Prolog

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Dämmerung stahl sich durch das Fenster und das restliche Tageslicht wurde durch die schmutzigen und zerkratzten Scheiben noch getrübter als es ohnehin schon war. Schatten machten sich in der kleinen Stube breit, die zwar jeden persönlichen Geschmack vermissen ließ, aber durch Bett, Truhe, Tisch und Stuhl mit einem Minimum dessen aufwartete, was man brauchte, um sich hier ein Weilchen aufhalten zu können. Von draußen ertönte der Ruf einer Eule, so laut, dass man annehmen könnte, sie befände sich direkt im Raum.

„Kerida!", war die herrische Aufforderung aus der Ecke, in der das Bett stand, zu vernehmen. „Mach das Fenster auf und lass sie rein!"

Durch die Tür, die die Stube von der Küche trennte, wuselte eine Hauselfe herbei. Das Stück Stoff, das ihren Körper gerade so bedeckte, trug den Bemühungen, eine Mahlzeit nach den Wünschen der Hausherrin zu bereiten, Rechnung. Sie warf durch das Fenster einen Blick nach draußen, während ein Zittern ihre schmale, kleine Gestalt durchlief.

„Worauf wartest du? Willst du, dass ich dir mit Hieben die Langsamkeit austreibe?!", zeterte die Stimme weiter und gehorsam kletterte die Hauselfin auf einen Stuhl und öffnete einen Fensterflügel. Eine große, schwarze und ungemein zerzauste Eule hüpfte auf den Fenstersims, breitete dann die Flügel aus und flog geradewegs auf das Bett zu, wo sie sich auf der Bettdecke niederließ.

Die Hauselfe schloss das Fenster mit einem lauten Knall, was ihr einen vorwurfsvollen Blick einbrachte, und stellte sich dann mit gesenkten Augen stocksteif neben den Stuhl, voller Unsicherheit darüber, was als Nächstes von ihr erwartet werden würde.

Die Eule ließ erneut ein dumpfes Tuten ertönen und streckte dann ihr Bein aus, um sich die daran gebundene Nachricht entnehmen zu lassen. Mit einem fast schon intelligent zu nennenden Blick neigte sie den Kopf und wartete auf ihre Bezahlung.

„Kerida, einen Knut!"

Die Hauselfe huschte davon und kam eine Sekunde später mit dem gewünschten Taler zurück, ihn hastig an der beängstigend wirkenden Eule vorbei schiebend, bevor sie sich rasch wieder ein paar Schritte zurückzog. Auf einen Wink der Hausherrin öffnete sie erneut das Fenster und mit einem kräftigen Flattern ihrer Flügel segelte die Eule hinaus.

„Steh da nicht rum! Mach das Essen weiter! Wie soll ich sonst zu Kräften kommen?"

Diesen Befehl ließ sich Kerida nicht zweimal sagen, im Nu hatte sie die Stube, die in den vergangenen Minuten noch dunkler geworden war, verlassen. Der Frau im Bett war das jedoch egal, sie zog sich trotz des plötzlichen Schmerzes in der Brust in eine sitzende Position, während sich ihre wirren Locken auf ihren Schultern verteilten, und entfaltete das Papier. Mit einer leichten Bewegung ihres Handgelenkes und einem gemurmelten Lumos begann ihr Zauberstab, das gewünschte Licht zu spenden.

Liebste Bella,

das wird die letzte Nachricht sein, die ich dir schicken kann. Soeben haben sie Lucius aufgespürt und ihn nach Azkaban gebracht. Ich fürchte, dieses Mal dürfte es schwieriger sein, die entsprechenden Stellen um Einflussnahme zu bitten, sie stehen offenbar nun selbst im Fokus des Ministeriums.

Auch Draco haben sie abgeholt und ins Ministerium gebracht, wo er verhört werden soll. Du kannst dir meine Gefühle vorstellen. Auch wenn er volljährig ist, ist er doch immer noch ein Kind! Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie ihn auch nach Azkaban bringen.

Ich gehe davon aus, dass wir von jetzt an genauestens überwacht werden. Daher würde jeder Kontakt zu dir dich gefährden, denn wie du dir sicherlich denken kannst, stehst du ganz oben auf der Fahndungsliste. Eine Tote, die verschwindet, hat das Misstrauen des Ministeriums geweckt, trotz aller unserer Bemühungen um Unauffälligkeit. Dank Molly Weasley, die es nicht lassen konnte zu berichten, dass sie dich mit dem Todesfluch getötet zu haben glaubte.

Du hast nun all das Geld, das ich kurzfristig auftreiben konnte ( an dein Verlies kamen wir wie erwartet nicht mehr heran) und mit Kerida steht dir eine erfahrene Hauselfe zur Seite, was dir für die nächsten Monate helfen sollte. Komm schnell wieder zu Kräften, meine besten Wünsche und Gedanken begleiten dich. Ich hoffe auf ein Wiedersehen in nicht allzu langer Zeit! Deine Cissy.

Bellatrix ließ die Botschaft mit einem Blecken ihrer Zähne fallen. Obwohl der Inhalt nicht unerwartet war, war er nur der letzte Funke, der ihre Wut, die immer dicht unter der Oberfläche brodelte, zum Vorschein brachte. Mit einem bösartigen Zischen spielte sie mit dem Gedanken, Kerida herzubeordern, um sie zu quälen und zu demütigen. Doch auch das würde ihren Schmerz und ihren Zorn nicht lindern.

Nach Molly Weasleys Fluch, der sie beinahe das Leben gekostet und sie stundenlang all ihrer Sinne beraubte, hatte sie nichts vom weiteren Verlauf des Kampfes in Hogwarts mitbekommen. Erst nachdem der mit dem dunklen Lord sympathisierende Chefarzt des St. Mungo-Hospitals die größten Schäden in ihrem Körper behoben hatte, (und seine Treue dann mit dem Tod bezahlt hatte), war Bellatrix zu den Lebenden zurückgekehrt und hatte sich von Narcissa in das längst vergessene und daher heruntergekommene Ferienhaus ihrer Eltern bringen lassen.

Auch wenn hiermit Erinnerungen verbunden waren, Erinnerungen, die sie sofort im Ansatz verdrängte, empfand Bellatrix die Hütte in ihrer Einfachheit als ihrer unwürdig. Doch sie begriff, dass ihr dieses Mal keine andere Wahl blieb, um Azkaban zu entgegen. Den Fehler, durch Morde und sadistische Methoden Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, würde sie kein zweites Mal machen.

Narcissas Bericht vom Tod des dunklen Lords durch die Hand von Harry Potter hatte sie weder in Trauer gestürzt noch in Resignation fallen lassen. Im Gegenteil, Hass loderte durch ihre Adern wie ein Elixier, das sie am Leben hielt. Zwar war ihr Körper noch immer der Vergänglichkeit näher als dem Leben, aber ihr Geist und ihr Wille waren wach und rege wie eh und je. Harry Potter würde für seine Tat büßen, und wenn es das Letzte war, was sie in ihrem Leben tat!

Mit einem entschlossenen Blick starrte sie auf die Flammen im Kamin und ließ sie mit einem Zauberspruch empor wachsen, so dass sich unverzüglich Hitze in der Stube ausbreitete und die mittlerweile völlige Dunkelheit im Raum einem rotgoldenen flackernden Licht wich. Harry Potter hatte ihr den genommen, nach dem sie ihr Leben ausgerichtet hatte, dem sie ewig zu dienen geschworen hatte. Er hatte ihr den Meister genommen, den sie angebetet und geradezu sklavisch verehrt hatte und für den sie schon seit Jahren mehr empfunden hatte, als selbst ihre Schwester ahnte.

Die Holzscheite im Kamin knackten, als die gierigen Flammen nach ihnen griffen und das Feuer loderte hell auf. Bellatrix beobachtete es mit einem dämonischen Grinsen und stellte sich befriedigt vor, wie sie Harry Potter dazu bringen würde, unter ihren Qualen um Gnade zu betteln.

Dennoch machte sie sich keine Illusionen über die Fähigkeiten des jungen Mannes, der zum Mörder ihres Herrn geworden war. Nur einem wahrhaft talentierten Zauberer hätte das gelingen können. Obwohl der Dunkle Lord durch die Zerstörung der Horkruxe – dessen Bedeutung er ihr und auch niemand anderem je verraten hatte – natürlich über die Maßen geschwächt gewesen war.

Aber es gab jemanden, der die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Dunklen Lords und Bellatrix eigene Leidenschaft in sich vereinen würde. Jemanden, den niemand kannte und von dem nicht einmal der Dunkle Lord etwas geahnt hatte – ihre gemeinsame Tochter!

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Hallo zusammen, schön dass ihr auf meine Fanfiction gestoßen seid. Ich habe mir erlaubt, die Romane von J.K. Rowling um eine Fortsetzung zu ergänzen. Lasst mich gern einmal hören, was ihr von dem Einstieg haltet. LG, Sunflower.

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt