Kapitel 36

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Doch es geschah nichts.

Irritiert linste ich mit einem halben Auge zum Radio. Und das, was ich sah, ließ mich beide Augen weit aufreißen.

Das Radio schien von einem riesigen Energiefeld umgeben und es leuchtete in alle Richtungen.

Ganz leise setzte ein säuselnder Ton ein, der mich schläfrig machte.

Dann noch einer, wie ein Schlaflied formten sie eine harmonische Melodie, immer langsamer...

Mir fielen die Augen zu, und ich spürte, wie ich von Glück erfüllt zu Boden sank.

Meine Gedanken waren so eingelullt, dass ich mich weder wunderte oder überrascht fühlte. Alles war richtig so, das wusste ich innerlich.

Das Letzte, was ich dachte. 17:16:52:28 Uhr. 25. Juni...

Im selben Moment noch, als ich gerade die Augen endgültig geschlossen hatte, fühlte ich nicht, wie der Boden unter meinem Körper weggezogen wurde - wie bei den Malen davor - sondern wie er sich ein wenig änderte. Er wurde deutlich glatter, ein bisschen weicher.

Sofort konnte ich meine Augen öffnen.

Es war dunkel, als plötzlich der Raum von einem hellen Leuchten erfasst wurde, auf das Dunkelheit und ein lautes Donnern folgte. Gewitter.

Während ich mich aufsetzte, versicherte ich mich, allein im Raum zu sein. Merkwürdigerweise fühlte ich weder den bekannten Schwindel noch die Unschärfe meiner Augen.

Vielleicht hatte es doch etwas Positives, das, wozu mich der Mann gezwungen hatte. Vielleicht hatte er Recht gehabt, doch ihm hatte die Zeit gefehlt, mich zu überzeugen.

Gerade, als ich mich dafür schelten wollte, ihn zu rechtfertigen, sprang die Tür auf.

Im Rahmen stand ein verdutztes Mädchen mit blonden Haaren, die vielleicht etwas älter war als ich. Sie riss ihre Augen auf und wirkte sehr bestürzt, fast schon... ängstlich?

„M-Miss, Sie wissen hoffentlich, dass Sie auf Hawthorne Manor nicht erwünscht sind?"

„Wie bitte?" Was hatte dieses zarte Stimmchen gerade gesagt? Ich war nicht erwünscht? Wieso erkannte sie mich überhaupt?

„Ich würde Ihnen raten, zu verschwinden. Wir wollen keine Diebe in diesem Hotel. Wenn ich Sie nie wiedersehe, erzähle ich keinem, Sie gesehen zu haben." Sie blickte mich fast schon mitleidig an.

Wir hatten die Diebin doch gesehen, wir hatten sie verschwinden sehen. Wieso glaubte dieses Mädchen, ich wäre es gewesen?

„Ich möchte mit Arthur Spencer sprechen", verlangte ich.

„Das ist nicht nur außerhalb Ihrer Möglichkeiten, Miss, Mr Spencer ist momentan in einer wichtigen Besprechung zur Sicherheit unseres Staates."

Ich verstand nur noch Bahnhof. Aber das Mädchen schien nicht locker zu lassen.

„Gut, ich verschwinde", log ich, nur um dieses nervige Mädchen loszuwerden. „Sobald es dunkel wird, werde ich mich aus dem Haus schleichen. Sie werden mich nie wieder sehen."

Den Teufel würde ich tun. Ich würde auf Arthur warten und ihn bitten, mir zu helfen.

Das Mädchen wirkte sichtlich zufrieden mit sich selbst.

„Wenn ich Sie morgen früh noch im Haus entdecke, lasse ich Sie nicht so einfach ziehen", stellte sie kalt fest. Ohne weitere Worte schlug sie die Tür zu. Ich konnte ihre verhallenden Schritte hören.

Es ließ mich zurück in einem dunklen Zimmer, erhellt von Blitzen.

Ich ertastete links der Tür einen Lichtschalter, der riesige, summende Glühbirnen auf einem Kronleuchter mitten im Zimmer erleuchtete.

Zeitlos - Ein Sommer auf Hawthorne ManorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt