Kapitel 9

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„Warte", versuchte ich es, Max hielt inne und schaute zu mir. „Ich würde gerne noch einmal rein springen. Lass uns doch noch ein bisschen bleiben."

Max seufzte. „Du kannst auch vom Steg reingehen."

Mist. Wieso schaffte ich es immer, alles zu verderben? Naja. Das hier war eindeutig auch seine Schuld.

„Gib mir ein Paddel", bat ich ihn. Er gab es mir und wir paddelten das Boot zurück zum Steg.

Angekommen, entschied er sich wie erwartet dagegen, noch einmal schwimmen zu gehen. Ich verabschiedete mich mit einem Kopfsprung ins Wasser und schwamm in kräftigen Zügen fort vom Steg und von Max. Meine Gedanken waren das wirbelnde Wasser und ich ein Teil davon.

Ein tiefer Atemzug, dann tauchte ich ab. Ich sah nur grünliche Sonnenstrahlen Unterwasser, nach unten war es dunkel. Tollkühn vollführte ich eine Rückwärtsrolle und tauchte in die Tiefen des Sees. Lange Luft anzuhalten war für mich noch nie ein Problem gewesen, die Fünfzig-Meter-Bahn schaffte ich locker. Mit geschlossenen Augen genoss ich die Stille, die mich weit weg trug und begann eine Schraube. Bald wusste ich nicht mehr, wo oben und wo unten war, meine kurzen Haare wirbelten in mein Gesicht.

Langsam machte sich ein Druck auf meiner Brust bemerkbar und ich strebte Richtung Licht nach oben.

Sauerstoff. Ich schaute mich um, denn vor mir ragte Schilf in den Himmel. Verwirrt darüber, wie weit ich getaucht war, schwamm ich zurück, als ich eine besorgte Stimme meinen Namen rufen hörte.

„Belle, wo bist du? Alles in Ordnung?", begleitet von platschendem Wasser.

Ich gelangte aus der Einbuchtung im See hervor und erblickte Max, der schwimmend nach mir Ausschau hielt. Er wirkte hektisch.

Ich ließ ihn noch ein bisschen leiden, bis ich mich zu erkennen gab.

„Hier", rief ich.

„Oh, Gott sei Dank. Ich dachte schon, du wärst untergegangen." Die Angst in seinen Augen sprach Bände.

„Nein, ich war nur kurz tauchen."

„Du warst eine halbe Ewigkeit da unten!" Wir schwammen aufeinander zu.

„Du solltest mich mal in Topform sehen."

„Belle, du hast mir einen echten Schrecken eingejagt."

Ich war auf seiner Höhe angekommen und wir schwammen zurück zum Steg.

Die schlechte Stimmung war zum Glück etwas gemildert und wir sonnten uns, bis wir getrocknet waren. Ich fragte mich, wie knallrot Max generell schon rötliche Haut morgen sein würde.

Mein Kleid war mittlerweile auch wieder trocken, zwar nicht sauber, aber trocken.

Ich zog es mir über und schlüpfte in meine - nicht mehr - weißen Schuhe.

„Was war denn mit den beiden letzten Stücken Carrot Cake?", erkundigte ich mich. Ein leichtes Lächeln schlich sich zurück auf Max' Gesicht. Endlich. Ich hasste solche Stimmungen. Keiner von uns beiden wollte an dem Gespräch von vorhin anknöpfen.

Wie auf Befehl kramte er in seiner Tasche und reichte mir ein Stück des wirklich köstlichen Kuchens, den ich jetzt im kniehohen Gras der Lichtung sitzend richtig genießen konnte. Er nahm sich selbst eins und setzte sich neben mich.

„Musik?", fragte er und holte sein Handy mit In-Ear-Kopfhörer heraus.

„Was hast du denn so darauf?"

„Indie-Rock und so."

„Warum nicht?" Das war also jetzt meine Standardantwort geworden.

Er reichte mir einen Kopfhörer und stellte ein entspannendes Lied ein. Eine angenehme Stimme sang eine einfache Melodie auf Klavierakkorden. Max summte neben mir den Text mit. Es war irgendein beliebiger Text darüber, dass Liebeskummer nicht ewig andauert.

Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne ManorWhere stories live. Discover now