Kapitel 38

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Harry überflog noch einmal den Artikel im Wochenmagazin Flügelschlag und trotz seiner Unruhe grinste er für einen kurzen Moment in sich hinein. Sie hatte es tatsächlich geschafft! Nach Veröffentlichung des Artikels Tod aus der Nachbarschaft darüber, dass offenbar Magier hinter den Muggelmorden steckten, war es ein Leichtes gewesen, Hermine und dem Herausgeber des Magazins einen Termin bei Zaubereiministerin Richards zu verschaffen.

Unzählige Eulen besorgter Bürger waren seit Erscheinen des Magazins in den frühen Morgenstunden im Ministerium eingetroffen und die umherschwirrenden Memos kündeten davon, dass der Artikel Gesprächsthema Nummer eins im Ministerium war. Auch wenn einige Angestellte längst vermutet hatten, dass die Mordserie auf dunkle Magie zurückzuführen war, so hatten doch bislang schlüssige Indizien gefehlt. Der Tagesprophet hatte das Thema sofort aufgegriffen und in seiner heutigen aktualisierten Ausgabe die Erinnerung an dunkle Zeiten wachwerden lassen. Seine reißerische Schlagzeile trug nicht dazu bei, die Stimmung in der magischen Welt zu beruhigen: Unzählige tote Muggel – droht ein neuer Krieg?

Aber es gab auch andere Stimmen, meist von Eulen, die ihre Briefe hastig auf den Boden segeln ließen, bevor sie in Windeseile davonflogen. Leute, die sich erfreut darüber zeigten, dass die nichtsnutzigen Muggel endlich eliminiert wurden, wie es einer geschrieben hatte, und die das Ministerium davor warnten, sich hier einzumischen. Dessen ungeachtet hatte Richards nach hitziger interner Debatte nun eine Untersuchung der Morde durch die Auroren angeordnet.

Gerade mal drei Wochen war es her, dass Hermine Ron und Harry von ihren Absichten berichtet hatte, Beweise für die Spekulationen zu finden, die in der Zaubererwelt kursierten. Ein spannendes Unterfangen, an dem Ron und er sich gern beteiligt hätten – einerseits. Denn was konnte besser sein als gemeinsam wie vor drei Jahren wieder gegen Unheil zu kämpfen?

Um der Wahrheit Genüge zu tun, musste Harry andererseits zugeben, dass er sich noch immer ein wenig schwer damit tat, an das Leben anzuknüpfen, das er als Jugendlicher geführt hatte. Sein Zögern, sich in unbekannte Situationen zu begeben, wäre bei den Ermittlungen kaum hilfreich gewesen.

Harry seufzte und schlug das Magazin zu. Was war es doch damals noch leicht gewesen, als er einfach ohne nachzudenken gehandelt hatte, voller Adrenalin, das ihn vorantrieb und jegliche Vorbehalte ignorieren ließ. Wie sehr wünschte er sich diese Leichtigkeit zurück!

Stattdessen hatte er sich in den letzten drei Jahren mit Ängsten konfrontiert gesehen, von denen er früher nicht einmal gewusst hatte, dass er sie besaß. Zusammen mit den schwer totzukriegenden Schuldgefühlen war es eine tödliche Mischung gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass er sich von allem zurückzog, was ihm einmal wichtig gewesen war. Und es weiter getan hätte, wenn Amber nicht in sein Leben getreten wäre.

Harry lächelte leicht und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Er konnte sich wahrhaftig glücklich über den Zufall schätzen, der sie nach England und an die Londoner Hochschule gebracht hatte. Wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass er im Zaubereiministerium arbeiten würde? Richtlinien und Strategien zur Modernisierung der magischen Gesellschaft zu erarbeiten entsprach zwar nicht seinen Träumen, war aber im Moment zufriedenstellend genug. Und es gab interessante Themen aus dem Ressort Zusammenarbeit mit der nicht-magischen Bevölkerung, das dem Bereich von Zaubereiministerin Richards angegliedert war.

Dies führte Harrys Gedanken zurück zu Hermines Artikel. Auch Ron hätte sich gern an den Nachforschungen beteiligt, wäre jedoch als Ermittler in der Muggelwelt nicht in Frage gekommen. Zu auffällig war sein Verhalten in Interaktionen mit den Muggeln, das von erstaunten Kommentaren über deren übliche technische Geräte bis hin zur Belustigung über den unbequemen nicht-magischen Alltag reichte. 

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now