Zeitlos - Ein Sommer auf Hawt...

By buecherkatzeee

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Als Annabelle erfährt, dass sie ihre Sommerferien bei ihrer Großmutter verbringen soll, ist sie nicht gerade... More

Anmerkung der Autorin
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
xxxxxxxx
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Mittwoch, 26. Juni 1940. 3:57:22:10 Uhr
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Donnerstag, 28. Juni 1940. 5:37:16:01 Uhr
Donnerstag, 28. Juni 1940. 6:01:41:22 Uhr
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Epilog
Nachwort
Votingkapitel für den Olympaward

Kapitel 32

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By buecherkatzeee

Ich sah, dass seine Hände zitterten und sein Brustkorb bebte. Gleich würde er explodieren, dachte ich. Kaum, dass ich seine Worte verarbeitet hatte, zog ich ihn in eine feste Umarmung.

Es war egal, was zwischen uns passiert war. Es war egal, wie sehr Elizabeth mich verunsicherte und ängstigte.

Das hier war schrecklich. Der kleine Junge, dessen Großmutter, die ihn aufgezogen hatte, gestürzt war.

Ich fragte ihn nicht, was geschehen war. Ob sie verletzt worden war.

Stattdessen hielt ich ihn einfach nur in meinen Armen fest und ließ ihn still zur Ruhe kommen.

Die Gedanken wirbelten durch meinen Kopf. Elizabeth war mir immer so kräftig vorgekommen, so unverletzbar. Dabei war sie schon über Achtzig. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen mit den schwarzen Haaren, das sich hinter seiner Katze und seinen Eltern versteckte.

Sie lief nicht mehr durch die Gärten und Parks, wie sie es früher vielleicht getan hatte.

Was ihr geblieben war, war das Haus, die Bibliothek, in dem sie ihren Lebensabend verbrachte.

Die eigene Tochter, die sich von ihr abgewandt hatte, warum auch immer. Der mysteriöse Adoptivenkel, der sich nicht nach ihren Wünschen entwickelte.

Und dann noch ihre richtige Enkelin, die sie mit komischen Fragen bombardierte und die sie aus ihrer Kindheit kannte.

Natürlich reagierte sie merkwürdig. Sie war schon eine ältere Frau, es stand ihr zu.

Und natürlich wusste sie, wer unter ihrem Dach lebte.

Es war ihr Zuhause, seit ihrer frühen Kindheit.

Sie kannte jede Ecke, jeden Winkel der Zimmer und Flure. Sie musste von dem Radio wissen, vielleicht auch um seine Bedeutung.

Die Person, der merkwürdige Gast – er hatte mich dorthin geleitet. Vielleicht mit der Hilfe von Elizabeth, wenn sie unter einer Decke steckten.

Sie alle wollten, dass ich in die Vergangenheit reiste.

Ich fragte mich automatisch, wozu.

Damit ich noch mehr unangenehme Situationen mit dem Earl von Hawthorne erlebte? Damit ich mich mit James anfreundete?

Das ergab alles keinen Sinn.

Vielleicht war es ja die Aufgabe, die der Fremde aus meinem Traum genannt hatte, überlegte ich.

Vielleicht war seine Organisation mit Elizabeth und der unbekannten Person verbündet. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass Elizabeth mir etwas Böses wollte – ich war schließlich immer noch ihre Enkelin.

Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Ich war nicht gerade nett zu ihr gewesen. Jetzt war sie verletzt, vermutlich sogar schwer, Max' Gemütszustand nach zu urteilen.

Allmählich löste dieser sich aus meinen Armen und murmelte leise „Danke".

„Was ist passiert?", traute ich mich vorsichtig zu fragen.

Er schaute mir in die Augen.

„Sie ist beim Aufstehen gestolpert und hat sich den Kopf und die Schulter an einer Kommode gestoßen. Maggie hat sie kurz darauf gefunden, sie war ziemlich verwirrt. Nachdem sie mich geweckt hatte, ist sie mit ihr ins Krankenhaus gefahren, vermutlich eine Gehirnerschütterung. Sie hat vor Schmerz geschrien, Belle, und wir haben sie nicht gehört. Wer weiß wie lange sie da gelegen hat..."

Er wirkte am Boden zerstört.

„Vermutlich hat sie sich die Schulter verstaucht oder so, aber das mit dem Kopf..."

Ich ergriff seine Hand und drückte sie leicht.

„Keine Angst. Wir fahren da jetzt hin", legte ich fest. „Ich ziehe mir nur schnell einen Pullover über."

„Ich warte hier", antwortete er zerstreut und setzte sich, benommen aussehend, auf den Zweisitzer vor meiner Zimmertür. Ausdruckslos starrte er auf den Boden.

In einem frischen T-Shirt und einer Jeans trat ich wieder auf den Flur, wo er noch immer genauso saß, wie ich ihn zurückgelassen hatte.

„Lass uns los", sagte er und sprang auf.

„Max?", fragte ich vorsichtig, „Möchtest du dir vielleicht noch etwas Anderes anziehen?"

„Ähm...ja, natürlich." Er wirkte ziemlich von der Rolle.

Mit seinen langen Schritten stürmte er in den Flur hinein. Wie immer hatte ich Mühe ihm zu folgen. Er sprang zielstrebig die Stufen der großen Treppen hinunter, lief an der Tür zum Speisesaal vorbei in einen Bereich des Hauses, den ich noch nie betreten hatte.

Die Gänge schienen noch enger und verwinkelter. Wir mussten uns bald unter meinem Zimmer im oberen Geschoss befinden.

Irgendwann hielt Max vor einer sperrangelweit geöffneten Türe und ging hinein. Ich blickte vorsichtig hindurch und sah einen geräumigen Raum, der so gar nicht aussah wie das restliche Haus.

Es war eindeutig das Zimmer eines Jungen, die spärliche Ausrüstung sprach für sich. Anstelle der vertäfelten Tapeten, die das restliche Haus schmückten, hatten die Mauern die Farbe des Ozeans. Die Farbnuance, die man an einem sonnigen Tag Unterwasser sehen konnte, wenn der Meeresgrund zehn Meter unter einem kaum erkennbar war. Genau dieses Blau hatte die Wand. Eine weiße Bordüre grenzte die Wand von der schmucklosen, hellen Decke ab. Ich fühlte mich sofort wohl.

Ein gemütliches Holzbett mit dunklem Bettbezug stand direkt unter dem mit roten Kissen gepolsterten Erkerfenster. Wie oft Max dort gesessen haben musste, fragte ich mich. Die kargen Wände waren mit Bücherregalen aller Formen und Größen geschmückt, auf denen abgegriffene Taschenbücher in allen Sprachen standen, nicht nur Englisch; nein, auch französisch, spanisch – und sogar deutsch. Staunend schaute ich mich weiter um. Ein dunkler Teppich schützte das helle Parkett, auf dem rechts des Betts ein gläserner Tisch stand. Er beherbergte mehrere hölzerne Schubladen und hielt als Unterlage für einen großen iMac her.

Das Zimmer war gleichzeitig unheimlich persönlich und trotzdem beliebig. Nicht etwas, was ich in diesem skurrilen Anwesen erwartet hatte.

Max erschien aus einem kleinen Raum, der sich mit einer Schiebetür links seines Bettes versteckte. Hatte er etwa einen begehbaren Kleiderschrank?

Neidisch begutachtete ich seinen gemütlichen, grauen Kapuzenpullover und seine dunkle Standard-Hose. So einen Raum könnte ich auch gut gebrauchen, vor allem für meine Schuhe.

„Ok. Jetzt aber wirklich", sagte er mit einem schwachen Lächeln.

Ich lächelte aufmunternd zurück.

Die Fahrt nach Green Hill dauerte etwa eine halbe Stunde mit Max' neuem Auto. Der kühle Morgenwind wehte durch meine Haare.

Es war das erste Mal, dass ich das große Tor von Hawthorne Manor verließ, seit... einer knappen Woche. Heute war Mittwoch, der 24. Juni. Ich war erst letzten Donnerstag angekommen.

Dabei kam es mir wie eine halbe Ewigkeit vor und mein Leben in der Großstadt schien mir unendlich fern, so viel war hier passiert.

Green Hill war eine Kleinstadt, die ihren Namen kaum verdiente.

Einige wenige Häuser standen auf einer kleinen Anhöhe zusammen gedrängt. Merkwürdigerweise gab es hier aber ein Krankenhaus. Wahrscheinlich weil das hier die größte Siedlung im Umkreis war.

Es war ein hässliches, anthrazitgraues Betongebäude, dessen moosgrüne Fensterrahmen schon nach dem Baustil der Siebzigerjahre schrien. Seine zwei schmucklosen Geschosse waren von einem unauffälligen Flachdach bedeckt.

Zu der ebenfalls moosgrünen Eingangstür führte ein schmaler Weg aus roten Pflastersteinen, rechts und links gesäumt von einigen trostlosen Sträuchern, die so wirkten, als hätten sie seit Jahren keine Heckenschere mehr gesehen.

Wir traten ein.

Das erste, was wir sahen, war eine ältere, kaugummikauende Dame, die missmutig hinter dem Empfangstresen saß.

Sonst war es zu dieser eher frühen Uhrzeit still und nur das Tippen der Computertasten, in die sie etwas eingab, war zu hören.

Ihr grau-blonder Dutt wippte bei jeder Kaubewegung ihres Kiefers.

„Ähm, Entschuldigung?", ergriff ich nach einem kurzen Seitenblick zu Max das Wort.

Die Frau schaute auf und ihre grauen Augen musterten mich feindselig.

„Wir sind... sind da, um meine Großmutter, Elizabeth Richardson zu sehen", sagte ich.

„Besuchszeiten sind von elf Uhr bis ein Uhr. Bitte kommen Sie später wieder", wies sie uns ab.

„Aber wir sind Familie", widersprach Max. Es war das erste Mal, dass er etwas gesagt hatte, seitdem wir das Haus verlassen hatten.

„Können Sie sich denn ausweisen?" Die Frau kniff ihre Augen zusammen, unter denen tiefe Schatten lagen.

Oh Mann, so eine Tante hatte gerade noch gefehlt. Max kramte nach seinem Führerschein.

„Ich sehe Ihre verwandtschaftliche Beziehung zu Miss Richardson nicht, Mr George." Gehässig betonte sie die beiden unterschiedlichen Nachnamen.

„Ich ähm...", stotterte er.

Nervös zog ich aus meiner Taschen einen alten Schülerausweis hervor, mindestens einmal mitgewaschen und seit zwei Jahren abgelaufen.

„Da. Richardson, sehen Sie?", sagte ich genervt.

„Okay. Sie dürfen gehen. Er nicht."

„Das ist doch –"

„Schon gut, Belle", fiel mir Max ins Wort. „Ich bin nun einmal kein Richardson." In seiner Stimme klang etwas Bitteres, Verletztes an.

„Welche Zimmernummer ist es denn?"

„12. Erste Etage, hinter der Treppe links."

Sofort machte ich mich auf den Weg, Max wollte mir folgen.

„Sie bleiben hier, junger Mann!", keifte die Frau.

Seufzend wandte er sich um.

„Auch wenn Sie mir nicht glauben, ich bin adoptiert", versuchte er es.

„Da haben Sie Recht. Nach diesem ganzen Theater scheint mir das ziemlich erfunden. Wenn Sie ihre Freundin überall hin begleiten müssen; das Krankenhaus ist eine Ausnahme."

In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Treppenhaus auf dem Flur hinter dem Tresen und eine Person mit weißem Kittel und einem gelben T-Shirt kam heraus.

„Olivia", sagte der Arzt in einer charmanten Stimme, „gibt es ein Problem?"

Die Frau wirkte immer noch aufgebracht, aber auch ein wenig geschmeichelt.

„Ja, dieser Bengel hier will unberechtigterweise zu einer Patientin, nur um seiner Freundin Händchen halten zu können."

Max lief kaum merklich rot an.

„Lassen Sie ihn doch, Olivia. Kommen Sie mit mir, Sie beide!" Er winkte uns auffällig zu sich heran.

Mit triumphierendem Grinsen stolzierte ich, gefolgt von Max, an „Olivia" vorbei und folgte dem Arzt.

„Wo wollten Sie nun hin?"

„Elizabeth Richardson, Zimmer 12."

„Ach, Miss Richardson." Sein Gesicht wurde etwas dunkler. „Ziemliche Platzwunde, die sie hat. Schulter geprellt. Sie muss zur Beobachtung bis morgen früh da bleiben, damit wir weitere Verletzungen ausschließen können. Bei einer Gehirnerschütterung sollte man immer vorsichtig sein, vor allem in ihrem Alter", erzählte er.

Auf Max' Gesicht konnte ich weder Erleichterung noch Angst ablesen.

Nach dem grauen Treppenhaus traten wir auf einen ebenso grauen Flur, der etwas geschäftiger war als in der unteren Etage.

Ich weiß, ist ein etwas anderes Kapitel :) ich komme momentan leider nicht so oft zum Schreiben, vielleicht kommt demnächst auch mal eine Woche nichts :(( sorry
xx

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