Kapitel 10

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Um kurz vor sieben war ich fertig und tapste barfuß ins Erdgeschoss. Merkwürdigerweise fand ich mich einigermaßen zurecht und bog nur zweimal falsch ab. Vermutlich war es auch das Adrenalin in meinem Blut, von dem merkwürdigen Vorfall in meinem Zimmer, das dafür sorgte, dass ich so schnell zur Treppe fand.

War ich eigentlich die einzige, die in dieser Etage schlief?

Im großen Saal saß schon Elizabeth auf ihrem Frühstücksplatz, so als hätte sie sich den ganzen Tag nicht bewegt. Max saß auf seinem Platz rechts von ihr.

„Guten Abend, Belle. Ich hoffe, du hattest einen angenehmen Tag?", äußerte sie sich.

Als Antwort nickte ich. „Der See ist wirklich wunderschön."

Maggie kam kurz darauf mit sehr gut riechendem Braten in den Saal. Max und ich erzählten von unserem Tag.

„Ich würde dir heute Abend gerne meine Bibliothek zeigen. Vielleicht möchtest du dich ja auch noch selber ein bisschen im Haus umgucken", stellte sie in den Raum.

„Ja, das hatte ich für morgen Vormittag geplant, ich bin schon etwas müde", teilte ich ihr mit.

Nach dem Tag war ich nicht bereit, mich auf irgendein Buch einzulassen – oder auf ein stundenlanges durch die Gänge wandern.

„Gute Entscheidung. Dann können wir uns vielleicht heute Abend ins Kaminzimmer setzen? Du musst mir auf jeden Fall von deiner Schule erzählen und was gerade in der großen Stadt los ist." Ihr Lächeln war etwas schmaler geworden.

„Sehr gerne", beeilte ich mich zu sagen. Wobei mich die Vorstellung, einen ganzen Abend mit dieser merkwürdigen Frau zu verbringen, schlucken ließ. Ich rief mich zur Ordnung. Elizabeth hat dir nichts getan. Sie kann nichts dafür, dass du seit deiner Ankunft so paranoid bist.

„Ach so, ich habe fast vergessen zu fragen, war heute jemand in meinem Zimmer?"

Max warf mir einen fragenden Blick zu. Ich schüttelte als Antwort leicht den Kopf. Er musste sich darum nicht kümmern.

„Nein, ich habe heute mein neues Buch auf der Terrasse genossen", erzählte Elizabeth.

„Ich auch nicht. Ich war in der Stadt einkaufen. Wieso fragst du?", erkundigte sich Maggie. Diese Wörter verunsicherten mich. Nein, sie lösten eine kleine Panikattacke in mir aus. Keiner war in meinem Zimmer gewesen. Trotzdem hatte ich die mysteriöse Nachricht und den ausgeräumten Koffer gefunden.

„Belle?", fragte Max hellhörig.

„Ähm, nein schon gut. Ich dachte nur, dass jemand meinen Koffer umgeworfen hat, doch das muss ich wohl selbst gewesen sein." Nah genug an der Wahrheit dran. Max hatte ich damit aber noch nicht beschwichtigt. Mich selbst auch nicht. Sein Blick war neugierig besorgt geworden.

Ich versuchte so gut es ging, meine innere Unruhe zu verbergen. Dass der mich jetzt noch nervte, das fehlte noch.

Das restliche Essen über wich ich Max' Blicken aus und antwortete nur noch sporadisch auf die Fragen, die man mir stellte. Meine Gedanken waren in meinem Zimmer und ich fragte mich, ob schon wieder jemand dort war und was auch immer mit meinen Sachen anstellte.

Urplötzlich schauten mich alle drei fragend an. „Was?", fragte ich verwirrt.

„Ich habe gefragt, ob du noch Nachtisch möchtest. Von der Torte von gestern ist noch etwas übrig", wiederholte Maggie.

„Ich- nein danke, ich bin voll. Das Essen war echt gut!" Ich setzte ein bemühtes Lächeln auf.

„Belle, bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?", erkundigte sich Max mit Nachdruck.

Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne ManorWhere stories live. Discover now