Kapitel 3

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Bellatrix Lestrange war keine Hexe, der man Geduld nachsagte. Stattdessenwar sie für ihre impulsiven Reaktionen gefürchtet und legte stets eine Gefühlskälte an den Tag, die einzig der Dunkle Lord zu tauen vermocht hatte. Für ihn hätte Bellatrix ohne zu zögern ihr Leben gegeben.

Ihre Unbeherrschtheit war es gewesen, die sie vor über zehn Jahren nach Azkaban befördert hatte. Dieses Mal jedoch hatten die Umstände sie gelehrt, sich vorerst allein mit der Vorstellung ihrer Rache zu begnügen und mit einer fast diabolisch zu nennenden Freude malte sie sich aus, wie es sein würde, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte.

Im Andenken an ihren Herrn, den Dunklen Lord, der jahrelang die Welt der Hexen und Zauberer mit Schrecken erfüllt hatte und ein Meister der Strategie und des klugen Abwartens gewesen war, hatte sie klaglos die letzten drei Jahre ihres armseligen Lebens ertragen. Ein Leben, das nur aufgewertet wurde von dem aus Hass geborenen, brennenden Verlangen nach Vergeltung, das ihr die Kraft gab, gegen ihr Naturell zu handeln.

Erneut war sie eine der meistgesuchten Personen auf der Fahndungsliste des Ministeriums, denn sie war eine der wenigen Hexen, die Zutritt zum inneren Zirkel Lord Voldemorts gehabt hatte und die mit aller Leidenschaft, derer sie fähig war, den Kampf ihres Gebieters um eine Herrschaft der Reinblütigen unterstützt hatte. Nach dem Tod des Dunklen Lords hatte das Ministerium erneut gnadenlos alle seine Gefolgsleute gejagt und nach Azkaban verbannt, wie unschwer dem Tagespropheten zu entnehmen gewesen war, der eine Zeitlang mit offensichtlicher Befriedigung von täglichen Verurteilungen zu berichten gewusst hatte.

Bellatrix Lestrange allerdings war schlau genug gewesen, ihnen in den vergangenen drei Jahren nicht in die Hände zu fallen. Dabei hatte es all ihrer Raffinesse und Hinterlistigkeit bedurft, um unauffällig an die Informationen zu gelangen, die zur Erreichung ihres Ziels unerlässlich waren. Nun stand sie kurz vor ihrem Ziel und mit einer schon lange nicht mehr verspürten Genugtuung apparierte sie direkt in eine schattige, baumbestandene Ecke hinter einem alten Pavillon im Londoner Hyde Park.

Einige Sekunden gespannter Aufmerksamkeit, während sich ihre Augen an die neue Umgebung gewöhnten, waren genug, um ihr deutlich zu machen, dass niemand anderes als die gewünschte Person auf sie wartete. Mit einer lässigen Drehung ihres Handgelenkes produzierte Bellatrix einen Schutzzauber um sie beide herum, der sie vor fremden Blicken abschirmte.

„Bella!" Auf dem Gesicht ihrer Schwester erschien ein Strahlen, das sofort verschwand, nachdem sie sich zwei Schritte genähert hatte. „Wie siehst du aus?", flüsterte Narcissa entsetzt und schlug impulsiv die Hand vor ihr Gesicht, das wie immer an Perfektion nicht zu übertreffen war. Lediglich ihre ehemals blonden Haare wurden mittlerweile von einem Grauton überlagert, der deutlich machte, dass die vergangenen Jahre nicht spurlos an Narcissa vorüber gegangen waren.

Bellatrix warf ihr einen verärgerten Blick voller Arroganz zu, der Narcissa schließlich doch die Andeutung eines Lächelns entlockte.

„So siehst du schon eher nach der Bella aus, die ich kenne", kommentierte sie und trat mit gemessenen Schritten näher, wobei ihr der lange Seidenrock raschelnd um die Stiefel schwang. Kühl streckte Bellatrix eine Hand aus und Narcissa umfasste sie mit beiden Händen, was das Höchstmaß an Innigkeit war, das sich die Schwestern erlaubten.

Rasch warf Narcissa einen Blick auf den Pavillon und den dahinter liegenden Park.

„Ein anderer Ort als direkt unter Muggeln ist dir nicht eingefallen?", flüsterte sie und rümpfte die Nase.

Bellatrix zog es vor, diesen unnützen Kommentar zu ignorieren und ließ in schneller Folge ihre Augen über das anliegende, dichte Gebüsch wandern, aber ihre geschulten Augen nahmen keine verdächtige Bewegung wahr.

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWhere stories live. Discover now