Kapitel 39

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Der Plan hatte einen Fehler, wie Draco jetzt merkte. Er war davon ausgegangen, Hermine jederzeit an der Twinklestone finden zu können. Dass sie jedoch nicht mehr zu ihren Seminaren auftauchen würde, war ihm nicht in den Sinn gekommen. Wiederholt hatte er zum Vorlesungsende in der Nähe des Einganges gewartet und nicht selten dabei Teile seiner eigenen Vorlesungen verpasst. Frustriert saß er in seinem Zimmer, starrte das Tintenfass auf seinem Tisch an und verschränkte dann die Arme vor der Brust.

Wo war sie abgeblieben?

Natürlich gab es Mittel und Wege, dies herauszufinden, doch er würde sich definitiv nicht der Lächerlichkeit preisgeben, entweder Potter zu fragen – dessen Adresse kein Geheimnis war – , Hermines Kommilitonen anzusprechen oder Hermine per Eule zu kontaktieren. Auf die Einmischung von Weasley konnte er gut verzichten. Auch wenn der Druck seiner Mutter, seinem Versprechen endlich Taten folgen zu lassen, beständig größer wurde.

Doch ohne Hermine würde es nicht funktionieren.

Was seinen Verdacht gegen Potter anging, so war Draco immerhin nicht müßig gewesen. Er hatte sich längst eingehender mit diesem beschäftigt als ihm selbst lieb war. Was keine Schwierigkeit darstellte, denn die Presse konnte es nicht lassen, ständig allen Lesern unter die Nase zu reiben, wo Potter gesehen worden war: beim Quidditch, in einer Kneipe, bei der Zaubererbank Gringotts oder in der Winkelgasse. Als wenn das jeden interessieren würde, dachte Draco abfällig und schob die offenstehende Schublade mit einem Ruck zu.

Offenbar hatten die Zeitungen das Gefühl, die jahrelange Ruhe um Potter nun mit Schnipseln von Alltäglichkeiten kompensieren zu müssen – der Hype um seine Person war einfach nicht totzukriegen.

Doch Draco hatte mehr getan, als nur das zu verfolgen, was die Redakteure von sich gaben. Er hatte sich außerdem intensiv mit Seelentrübnis befasst und es schien demnach klar, dass Potter unmöglich der Mörder seine Tante sein konnte. Sofern dieser nicht aus genau diesem Grund solch eine Erkrankung vorgetäuscht hatte.

Zu Dracos Ärger hatten die vielen Zeitungsberichte über Potter außerdem dazu geführt, dass seine Mutter kürzlich mit beredtem Blick auf den Tagespropheten gewiesen hatte, in dem sich ein ganzseitiger Artikel über Potters Einstieg ins Ministerium befand. Draco hatte die Unterhaltung noch genauestens im Kopf:

„Wieso...", hatte sie leise, aber dadurch nicht weniger verächtlich kommentiert, „...muss ich schon wieder ständig den Namen dieses Muggelliebhabers überall lesen? Während der Name meines Sohnes weiterhin durch Abwesenheit glänzt?"

Es war eine rhetorische Frage gewesen und ohne Draco Gelegenheit zu geben, das zu kommentieren, war sie mit missbilligend verzogenen Lippen fortgefahren:

„Dein Vater ist gleich nach dem Abschluss..."

„...Mitglied verschiedener Kommissionen geworden, ich weiß!", hatte Draco gereizt vervollständigt, denn er war der Lobpreisung über das erfolgreiche Netzwerken seines Vaters und die dadurch entstandenen Möglichkeiten der Einflussnahme längst überdrüssig geworden.

Ungewohnt hitzig hatte er entgegnet: „Und er hat daher nicht mehr als einen simplen UTZ-Abschluss vorzuweisen. Der Potter im Übrigen komplett fehlt! Man könnte auch sagen: Schulabbrecher."

Draco hatte sich keine Mühe gegeben, seinen Sarkasmus zu unterdrücken. Er hatte abfällig geschnaubt und dabei völlig die Gründe, die Harry vom Besuch der Schule abgehalten hatten, ignoriert: dass dieser während der Herrschaft Voldemorts der meistgesuchteste Verräter gewesen war und sich daher monatelang hatte verstecken müssen. Ungehalten war Draco fortgefahren:

„Anders als dein Sohn, der mit einem exzellenten Abschluss aufwarten kann und die intellektuellen Fähigkeiten besitzt, eine akademische Laufbahn zu verfolgen!"

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now