu beherrschen geplant hatten!

Mittlerweile hatte sich die Eingangstür der Fakultät geöffnet und Hexen und Zauberer strömten hinaus, die Blicke voller Erleichterung darüber, dass die Vorlesung beendet war. Hermine war eine der letzten, die nach draußen trat. Vermutlich hatte sie noch mit dem Dozenten eine Diskussion geführt, fuhr es Draco durch den Kopf und unbeabsichtigt zog ein Schmunzeln über sein Gesicht. Er beobachtete, wie sie den Gurt ihrer Tasche präzise über die Schulter legte und dann Anstalten machte, auf das Hauptgebäude zuzusteuern.

Entschlossen stieß er sich vom Baumstamm ab und ging Hermine entgegen. Nur Sekunden später hatte sie ihn wahrgenommen und sofort verfinsterte sich ihr Gesicht. Für einen kurzen Moment dachte Draco, sie würde sich umdrehen und ihm ausweichen. Aber natürlich war sie nicht so feige. Stattdessen war sie stehengeblieben und starrte ihn unverkennbar zornig an. Es brauchte keinen Hellseher, um zu erkennen, dass Longbottom seinen Besuch bei ihm nicht für sich behalten hatte.

Draco ging daher in die Offensive.

„Bevor du etwas sagst, Granger – ich habe etwas Wichtigeres mitzuteilen."

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now