Kapitel 8

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Energisch füllte sich Hermine nun ebenfalls Essen auf, wobei ihr Blick in sich gekehrt wirkte, als dächte sie bereits darüber nach, was sie formulieren würde. Es entlockte Ron ein Schmunzeln, er wusste, wie sich Hermine in etwas verbeißen konnte, wenn sie einen Entschluss gefasst hatte, und er schloss nicht aus, dass es ihr gelingen würde, tatsächlich einen Artikel darüber zu veröffentlichen.

Mit dem Gefühl, alles Maßgebliche zu diesem Thema ausgetauscht zu haben, setzte er nun aufmerksamkeitsheischend an, das Neueste aus dem Ministerium zu berichten:

„Hört mal, was heute die Runde gemacht hat: angeblich soll in der Abteilung 3.1 C etwas gestohlen worden sein. Das ist der Bereich Adoptionen im Familienministerium", fügte er nach einer kurzen Pause hinzu, nachdem beide Hexen nur einen ratlosen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatten.

„Es weiß zwar keiner, was genau verschwunden ist, aber die Leiterin der Abteilung schwört, dass etwas fehlt", fuhr Ron grinsend fort. „Sie sagt, sie hat das Gefühl, dass jemand in ihrem Heiligtum war."

Vergebens versuchte er seine Heiterkeit angesichts dieser Behauptung, der er absolut keinen Glauben schenkte, zu unterdrücken. „Aber wenn ihr mich fragt – die spinnt ein bisschen. Hat vielleicht zu viel Elfenwein getrunken..."

Mit einem belustigten Lachen verspeiste er das letzte Gemüse von seinem Teller.

„Wieso kommt sie denn darauf? War etwas unordentlich?", wollte Hermine wissen, ohne in das Lachen einzustimmen. Sie hatte inne gehalten und einen gespannten Gesichtsausdruck aufgesetzt, der persönliche Neugier mit professionellem Interesse verband.

„Nein, gar nicht, das ist es ja!", betonte Ron mit Nachdruck und wirbelte mit dem Zeigefinger scherzhaft vor Hermines Gesicht herum. „Hüte dich davor, das zu schreiben, Schatz, das ist absolut intern!"

„Aber irgendeinen Grund für ihr Gefühl muss sie doch genannt haben!", insistierte Ginny, die ebenfalls nicht so schnell bereit war, das Ganze als Unsinn abzutun. Erwartungsvoll beugte sie sich zu ihrem Bruder hinüber, so dass ihr die Haare zu beiden Seiten ihrer Wangen hinab fielen und ihr schmales Gesicht einrahmten wie eine Gardine.

„Das ist ja klar, dass du Gespenster siehst", foppte Ron sie gutmütig. „Gehört ja zu deinem Job." Er schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat einfach gesagt, sie spüre das. Und, glaubt es oder nicht, sie hat irgendwie den Familienminister dazu gebracht, das einmal prüfen zu lassen."

Empört schüttelte er den Kopf, während Ginny fragend die Stirn runzelte.

„Wie soll man denn das prüfen?"

„Ich wette, es gibt Kopien", warf Hermine fachkundig ein und Ron nickte und erläuterte bereitwillig:

„Alle Dokumente im Ministerium sind inzwischen miristiziert, also in einem verzauberten Archiv untergebracht.Es ist nicht so einfach, daran zu kommen, glaube ich. Aber das genaue Verfahren kenne ich nicht."

Ginny stützte das Kinn in die Hand und ließ nicht locker. „Was denkt sie denn, was verschwunden ist?"

Ron breitete die Arme in einer Geste der Ratlosigkeit aus.

„Sie leitet die Abteilung, die die Adoptionen von Waisenkindern strukturiert und archiviert. Keine Ahnung, wer da überhaupt etwas stehlen würde."

„Höchstens das adoptierte Kind, das wissen will, wer seine Eltern gewesen sind", mutmaßte Hermine und sah angelegentlich in Richtung Wiese, auf der die in der Ferne stehenden Bäume bereits begannen, Schatten zu werfen. Die Luft war abgekühlt und gab dem lauen Lüftchen eine Seidigkeit, die sich angenehm auf der Haut anfühlte.

„Wie gesagt", Ron zuckte mit den Schultern, „Es wird reine Einbildung sein. Die ganze Aktion ist eine Verschwendung von Geld und Zeit." Er schnaubte ein wenig unwirsch.

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt